Sonia Salamon
1. Kurze Auslegung von Joh 4,5-42
Die Perikope des dritten Fastensonntags schildert auf dem ersten Blick eine banale alltägliche Situation. Allerdings werden dabei hochtheologische Inhalte transportiert: Vordergründiges wie Trinken und Essen stehen für Hintergründiges (das Christus-Bekenntnis).
Der erste Abschnitt (V. 4-26) behandelt zunächst den Themenbereich „trinken – dürsten“, wechselt dann in die Privatsphäre der Frau, greift die Frage nach dem wahren Gebet auf und endet mit einertypischen Wendung der johanneischen Christologie: „Ich bin es“. Ungewöhnlich ist dabei, dass ein Mann in der Öffentlichkeit eine Frau anspricht: Die Situation erinnert an das Werben um eine Frau (vgl. Gen 29). Dazu kommt, dass Jesus als Jude eine Samaritanerin anspricht (bedenke den religiösen Konflikt zwischen den Juden und Samaritern). Bereits durch diese Gesprächssituation kann aufgezeigt werden, dass Gott um sein Volk wie ein Bräutigam um seine Braut wirbt, bzw. dass durch Jesus Gott um jeden Menschen wirbt (auch über das Volk Israel hinaus).
Die samaritanische Frau spricht die ungewöhnliche Gesprächssituation an. Jesus lenkt dabei das Gespräch auf die „Gabe Gottes“ und „das lebendige Wasser“. Es scheint, als ob die Frau den tiefen Sinn seiner Antworten nicht verstehe. Dabei sind die Zuhörenden bzw. Lesenden herausgefordert, auf das Hintergründige seiner Antworten zu hören.
In einem weiteren Schritt wird das Gespräch in den persönlichen Kontext gerückt, um dann die Frage nach dem wahren Ort der Verehrung bzw. nach dem wahren Gebet aufzugreifen. Sie gipfelt im johanneischen Christus-Bekenntnis: „Ich bin es“. (V. 26).
Der zweite Abschnitt (V. 27-42) schildert den weiteren Geschehensverlauf als die Jünger zurückkehren. Breit entfaltet wird schließlich die „Ernte“-Thematik, welche sich auf das Ausführen des Willen Gottes bezieht. Jesus ist von Gott gesandt und handelt in dessen Namen, sodass abschließend bekennt wird: Er ist der Retter (V. 42). In den Ausführungen wird auch darauf hingewiesen, dass die Jünger in dieser Sendung eine Mitverantwortung tragen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass diese Perikope sich als „erzählte Theologie [erweist]. Es geht um Fragen existentieller Frömmigkeit, woran ich meine Sehnsucht nach Gerettet-, Erlöst-, Freisein orientiere, woher ich eine authentische Lebenskraft beziehe, woraus ich lebendig werden und bleiben kann, worin ich meine Identität gründe.“ (A. Stimpfle)
2. Zielsatz
Die Gemeinde erkennt, dass Gott ein Gott des Lebens ist. Dies wird anhand des Bildes vom Wasser bzw. Quelle aufgezeigt.
3. Predigtgedanken
Motivation
Die Schneeschmelze bereitet so manchen von uns Sorgen, denn das viele Wasser kann einige Probleme mit sich bringen. Wasser kann Hab und Gut beschädigen und zerstören. Wasser kann auch Leben zerstören. Auf der anderen Seite ist Wasser lebens-notwendig: ohne Wasser kein Leben. Diese Erfahrung machen die Menschen in den Ländern, aus denen die biblischen Schriften stammen. Die Landschaft dort ist zum größten Teil recht karg – bis auf jene Gegenden, wo Wasser ist: Wo Wasser ist, ist Leben. Wo Wasser ist, können Pflanzen und Tiere leben. Wo Wasser ist, können die Menschen leben. Und wo Menschen das Wasser gut nutzen können, können die Menschen auf Dauer leben.
