Mit der heutigen Tagung „Mut zum Hinsehen“ setzt unsere Diözese ein klares Zeichen: die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle gehört zu den prioritären kirchlichen und pastoralen Aufgaben. Als Diözese versuchen wir weiterhin diese Aufgabe mit großer Verantwortung wahrzunehmen.
Mir ist bewusst, dass der Weg zu dieser Entscheidung viele Hürden zu überwinden hatte. Jetzt ist die Entscheidung gefallen. Das Projekt steht, die Steuerungsgruppe ist eingesetzt und die Vorbereitungen zur Umsetzung sind voll im Gange. Das alles brauchte Zeit und Kraft. Wer ein Haus bauen will, muss zuerst alle Voraussetzungen prüfen und schaffen.
Ich bedanke mich bei Gottfried Ugolini und beim Fachbeirat, die das Anliegen der Aufarbeitung vorangetrieben haben. Der Steuerungsgruppe wünsche ich den Geist der Weisheit, des Rates und der Stärke, die Anliegen und Ziele des Projektes voranzutreiben.
Es geht um eine kulturelle und strukturelle Mentalitätsveränderung. Gefordert ist und gefördert wird eine bewusste und verinnerlichte christliche Grundhaltung, die gewährleistet, dass die Kirche, unsere Diözese, in allen ihren Bereichen, ein sicherer Ort für Minderjährige und vulnerable Personen ist.
Zwei Anliegen sind mir in diesem Projekt wichtig:
- einmal, dass in alle notwendigen Schritte möglichst alle miteinbezogen werden
- und zweitens, dass unsere sprachlichen und kulturellen Besonderheiten berücksichtigt werden. Das gehört zu unserer Diözese dazu und das ist auch der Auftrag, den unsere Diözese zu erfüllen hat.
Ich bin realistisch genug, und weiß, dass diesem Projekt auch Unsicherheiten, Bedenken und Vorbehalte entgegenbracht werden. Diese sind zusammen mit der Motivation, mutig hinzusehen und aus den begangenen Fehlern zu lernen, ernst zu nehmen und zu berücksichtigen. Der heilige Paulus erinnert uns in diesem Zusammenhang: „Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“ (2 Tim 1,7).
In diesem Sinne lade ich alle ein, das Projekt mitzutragen, mitzugestalten und mitzuverwirklichen und ich erbitte dafür für uns alle Gottes Segen.
Ich stehe voll und ganz hinter diesem Projekt. Warum? Weil wir als Diözese die Missbrauchsfälle aufklären und aufarbeiten wollen, um entschieden und gezielt präventive Maßnahmen in allen Bereichen einzuleiten. Das erfordert eine ehrliche Gewissenserforschung auf persönlicher wie auch auf strukturell - gemeinschaftlicher Ebene.
Ebenso ist die Gesellschaft aufgerufen, sich auf ihre Grundwerte zurückzubesinnen, damit die Grundrechte für alle Menschen, besonders für die Kinder und Jugendlichen, erfahrbar gewährleistet werden. Hier können Kirche und Gesellschaft in einen neuen Dialog eintreten. Gerade diesen Dialog halte ich in diesem Bereich – vor allem für die Betroffenen - so wichtig!
Ich bedanke mich bei den Referierenden, besonders den Betroffenen, der heutigen Fachtagung, die uns mit ihren Erfahrungen, ihrem Wissen und ihren Anregungen bereichern, entsprechend dem Motto: „Mut zum Hinsehen“. Ich wünsche uns allen diesen Mut – einem jeden und einer jeden von uns am eigenen Platz. Es braucht uns alle.