Liebe Religionslehrpersonen, wenn ich euch heute die sogenannte MISSIO erteile, dann sollt ihr wissen: Ihr habt nicht nur eine Mission, ihr seid eine Mission! Papst Franziskus hat dafür in seinem apostolischen Schreiben Evangelii gaudium wunderbare Worte gefunden: „Die Mission im Herzen ist nicht ein Teil meines Lebens oder ein Schmuck, den ich auch wegnehmen kann; sie ist kein Anhang oder ein zusätzlicher Belang des Lebens. Sie ist etwas, das ich nicht aus meinem Sein ausreißen kann, außer ich will mich zerstören. Ich bin eine Mission auf dieser Erde, und ihretwegen bin ich auf dieser Welt. (…) Da zeigt sich, wer aus ganzer Seele Krankenschwester, aus ganzer Seele Lehrer, aus ganzer Seele Politiker ist… Wenn hingegen einer die Pflicht auf der einen Seite und die Privatsphäre auf der anderen Seite voneinander trennt, dann wird alles grau.“ (Evangelii gaudium, Nr. 273).
Mission heißt Sendung. Wenn wir Christen – auch und gerade auch ihr im Religionsunterricht – nicht „auf Sendung“ bleiben und die Entwicklung unserer Gesellschaft lieber „anderen Sendern“ überlassen, verfehlen wir unseren Grundauftrag. Dann sind wir tatsächlich auf Dauer nicht mehr „systemrelevant“, um es mit einer Formulierung zu sagen, die im Horizont der Corona-Debatten in unterschiedlichen Zusammenhängen immer wieder gesagt wurde. Ich bin überzeugt: Der Religionsunterricht ist systemrelevant – als ein Angebot für ein sinnvolles Leben: Im Licht Jesu Christi und seines Evangeliums von einer menschlicheren Welt. Wir haben Kindern und jungen Menschen etwas zu sagen. UND: Wir müssen es tun – sei es gelegen oder ungelegen. Man kann in der Schule nicht mit kühler Distanz von Jesus Christus erzählen, wie man vielleicht Mathematik oder Chemie lehrt. Im Religionsunterricht bringt sich die Lehrerin/der Lehrer selbst ein: die eigene Glaubenserfahrung, die eigene Glaubensgeschichte, die eigenen Fragen und Zweifel. Ich wünsche euch, dass in eurem Tun etwas von dem spürbar wird, was die Apostel Petrus und Johannes einst veranlasst hat, vor dem Hohen Rat in Jerusalem auszurufen: „Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben.“ (Apg 4,20) Es geht darum, das Erlebte weiterzuerzählen.
Mit der MISSIO setze ich euch nicht als Lehrer und Lehrerinnen für neutrale christliche Religionskunde ein, sondern als Zeugen einer Botschaft, die es sich lohnt, den jungen Menschen von heute anzubieten. Zugleich versteht sich unser katholischer Religionsunterricht als Beitrag, den jungen Menschen von heute ein Angebot zu machen, das eindeutige Konturen zeigt: das Evangelium Jesu Christi.
Eure Berufswahl ist mehr als ein bezahlter Job, sie ist Berufung! Denn wer immer mit Kindern und Jugendlichen zu tun hat – erst recht, wenn er sie durch Angebote und Inhalte von wichtigen Lebensperspektiven im Glauben überzeugen will, muss mit begründeter Fachkompetenz auftreten und den Unterricht gleichzeitig mit der eigenen Persönlichkeit unterstreichen.
Für Religionslehrerinnen und -lehrer fallen Leben und Lehre, Berufung und Beruf zusammen. Sie lassen sich nicht trennen. Das ist auch der Grund, warum es nicht ausreicht, einfach ein Hochschulstudium in katholischer Theologie erfolgreich abzuschließen, um dann Religionsunterricht an den verschiedenen Schultypen erteilen zu können. Für den Religionsunterricht braucht es den ausdrücklichen Auftrag der Kirche: So ist die MISSIO Würde, aber auch Bürde! Gerade in so schwierigen, bewegten Zeiten wie der unseren, in denen der Kirche Gegenwind von innen und außen ins Gesicht bläst, brauchen wir Persönlichkeiten, die von kritischer Zeitgenossenschaft ebenso geprägt sind wie von einem loyalen „Sentire cum Ecclesia“. Fühlt mit der Kirche, glaubt mit der Kirche, denkt mit der Kirche - mit der Glaubensgemeinschaft, die euch heute sendet!
Allen, die im Namen der Kirche einen Auftrag ausüben muss das Wort aus dem 1. Petrusbrief als Richtschnur gelten: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt; antwortet aber bescheiden und ehrfürchtig, denn ihr habt ein reines Gewissen.“ (1 Petr 3,15f.)
Wir brauchen uns mit dem Angebot des Evangeliums nicht verstecken, aber wir sollten die Frohe Botschaft auch keinem aufzwingen. Das heißt, nüchtern und zugleich durchdrungen zu sein vom Reichtum der wunderbaren Botschaft Jesu, von der Faszination seiner Persönlichkeit, die uns vom Tod ins Leben, vom Dunkel ans Licht und immer wieder in die Frische eines neuen Anfangs zieht. Denn auch wenn im Schulalltag manchmal Zeiten der Ernüchterung und drohenden Depression auftreten können, lasst euch nicht entmutigen: Greift auf die Unterstützung der Gemeinschaft, der Pfarrgemeinde, der Kirche als ganzer und nicht zuletzt eurer Berufsgemeinschaft zurück und teilt auch eure Schwierigkeiten und Herausforderungen miteinander.
MISSIO – Sendung zu einer besonderen Berufung in die Welt der Schulen, zu Kindern und jungen Menschen ebenso wie zu den Kollegen und Kolleginnen anderer Fächer! Das feiern wir heute. Ich freue mich, euch in dieser Stunde rufen und segnen zu dürfen als Zeugen und Zeuginnen für Jesus Christus.
Ihr werdet zu diesem besonderen Dienst gesendet, heute, am Gedenktag der heiligen Schutzengel.
Vom evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer sind uns die berührenden Zeilen überliefert, die sicher viele von uns gut kennen. Er schreibt sie nicht in einer Stunde des Hochgefühls, sondern in der Silvesternacht 1944, wenige Wochen nach der Urteilsverkündigung und wenige Monate vor seiner Hinrichtung durch das gottlose und menschenverachtende System des Nationalsozialismus: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag“.
Mit dieser Zusage dürft ihr euch heute senden lassen. Und unter dieser Zusage dürft ihr getrost erwarten, was kommen mag: Gott ist mit euch am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.