Was uns jetzt im Evangelium verkündet worden ist, könnte wie eine große Überschrift über dem Neuen Testament und über dem gesamten christlichen Glauben stehen: „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat“ (Joh 3,16).
Der Gott, an den wir Christen glauben dürfen, ist kein stummer, sprachloser, selbstbezogener Gott. Er ist nicht ein Gott, der sich mit sich selbst beschäftigt und in sich selber zurückzieht. Er ist Gemeinschaft, Austausch, Gespräch, Mitteilung – eben Leben, ewiges Leben!
Der eine und einzige Gott lebt, wirkt und liebt als göttliche Dreiheit, als heiliges Wir, als Beziehung und Gemeinschaft zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist. In diese göttliche Beziehung sind wir hineingenommen, damit wir beziehungsfähige und beziehungswillige Menschen sein können. Gerade auch das Schauen auf exemplarische Menschen, die uns zum Vorbild werden können, soll diese christliche Grundberufung aufzeigen und deutlich machen.
Lieber Herr Hochmeister, lieber Herr Prior, liebe Brüder, Schwestern und Familiaren des Deutschen Ordens, liebe Schwestern und Brüder im Glauben!
Zusammen mit dem Deutschen Orden schauen wir bei dieser Eucharistiefeier am heutigen Dreifaltigkeitssonntag auf Peter Rigler: Hier in Bozen stand sein Elternhaus, in der Gnadenkapelle dieses Bozner Doms hat er seine Primiz gefeiert, in der Deutschhauskirche hat er seine Ewige Profess abgelegt und vor 150 Jahren ist er hier in Bozen im Rufe der Heiligkeit gestorben. Er starb am 6. Dezember 1873, um halb fünf nachmittags, im Haus der
Familie Oberrauch in der Laubengasse 65, im 78. Lebensjahr. Nach der Aufbahrung in der Bozner Deutschhauskirche wurde er nach Lana überführt, wo am 10. Dezember unter der Leitung des Fürstbischofs Johannes Zwerger von Graz - Seckau, der aus Altrei stammte und in Trient ein Student von Peter Rigler war, das Begräbnis stattfand. Fürstbischof Zwerger bat noch am selben Tage die Brüder des Deutschen Ordens, alles zu sammeln, was für eine Seligsprechung dienlich sei.
Als der Deutsche Orden im Februar 1986 an meinen Vorgänger Bischof Josef Gargitter mit dem Wunsch herangetreten ist, den Seligsprechungsprozess für Peter Rigler wieder aufzugreifen, reagierte Bischof Gargitter erfreut. Er schrieb damals: „Der Diözese Trient und dem Deutschen Orden hat der Herr im vorigen Jahrhundert einen Priester geschenkt, der durch überragende Gaben des Geistes und des Gemütes, durch ein vorbildliches und tugendhaftes Leben aus dem Glauben und durch restlosen Einsatz Außerordentliches für das Reich Gottes geleistet hat.“ Bischof Wilhelm Egger hat sich diesem Urteil angeschlossen und setzte 1998 das diözesane Erhebungsverfahren für die Seligsprechung ein, das im Juni 2000 positiv abgeschlossen werden konnte. Ich schließe mich gerne diesem Anliegen an und möchte mithelfen, dass – wenn es Gottes Wille ist – dieses Ziel erreicht wird.
Was kann uns Peter Rigler heute, 150 Jahre nach seinem Tod, sagen? Fünf Anliegen teile ich jetzt mit euch, mit Ihnen allen:
1. Zuversicht in das Handeln Gottes für die Zukunft. Als Peter Rigler studierte, musste er privat wohnen, weil die Priesterseminare geschlossen waren. Als er in den Deutschen Orden hier in Tirol eintrat, gab es dort keinen anderen Priester. Seine innere
Gottverbundenheit gab ihm die Kraft, darauf zu vertrauen, dass Gott alles zum Guten führen wird. Ich denke, dass auch unsere gegenwärtige Kirchensituation diese Zuversicht braucht. In diesem Sinne bete ich mit Peter Rigler und bitte um seine Fürsprache, dass unsere Diözese, die Erzdiözese Trient und die Ordensgemeinschaften einen guten Weg in die Zukunft gehen und dass Herausforderungen als Chance und Neuaufbruch verstanden werden können.
