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Pressemitteilungen 2019

Bischof Muser für mehr Dialog und weniger „digitale“ Konfrontation

Bischof Ivo Muser hat heute (21. September) zum Abschluss der Pastoraltagung 2019 die großen Projekte benannt, die in den kommenden Monaten in der Diözese Bozen-Brixen anstehen: Die Einführung des neuen Firmwegs über die Seelsorgeeinheiten, den Aufbau von Pastoralteams in den Pfarreien und das neue umfassende Weiterbildungsangebot für Ehrenamtliche. Deutlich hat sich Muser heute auch für eine „gute“ Kommunikation ausgesprochen, die mehr auf Dialog und weniger auf Konfrontation in den sozialen Netzwerken setzen müsse.

„Von der Community zur Gemeinschaft“ ist das Thema der Pastoraltagung 2019, die gestern und heute im Brixner Vinzentinum stattfindet. „Dalla community alle comunità“ ist auch die Botschaft, die Papst Franziskus in diesem Jahr für den Welttag der sozialen Kommunikation gewählt hat. Bischof Ivo Muser griff heute in seiner Grundsatzrede das Thema ebenfalls auf und wies auf die grundlegende Bedeutung des Austausches, verstanden als Dialog und Begegnung, hin. „Die Community darf nicht mit Gemeinschaft verwechselt werden“, stellte der Bischof klar. „In einer Gemeinschaft werden Inhalte miteinander geteilt und es wird gemeinsam am Gemeinwohl gearbeitet. Damit auch soziale Medien Gemeinschaft erzeugen können, muss die Kommunikation in den neuen Netzwerken auf Zuhören, Dialog und verantwortungsvollen Umgang mit Sprache beruhen“, ist Bischof Muser überzeugt.

 

Dialog statt Konfrontation

Facebook, Twitter, Youtube oder Instagram, sagte der Bischof weiter, seien als Gesprächsplattformen entwickelt worden, die es ermöglichen, mit Menschen in Kontakt zu bleiben. „Leider verwandeln sie sich heute immer mehr in die einzige Informationsquelle der Nutzer – mit dem Risiko, die Welt auf Slogans zu reduzieren. Statt des Dialogs geht es um Konfrontation – mit drei drastischen Folgen: Diskussionen werden im Keim erstickt, das Vulgäre siegt und Menschen, die sich nicht aufs Schreien verstehen, bleiben außen vor“, sagte der Bischof.

 

In die neuen Medien einzutauchen, vermittele ein Gefühl der Intensität. Worum es aber wirklich gehe, sei die Gemeinschaftserfahrung, unterstrich der Bischof: „Auch wenn wir in der Zeit der „likes“ leben, des „Gefällt mir“ oder des „Gefällt mir nicht“, sind für eine Gemeinschaft das Nachdenken und eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit Themen und Menschen notwendig. Nur sie helfen, neue Beziehungen und damit Gemeinschaft zu schaffen.“

 

Den Bischof überzeugt in diesem Zusammenhang das Jahresthema, das sich der KVW gegeben hat: „Ich baue am Wir“. Es brauche eine größere Verantwortung für das Wir, sagte Bischof Muser. „Das Ich ist in unserer Gesellschaft, auch in unserer Kirche, sehr fett geworden. Weniger Ich und mehr Wir. Weniger Individualismus und mehr Verantwortung für das Gemeinwohl“, unterstrich Bischof Muser.

„Eine gute Kommunikation, ganz gleich auf welcher Ebene, trägt zum Zusammenleben bei und dazu, dass aus einer Community eine Gemeinschaft wird. Ich wünsche mir, dass jeder und jede von uns Entscheidungen und Einstellungen kommuniziert, die mit dem Evangelium im Einklang stehen, und zwar nicht nur auf digitalen Plattformen. Dabei müssen sich die Inhalte unserer Kommunikation stets an drei Grundwerten ausrichten: am Respekt vor dem Menschen, was Hass, Intoleranz und Herabwürdigung ausschließt; am Dialog als ehrliche Suche nach der Wahrheit sowie an der Begegnung als Aufeinander-zu-gehen, das immer ein Geben und Nehmen ist“, sagte der Bischof.

