Deutliche Anfragen an die Kirche bei den Themenrunden der Diözesansynode.Bekehrung und Schuldbekenntnis der Kirche; Folgerungen aus dem Ende der Volkskirche ziehen; den Dialog als Chance wahrnehmen; Kinder und Jugendliche als Wegweiser zu Gott anerkennen. Die offenen Themenrunden der Diözesansynode am vergangenen Samstag waren ganz im Sinne des Aufrufs von Bischof Ivo Muser: „Nur wenn wir offen und frei über die Dinge sprechen und Raum für Neues zulassen, können wir als Kirche wachsen.“Vier Kommissionen der Diözesansynode haben am Samstag die Ergebnisse ihrer Arbeit zur Diskussion gestellt. Bischof Ivo Muser hatte im Vorfeld zum freien und offenen Gespräch ermutigt: „Die Diözesansynode hilft uns allen, vom Wort Gottes her Antworten auf die Fragen unseres Lebens zu finden.Wir müssen als Kirche lernen, frei und offen zu reden und auch Meinungsverschiedenheiten und Spannungen auszuhalten. Wenn es uns gelingt, auf das Wort Gottes, auf die große Gemeinschaft der Kirche und aufeinander zu hören, dann können wir auch zu guten gemeinsamen Entscheidungen gelangen.“Entsprechend groß ist die Fülle von Anregungen, die der Synode von den knapp 400 Teilnehmern mit auf den Weg gegeben wurden. Die größte Beteiligung gab es beim Thema Sakramente in Bozen. „Wir müssen das Ende der Volkskirche sehen und entsprechende Änderungen angehen“, sagte ein Teilnehmer. Eine der Folgerungen sei es, Taufe, Firmung und Eucharistie von fixen Jahrgangsstufen und Schule zu entkoppeln und die bewusste Entscheidung der Bewerberinnen und Bewerber in den Mittelpunkt zu stellen. Viel Zustimmung erhielt auch die Anmerkung einer anderen Teilnehmerin: „Die Sakramente sind unsere Seelsorge.“ Damit sei es ausgeschlossen, die Sakramente zu einem Privileg einer Leistungselitezu machen. Vielmehr sei an erster und oberster Stelle zu betonen, dass Sakramente ein Geschenk Gottes sind, das den Menschen hilft und sie im Leben stützt. Für die Mehrzahl der Teilnehmer leitet sich daraus auch ein anderer Umgang mit geschiedenen und wiederverheirateten Paaren ab. Dem vielfältigen Scheitern und den Lebenskrisen von Menschen sollte dieVersöhnung als eigenständiges und starkes Sakrament und Hilfe entgegengestellt werden.Ganz im Sinne der neuen Stimmung im Rom gestaltete sich die Themenrunde zum Thema des interreligiösen und interkulturellen Dialoges in Brixen. Der Sprecher einer Kleingruppe sagte, dass er stolz darauf sei, zu einer Kirche zu gehören, die versucht, allen Menschen eine Heimat zu geben - angefangen von Papst Franziskus. Es sei wichtig, im Alltag Begegnungsmöglichkeiten schaffen: nur so kann die Angst vor Fremden abgebaut werden. Der um sich greifenden Angst vor Einwanderern und Andersgläubigen stellte ein anderer Teilnehmer die Überlegung entgegen, dass „sich unsere Identität im Leben ständig verändert und bereichert." Es sei deshalb wichtig, im Austausch und im Dialog mit anderen zu wachsen.Diesen Dialog sehen die Teilnehmer nicht nur im Umgang mit den„ Fremden" sondern auch mit den Menschen im eigenen Land: „Die größte Gruppe der Andersgläubigen sind jene, die sich von der Kirche verabschiedet haben, jene die suchend sind. Auch Suchende brauchen Rastplätze. Wie kann unsere Kirche ein solcher Rastplatz sein?“Am Nachmittag war in Brixen das Thema „Kirche mit Kindern und Jugendlichen“ an der Reihe. Mit aller Deutlichkeit wurde dabei ein Perspektivenwechsel gefordert. Es gehe nicht darum, die Kirchen mit Kindern und Jugendlichen zu füllen, sondern darum, als Kirche von ihnen zu lernen. "Gibt es Platz für die Rebellion, die Risikobereitschaft, neue Wege? Gibt es Bereitschaft die Veränderung zuzulassen?“, fragte ein Teilnehmer im Plenum. Kinder und Jugendliche seien auf ihr Art und Weise schon Kirche, und nicht erst, wenn sie mit den Erwachsenen mitmachen.Ganz im Sinne dieses Ausgehens von den Kindern und Jugendlichen meldete sich eine weitere Teilnehmerin zu Wort: “Viele Wege führen zu Gott und wir Menschen sind Wegweiser. Für die Kirche sind aber vor allem Kinder und Jugendliche solche Wegweiser.“ Es müsse also aktiv auf Jugendliche zugegangen werden, um deren Potential zu sehen und zu hören und ihnen Mitgestaltung zu ermöglichen.Zeitgleich wurde in Bozen von tätiger Nächstenliebe gesprochen: hier sehen die Synodalen sowie die Teilnehmer eine Kirche, die sich für ein gutes Leben der Menschen im Land einsetzt und die Hilfsbereitschaft unter den Menschen fördert. Entsprechend klar wurden dabei bestehende Defizite beim Namen genannt: „Der Alltag der Kirche und ihrer Strukturen widerspricht oft dem Evangelium. Viele Menschen erfahren Ausgrenzung und Isolation durch die Kirche: wiederverheiratete Geschiedene, Frauen, Homosexuelle, Missbrauchsopfer. “Diesem Punkt pflichteten auch andere Teilnehmer bei: „Wir müssen als Kirche unsere Fehler bekennen und daraus lernen.“ Dazu gehört laut übereinstimmender Meinung der Anwesenden ein besseres Gleichgewicht unter den Vollzügen der Kirche. Die tätige Nächstenliebe rücke der Liturgie und der Katechese gegenüber oft und gern an zweite und dritte Stelle: „Wie wären unsere Pfarrgemeinden, wenn wir für die tätige Nächstenliebe so viel Sorgfalt und intensive Vorbereitung, so viel Ressourcen und Aufmerksamkeit einsetzen würden, wie die Liturgie?“ „Wir gehen nun mit einem dicken Paket von Anregungen in die weitere Kommissionsarbeit“, sagte Reinhard Demetz, Sekretär der Diözesansynode.Die Beiträge der Teilnehmer in den Kleingruppen und im Plenum wurden protokolliert und werden demnächst auf der Internetseite der Synode veröffentlicht. Die Kommissionen werden die erhaltenen Rückmeldungen in ihre Visionen und Ziele für die Ortskirche integrieren, bevor sie im Jänner und Februar im Plenum der Synode debattiert und verabschiedet werden. Bis Dezember 2015 sollen konkrete Maßnahmen und Reformen für die Diözese Bozen-Brixen vorliegen.
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