Um dieses Ziel zu erreichen, gilt es nun in den kommenden Wochen und Monaten eine Vielzahl von Vorbereitungsarbeiten zu erledigen, die im Folgenden grob dargestellt werden sollen. Auf einige, vor allem für Sie als Religionslehrperson interessante Informationen, gehen wir etwas näher ein, andere führen wir der Vollständigkeit halber nur an:
a. Ressourcen
Die Einführung des Ethikunterrichtes erfordert zusätzliche Personalressourcen (= Lehrerstellen), die von der Landesregierung zur Verfügung gestellt werden müssen. Eine entsprechende Ressourcenberechnung ist bereits erstellt worden.
b. Organisatorisches
Eine der großen Herausforderungen der geplanten Einführung des Ethikunterrichtes ist sicherlich das Organisatorische, gilt es doch, die unterschiedlichen Realitäten an den einzelnen Schulstellen bzw. Schulen zu berücksichtigen. Schulen mit einem hohen und einem geringen Anteil an verzichtenden Schülerinnen und Schülern brauchen unterschiedliche Lösungen. Daher gilt es, unterschiedliche Organisationsmodelle auszuarbeiten, die von unterschiedlichen Formen des Projektunterrichtes (z.B. Projekttage) bis hin zu einem wöchentlich strukturierten Ethikunterricht reichen werden. Erste Überlegungen hierzu gibt es bereits, die nun auf breiter Basis diskutiert werden sollen.
c. Inhaltliches
Zusätzlich zu den organisatorischen Fragestellungen gilt es auch, die inhaltliche Ausgestaltung dieses Unterrichtes festzulegen. Dies bedeutet, dass entsprechende Rahmenrichtlinien erarbeitet werden müssen. Neben der Erarbeitung der Rahmenrichtlinien für Ethik ist auch angedacht, die Rahmenrichtlinien für Religion zu überarbeiten. Dies würde es ermöglichen, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Religions- und Ethikunterricht sichtbar zu machen, so dass die Kooperation vor Ort leichter erfolgen könnte.
d. Status Fach | Lehrpersonen
Mit der Einführung des Ethikunterrichtes sind auch eine Reihe rechtlicher Fragen zu klären, die v.a. mit der Stellung des Faches in der Schule (z.B. Bewertung, Vertretung im Klassenrat, …) und mit dienstrechtlichen Fragen der Lehrpersonen (z.B. Wettbewerbsklasse, Ranglisten, Stellenvergabe, Besoldung u.v.a.m) verbunden sind.
e. Qualifikation
Ein weiterer Knackpunkt, der gelöst werden muss, betrifft die Qualifikation bzw. Nachqualifikation künftiger Ethiklehrpersonen. Derzeit ist an einen zweijährigen berufsbegleitenden Universitätslehrgang im Ausmaß von 60 ECTS Punkten, das entspricht einem tatsächlichen Arbeitsaufwand von ca. 1500 Stunden, gedacht, um die fachliche Qualifikation sicherzustellen. Auch hier gilt es die Zulassungsbedingungen festzulegen, ein Curriculum zu erarbeiten, allfällige Bildungsguthaben zu definieren und Ausbildungspartner zu finden, um möglichst rasch mit der Ausbildung beginnen zu können. Ziel muss es sein, dass die Lehrpersonen vor dem Start des Ethikunterrichtes bereits einen Teil ihrer Nachqualifikation absolvieren können. Fest steht bereits, dass der Ethikunterricht auch von Religionslehrerinnen und -lehrern, die die Ausbildung absolvieren, gehalten werden kann. Sobald es hierzu etwas Neues gibt, werden wir Sie umgehend informieren.
Der Universitätslehrgang "Angewandte Ethik", der von der Universität Innsbruck und der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen in Kooperation mit der Freien Universität Bozen durchgeführt wird und im Herbst 2022 startet, berechtigt nicht zum Ethikunterricht.
f. Implementation
Zu bedenken gilt es auch die Modalitäten der Umsetzung. Soll der Ethikunterricht von Anfang an flächendeckend in allen Schul- und Jahrgangsstufen ausgerollt werden oder beginnt man bspw. mit den ersten Klassen der Oberstufe (= Ober- und Berufsschulen)? Die Entscheidungen darüber hängen sicherlich auch mit der Verfügbarkeit entsprechender personeller und finanzieller Ressourcen ab.
Die aufgezeigten Herausforderungen machen deutlich, dass es sich hierbei um ein „Megaprojekt“ handelt, das nun schrittweise umgesetzt werden soll/muss.
Erlauben Sie uns abschließend einen Blick auch auf den Religionsunterricht zu werfen.
Die Einführung des Ethikunterrichtes stellt unbestritten auch eine Herausforderung für den Religionsunterricht und die Religionslehrpersonen dar. Auch wenn die Einführung des Ethikunterrichtes zunächst einmal eine Entlastung für den Religionsunterricht bringt, weil er nicht mehr der unfairen Konkurrenz einer Freistunde ausgesetzt ist, so schafft der Ethikunterricht dennoch eine Konkurrenzsituation vor Ort, die es zu gestalten gilt. Der Ethikunterricht fordert uns alle heraus, das Profil des Katholischen Religionsunterrichtes zu schärfen und den „Mehrwert“ des Religionsunterrichtes im Vergleich zum Ethikunterricht herauszustellen.
Wir sind davon überzeugt, dass ein guter Religionsunterricht die Konkurrenz mit dem Ethikunterricht nicht zu scheuen braucht.
Mit herzlichen Grüßen