 

Neuer Firmweg als Auftakt der Zusammenarbeit in Seelsorgeeinheiten

Bischof Muser ging dann auf die großen Neuerungen im neuen Arbeitsjahr der Diözese ein. Eine dieser Neuerungen ist die Einführung des neuen Firmweges und zwar auf der Ebene der Seelsorgeeinheiten. Das bedeutet zugleich, dass sich im kommenden Jahr alle geplanten Seelsorgeeinheiten auf den Weg machen. Wo die Seelsorgeeinheiten nach dem neuen Plan noch nicht errichtet sind, wird der neue Firmweg der Beginn der Zusammenarbeit sein. Der Leiter des Seelsorgeamtes, Reinhard Demetz, und der Leiter des Amtes für Schule und Katechese, Markus Felderer, werden noch in diesem Herbst alle zukünftigen Seelsorgeeinheiten besuchen und mit ihnen die nächsten Schritte planen. Bischof Muser sagte, dass die Seelsorgeeinheit ein Raum der Vernetzung und der Solidarität sei, wo Pfarreien einander unterstützen und helfen und gemeinsame Projekte angehen könnten. „Gerade im Hinblick auf den neuen Firmweg wäre es absurd, wenn nun jede Pfarrei für sich arbeiten würde. Wir brauchen hier die Synergien und die gemeinsamen Herangehensweisen“, ist Muser überzeugt.

 

Pastoralteams übernehmen Verantwortung in den Pfarreien

Um die Umsetzung der Synode weiterzubringen ist beschlossen worden, in allen Pfarreien der Diözese schrittweise Pastoralteams einzuführen. Bischof Muser erklärte die Zielsetzung dieser Entscheidung: „Damit schreiben wir die Entwicklung fort, die nach dem Konzil mit der Einführung der Pfarrgemeinderäte begonnen wurde. Wir schärfen den Auftrag der Pfarrgemeinderäte und übertragen innerhalb derselben einer Gruppe von Personen verstärkte Mitverantwortung in der Leitung der Pfarrei. Dass wir dies tun, hat selbstverständlich auch mit dem Priestermangel zu tun. Ich möchte aber davor warnen, den Zweck dieses Weges einseitig in der Entlastung der Priester zu sehen. Was es heute zu gestalten gilt, ist ein Epochenwandel, an dessen Ende kein Stein mehr auf dem anderen stehen wird. Ich ermutige also alle Pfarreien, den Weg der Pastoralteams zu gehen. Es ist eine Chance, den Wandel zu gestalten und aktiv in die Hand zu nehmen. Die Pastoralteams können das Gesicht unserer Diözese verändern und zu einem neuen Aufbruch führen.“

 

Diözesaner Bildungsweg

In Zusammenhang mit der Übertragung von Verantwortung sieht Bischof Muser auch die Bildungsoffensive der Diözese für die Ehrenamtlichen: „Wir wollen, dass in den Pfarreien Menschen in Pastoralteams mehr Verantwortung übernehmen. Wir wollen, dass die Pfarreien sich in den Seelsorgeeinheiten vernetzen. Wir wollen einen neuen Firmweg. Wir möchten eine Vielfalt von Diensten und Charismen wachsen sehen, auf deren Grundlage die Pfarreien sich erneuern können. Das alles geht nicht ohne Bildung. Bildung hilft, dass dieser Prozess nicht reine Organisation wird, sondern verbunden bleibt mit dem wesentlichen Auftrag der Kirche. Mit dem diözesanen Bildungsweg werden in diesem Jahr wichtige neue Akzente in der Bildung gesetzt. Der Diözesane Bildungsweg ist ein modulares Bildungsangebot, das die Ehrenamtlichen in den Pfarreien stärkt und ihnen die passenden Werkzeuge für ihren jeweiligen Dienst zur Hand gibt. Mindestens ein Tag im Jahr sollte der Bildung gehören. Wir wollen, dass die ehrenamtlichen Dienste in den Pfarreien mit Kompetenz und mit Freude erfüllt werden und dass sie für die Ehrenamtlichen eine Gelegenheit sind, als Menschen und als Christen zu wachsen.“

 

Wandel in Kirche und Gesellschaft gestalten: Soziale Angebote ausbauen

Abschließend ging der Bischof auf die immer stärker anwachsende religiöse „Indifferenz“ in unserer Gesellschaft ein. Die weltanschauliche Orientierung, die in Europas Gesellschaften am schnellsten wachse, so der Bischof, sei die religiöse Gleichgültigkeit: „Bei den wenigsten Menschen, die sich von der Kirche ‚verabschieden‘, liegt eine atheistische Überzeugung zugrunde; sie stehen dem Glauben und der Kirche vielmehr gleichgültig gegenüber.“  Auch die Südtiroler Gesellschaft befinde sich in einem tiefgreifenden Wandel – gesellschaftlich und kirchlich. „Die einschneidenden Veränderungen können wir weder aufhalten noch verhindern, weshalb wir uns fragen sollen, wie wir sie gestalten wollen. Will man künftig Menschen für die Kirche und über die Kirche für die Gottes- und Christusfrage interessieren, führt ein entscheidender Weg über soziale Angebote – denn die soziale Seite von Religion und Kirche wird auch von religiös Indifferenten und von kirchenkritischen Menschen immer noch geschätzt“, ist Bischof Muser überzeugt.

 

Die Pastoraltagung 2019 in Bildern