Josef Mayr trat 1932 der Bozner Vinzenzkonferenz bei, denn er sah darin eine Gelegenheit, sein Christsein im Alltag zu leben. Als 1935 am Bozner Boden eine eigene Vinzenzkonferenz gegründet wurde, bestellte man Josef Mayr-Nusser zu deren Präsidenten. Die Protokolle der Konferenzsitzungen, die Josef Mayr als Präsident unterschrieben hatte, hat Bruno Bertoldi von der Vinzenzkonferenz von Bozner Boden zur Durchsicht zur Verfügung gestellt.
Die Durchsicht dieser Sitzungsprotokolle zeigt zum einen, dass die Treffen stets mit einer geistlichen Lesung begonnen hatten, worauf Josef Mayr-Nusser größten Wert legte. So schrieb er schon 1934 in einem „Vinzenzbrief“ über „die Lesung, die uns immer wieder lehrt, den Armen mit jenen Augen zu sehen, mit welchen ihn zu sehen uns Christus gelehrt hat, die uns dauernd mahnt, über und vor dem zeitlichen Wohl unserer Armen deren ewiges Heil unsere Sorge sein zu lassen.“
Zum anderen fällt auf, dass die Mitglieder dieser Vinzenzkonferenz einen sehr engen Kontakt zu den Familien und zu Einzelpersonen in ihrem Einzugsgebiet gesucht und gepflegt hatten. Bei den wöchentlichen Sitzungen wurde darüber beraten, wer welche Unterstützung nötig hatte. Dabei gab es neben der finanziellen Unterstützung auch Sachspenden (z.B. Kleidung), Lebensmittelspenden oder es wurden Arztkosten übernommen. Wie aus diesen Protokollen hervorgeht, wurde dieser tatkräftige Einsatz der Vinzenzkonferenz von verschiedenen wohlhabenden Familien von Bozen und Umgebung immer wieder durch Spenden gefördert und unterstützt.
„Für … sollte etwas unternommen werden, damit er nicht ganz herunterkommt, denn bereits ist er auf Diebstahl ertappt worden“, heißt es im Protokoll vom 29. April 1942, wo deutlich wird, dass es der Vinzenzkonferenz nicht nur um punktuelle Hilfe, sondern um eine ganzheitliche Unterstützung ging.
Halbjährlich wurden zudem an rund 50 Familien Kartoffeln verteilt – der Ort, wo diese Kartoffeln ausgeteilt wurden, war stets der Nusserhof, wie aus diesen Protokollen deutlich wird.
Auch auf die Gefangenen hatte die Vinzenzkonferenz ein waches Auge gelegt – so kann man nachlesen, dass den Gefangenen vor Weihnachten 1942 eine Spende von 200 Lire gegeben wurde.
Weil wegen des Krieges und der Auswanderung die Zahl der Mitglieder, die Besuche bei den Familien machen konnten, auf drei geschrumpft und der Großteil der Amen wegen der Bombardierungsgefahr umgesiedelt war, kam es im Oktober 1943 zur Zusammenlegung dieser Konferenz mit einer anderen Vinzenzkonferenz.
Diese Protokolle beweisen, dass Josef Mayr-Nusser ein Vorbild im Umgang mit den Armen und den Notleidenden war. Er hat aufgezeigt, dass der christliche Glaube in der gelebten Nächstenliebe „Hand und Fuß“ bekommt und sich hier beweist sich, ob der Glaube alltagstauglich ist, denn Glaube ohne Liebe ist nicht glaubwürdig.
„Drücken wir nicht durch leere Redensarten dem Armen unser Mitgefühl aus, sondern was wir sagen, das komme vom Herzen; nur dann wird es auch den Weg zum Herzen finden.“ (Josef Mayr-Nusser im Vinzenzbrief Nr. 58, 1940)
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