Problemfragen
Im heutigen Evangelium spricht nun Jesus vom „lebendigen Wasser“ und der „sprudelnden Quelle“. Er spricht davon, dass er Wasser gibt, von dem wir nie mehr Durst haben werden. Von welchem Wasser spricht er hier?
Versuch und Irrtum
Konzerne und einflussreiche Menschen würden sich wohl um ein Wasser, von dem wir nie mehr Durst bekommen, reißen. Sie würden entweder überlegen, wie teuer sie dieses Wunderwasser vermarkten könnten oder wie sie vermeiden können, dass ein solches Wasser auf den Markt kommt. Wasser ist ein kostbares Gut und wird daher auch als das „blaue Gold“ bezeichnet.
Die samaritanische Frau denkt zwar nicht wirtschaftlich, aber sie fragt verwundert danach, wie ihr Jesus überhaupt Wasser geben kann, wenn er kein Schöpfgefäß dabei hat.
Lösung
Wir Zuhörende sind nun aufgefordert, genau hinzuhören. Dem Evangelisten geht es nämlich um weit mehr als um die leiblichen Bedürfnisse. Mithilfe dieses Alltagsbildes versucht er uns Zuhörende etwas aufzuzeigen, etwas Hintergründiges verständlich und sichtbar zu machen. Wie das Wasser Leben schenkt und Leben ermöglicht, so schenkt uns Gott in Jesus Christus Leben. Gott ist ein Gott des Lebens. Er schenkt uns Trost, Hoffnung und Zuversicht. Gott stillt unsere existentiellen Bedürfnisse, unsere Bedürfnisse nach dem Angenommen-Sein, dem Halt und die Geborgenheit, der Lebenskraft. In Jesus Christus wurde dies sichtbar: Jesus hat gesehen, wie die Menschen nach Leben dürsten. Er war für viele Menschen dieses Wasser des Lebens und hat ihren Durst nach dem wahren Leben gestillt. Er war das lebendige Wasser in ihrer Hoffnungslosigkeit, im ihren Ausgegrenzt-Sein und in ihrer Sehnsucht nach einer Lebensgrundlage. Diese Menschen haben dabei erfahren und erkannt: Er ist der Retter.
Wer nun die Erfahrung macht, dass er bzw. sie angenommen ist, Halt und Zuversicht erlebt, kann selbst zur Quelle werden: Er bzw. sie kann selbst anderen Trost, Hoffnung und Zuversicht schenken, Halt und Geborgenheit geben. Im Evangelium weist Jesus darauf hin, dass jene, denen er das Wasser des Lebens gibt, in ihm selbst zur sprudelnden Quelle werden.
Lösungsverstärkung
In der Taufe ist das Wasser eine wichtige Zeichenhandlung: Wir werden mit dem Wasser des Lebens getauft: All das, was uns vom Leben trennt, wird von uns abgewaschen. Wir werden eingetaucht in das lebendige Wasser, das Leben schenkt, neues Leben in Jesus Christus schenkt. Uns wird Trost, Hoffnung und Zuversicht zusagt und es wird sichtbar gefeiert, dass wir von Gott angenommen sind. Auch wir können erfahren und erkennen: Jesus Christus ist der Retter der Welt; er schenkt uns ewiges Leben. In der Osternacht feiern wir diese Zuversicht und dieses Geschenk und wir bekennen, dass wir getauft sind. Zur Erinnerung an die Sorge Gottes für uns Menschen, an seine großen Taten und an das Geschenk der Taufe und den damit verbundenen Auftrag werden wir mit dem Wasser des Lebens besprengt.
Bin ich für das Wasser des Lebens offen? Kann es durch mich fließen? Bin ich bereit, für andere eine sprudelnde Quelle zu sein? Oder versiegt das Wasser in mir? Die österliche Bußzeit lädt uns ein, darüber nachzudenken und uns vorzubereiten, um wieder neu bereit für das Geschenk des lebendigen Wassers zu sein.