2. Papst Franziskus und schon vor ihm seine Vorgänger Johannes Paul II. und Benedikt XVI. sprechen für unseren mitteleuropäischen Raum von einer notwendigen Neuevangelisierung. Peter Rigler bildete damals junge Priester aus, die in den Pfarreien teils ganz von vorne anfangen mussten. Er war überzeugt, dass den Kindern, Jugendlichen, ja allen Menschen das Evangelium, das Bild Jesu, ins Herz gelegt werden müsse. Diese Aufgabe erkenne ich auch für heute als wesentlich. In diesem Sinne bete ich mit Peter Rigler und bitte um seine Fürsprache, dass es uns gelinge, mit Freude und Überzeugung den Herrn zu verkünden, sodass er Menschen Halt und Stütze, Trost und Hoffnung sein kann und dass er sie zusammenführe zu Glaubensgemeinschaften, die lebendige Zellen der Gottesgegenwart in unserer Gesellschaft sein werden.
3. Peter Rigler hat damals Kinder und Jugendliche für ihr persönliches Leben ausgebildet. Er hat aber auch danach getrachtet, dass Berufungen für die Kirche wachsen können. Den jungen Menschen, die sich für den Weg als Priester und Ordensleute entschieden haben, gab er das geistige Rüstzeug mit: Bibelkenntnis, die Begeisterung für die Liturgie, die
Freude an der kirchlichen Gemeinschaft, die Überzeugung, in der Stille und im Gebet die Kraft und die Gnade des geistlichen Berufes zu finden. In diesem Sinne bete ich mit Peter Rigler und bitte um seine Fürsprache, dass den Diözesen Trient und Bozen - Brixen und unseren Ordensgemeinschaften jene Menschen geschenkt werden, die ihr Leben dafür einsetzen.
4. Es gibt heute wie damals viele Menschen, die auf ganz unterschiedlichen Wegen nach Kraftorten und Deutungen für ihr Leben suchen. Peter Rigler hat schon als junger Priester für sich die Exerzitien entdeckt. Das sind Tage, manchmal auch Wochen der Einkehr oder des Rückzugs, um in der Stille mit den Methoden des heiligen Ignatius von Loyola das Leben zu bedenken und zu schauen, wie das, was erlebt wird, was zugemutet ist, was in der Zukunft zu gestalten oder zu bestehen ist, gemeistert oder motiviert werden kann. Ich denke, dass neben den vielen geistlichen Hilfestellungen, die es gibt, die ignatianischen Exerzitien ein neuer Ort werden könnten, wo Menschen Kraft und Orientierung erfahren. Wir brauchen mehr Stille und die Einübung in die Haltung des Hörens! In diesem Sinne bete ich mit Peter Rigler und bitte um seine Fürsprache, dass Gott uns Menschen schenke, die solche Zeiten der Stille gut begleiten können.
5. Unsere Zeit ist geprägt von einem immer höheren Bedarf in der Pflege und in der Verfügbarkeit für Menschen, die in Alter und Krankheit Begleitung, Zuwendung und Hilfe brauchen. Für Peter Rigler war der Deutsche Orden das „Haus und Hospital Mariens“, in dem Maria als Hausmutter hilft, dem Beispiel des barmherzigen Samariters zu folgen. Da Peter Rigler selbst öfters schwer krank war, kannte
er die Nöte der Krankheit. Er spricht auch selbst von der Kraft, die er in solchen Zeiten im Gebet und in der Begleitung von Menschen gefunden hat. In diesem Sinne bete ich mit Peter Rigler und bitte um seine Fürsprache, dass Gott uns helfe, in allen Einrichtungen der Pflege und Fürsorge den Geist des Evangeliums zu leben, der Kirchlichkeit Raum zu geben und den Menschen einen Ort zu bieten, wo der Wert und die Würde des menschlichen Lebens in allen Lebensaltern und Lebenssituationen hochgehalten wird. Das Leben des Menschen ist heilig, von der Empfängnis bis zu seinem letzten, irdischen Atemzug. Das Sein des Menschen ist wichtiger als das Haben, das Leisten und das Tun!
Bei dieser Feier lege ich euch und Ihnen allen die Andacht ans Herz, die P. Ewald Volgger und die Liturgiekommission des Deutschen Ordens erarbeitet haben und für die unsere Diözese gerne die kirchliche Druckerlaubnis erteilt hat. Sie hilft, mit Peter Rigler im Gebet verbunden zu sein und in den persönlichen Anliegen sich von Gott vertrauensvoll begleitet zu wissen.
Ich schließe mit zwei Zitaten von Peter Rigler: „Dem Willen Gottes nachzuspüren, ist die einzige Quelle alles Guten“. Und: „Unser Gebet hat so viel Wirksamkeit, soviel wir bei Gott gelten. Wir gelten, soviel wir lieben. Wir lieben, soviel wir einander verzeihen“.