Ich schalte den Fernseher ein und sehe Kriegsszenarien, fast tägliche Frauenmorde, Babygangs, die sich gegenüberstehen und aufeinander losgehen, Staaten, die sich nicht verständigen können, zerstrittene Politiker, allwissende Talkshows und Kochsendungen - so viele, vielleicht zu viele Kochsendungen. Ich schalte das Radio ein und höre, was die Bilder bereits zum Ausdruck brachten: Grausamkeit, die sich in Unbehagen, Krankheit und Sinnverlust äußert. Ich höre den Widerhall von Ideologien, die zusammengebrochen sind, um gleich darauf wieder aufzustehen und erneut zu fallen. Wir leben in einer Welt, in der reale soziale Risse den zügellosen Individualismus auf Kosten der Gemeinschaft und damit des Gemeinwohls anheizen. In einer Welt, in der Kinder und Jugendliche zunehmend Zukunftsängste entwickeln, in der ältere Menschen alleine gelassen und an den Rand der Gesellschaft geschoben werden.
Es erscheint somit ein Bild, in dem das Schicksal der Menschheit von Finsternis umhüllt wird. Diese scheint über den menschlichen Weg zu schleichen. “Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf” (Jes 9,1), um es mit den Worten des Propheten zum Ausdruck zu bringen.
Plötzlich wird ein Pinselstrich aus Licht, fast unbemerkt, in der Mitte dieses Bildes gezogen. Es ist der Advent des Herrn. Der Herr, der auf uns zukommt und uns die Hand reicht. Der Herr, der uns erleuchtet und uns verwandelt. In seiner Gnade ist er Raum, Zeit und Geschichte geworden. „Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt“ (Joh 1,9). Wir sind aufgerufen, glaubwürdige Zeugen dieses Lichtes zu sein - da, wo wir uns gerade befinden, mit dem, was wir sind. Wir sind berufen, es in unseren Gedanken und Handlungen der Güte, der Gerechtigkeit und des Friedens leuchten zu lassen.
Gott wird Licht für die Welt. Dieses ist Form des Lebens und geglücktes Beziehungsgeschehen. Eine Beziehung, die alles, was bedeutungslos zu sein scheint, aufnimmt und diesem seinen ursprünglichen Sinn - den heiligen Sinn der Dinge - zurückverleiht. Wir sind zu etwas Großem berufen: das Heilige, das in jedem Winkel der Erde zu finden ist, vor allem in uns für unsere Nächsten brennen zu lassen. So brenne die Flamme des Heiligen, die wir in uns tragen in unserem Alltag, in der Familie, in der Schule, in der Pfarrei und in all den Situationen, in denen wir Menschen begegnen, die sich nach diesem Licht besonders sehnen!
Leben wir also im Schatten dieses Lichtes, welches sich uns in Bethlehems Krippe auf einzigartige Weise offenbart hat!
“[…] das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit vom einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit” (Joh 1, 14).
Möge sein Angesicht über Sie/euch und Ihre/eure Lieben leuchten!
Eine besinnliche, gesegnete Advents- und Weihnachtszeit!
Mit den besten Grüßen
Andrea Bailoni