Predigtimpuls für einen Taufweg durch die Fastenzeit
Kurze Auslegung
Die verhältnismäßig lange Perikope im Johannesevangelium schildert zunächst eine recht alltägliche Situation: Eine Frau geht zur Mittagsstunde Wasser holen, sie trifft einen Mann und sie kommen ins Gespräch. Doch hinter dieser Begebenheit steckt weit mehr als nur ein zufälliges Treffen. Es kommt zu einer Begegnung, die nicht nur das Leben der Frau verändert. Mit seinem Handeln sprengt Jesus die Vorschriften der damaligen Zeit. Er widersetzt sich dem Gebot, dass ein Jude nicht mit einer Samariterin und ein Fremder nicht mit einer Frau in der Öffentlichkeit sprechen dürfen.
Das zunächst überschaubare Handlungsgeschehen birgt einen hochtheologischen Inhalt. So setzt der Evangelist den leiblichen Bedürfnissen wie Durst und Hunger theologische essentielle Sehnsüchte gleich. Vordergründiges wird somit zu Hintergründigem, alltägliche Lebensvollzüge öffnen das Tor zum Göttlichen. Die ganze Erzählung gipfelt im Bekenntnis vieler Samariter: Jesus ist der Retter der Welt!
Zielsatz
Die Gläubigen erkennen, dass alltägliche Lebensvollzüge im Glauben betrachtet einen tieferen Sinn ergeben. Die Begriffe „Quelle“, „Brunnen“ und „lebendiges Wasser“ meinen mehr, als sie zunächst aussagen. Sie sollen das Taufbewusstsein stärken.
Motivation / Problem
Im Alltag ist die Symbolsprache, oft unbewusst, sehr stark präsent. So gibt es die Redewendungen: „Er hat den Kopf verloren!“, „Sie ist Feuer und Flamme!“, „Ich wünsche dir Hals- und Beinbruch!“ oder „Ich habe Lampenfieber“. Diese Redewendungen meinen nicht wörtlich das, was sie sagen. Solche Äußerungen veranschaulichen einen tieferen Sinn und geben dem Wunsch oder der Aussage eine feinsinnige Deutung.
Versuch und Irrtum
Jesus verspricht das „lebendige Wasser“. Mit der stark symbolhaften Sprache werden die Gegebenheiten der damaligen Zeit vor Augen geführt. So trifft die Rede vom sprudelnden lebendigen Wasser in einem kargen Land, wo die Menschen mit Hitze und Wassernot leben mussten, nochmals mehr die damalige Alltagserfahrung. So ist die Rede vom Wasser zunächst im wörtlichen Sinn gemeint. Doch bald wechselt der Verfasser des Textes die Ebene und redet vom Durst im übertragenen Sinn. Dieser Durst ist gekennzeichnet von einer Sehnsucht unseres Seins. Der Mensch wird mit Fragen konfrontiert wie: Wo stille ich meine Sehnsucht? Im Konsum, im Abenteuer? Was stillt meinen Durst langfristig, nachhaltig, so dass ich selber zu einer Quelle für andere werden kann?
Lösungsangebot / Lösungsverstärkung
Jesus offenbart sich als der Geber des Wassers, das Leben schenkt und jeglichen Durst und jede Sehnsucht zu löschen vermag. Er selbst wird zur sprudelnden Quelle, die Trost, Hoffnung und Zuversicht schenkt. Durch das Sakrament der Taufe haben wir Zugang zu diesem Wasser des Lebens – das auch unser Leben verändert. Als Getaufte sind wir selbst aufgerufen, zu einer Quelle für die Mitmenschen zu werden – so, wie es uns Jesus vorgelebt hat. Im Taufbekenntnis bekennt der Gläubige – wie die Samariterin – den Glauben: Jesus ist der Retter der Welt (Joh 4,42).