Kritischer Kurs gegen das herrschende Wirtschaftsmodell, politischer Einsatz für eine offene Gesellschaft und den Umweltschutz – diese sozial-politischen Forderungen stehen für die Synode in einer engen Verbindung mit einer erneuerten Zuwendung zum Wort Gottes in Wort und Sakrament in der Liturgie. Dies wird an den heute veröffentlichten Visionspapieren der Synode deutlich.Die Synode wurde mit der Überzeugung in die Wege geleitet, dass das Wort Gottes auch heute noch wichtige Antworten auf die Fragen des Lebens bietet. Diese Verbindung zwischen dem Schatz des Glaubens und den gesellschaftspolitischen Fragen steht im Mittelpunkt der beiden Visionspapiere der Synode, die heute veröffentlicht wurden. Liturgie feiern und lebenGleich zu Beginn stellt das Visionspapier zur Liturgie den Bezugspunkt des christlichen Glaubens und Feierns heraus: „Jesus Christus ist die Mitte unseres liturgischen Feierns. […] Seine Gegenwart im Wort und im Sakrament ist uns Kraftquelle, Inspiration und Orientierung.“Damit dieser Bezug zur Mitte des Glaubens in der Liturgie auch in Zukunft gelingt, sieht die Synode zunächst das Miteinander und die Gemeinschaft von „Menschen aller Altersgruppen, verschiedener Sprachen, verschiedener Herkunft, unterschiedlichen Geschlechts, unterschiedlicher Lebensformen und Kirchenbindung“ als Voraussetzung. Das bedeutet in Südtirol, dass, „wo es Situation und Zusammensetzung der Gemeinde erfordern“ Liturgie „in mehreren Sprachen gefeiert“ wird. Die Sprache der Liturgie muss dabei „verständlich, schön, lebensbejahend und lebensnahe“ sein. Mit diesen Weichenstellungen versucht die Synode, sich auf den sich wandelnden sozialen und kulturellen Kontext und auf die Herausforderung eines echten Miteinander der Sprachgruppen in der Kirche einzulassen.Eine weitere prägende Frage ist die Zukunft der liturgischen Feiern angesichts des drastischen Priestermangels. An diesem Punkt hat sich die Synode gegen die Hypothese zentraler Eucharistiefeiern für mehrere Gemeinden entschieden. Dagegen soll das Leben der christlichen Gemeinden lebendig vor Ort „von vielfältigen Gottesdienstformen“ geprägt sein. Wo immer möglich, wird also weiterhin Sonntag Eucharistie gefeiert, ansonsten versammelt sich die Gemeinde „zur Wort-Gottes-Feier, zur Tagzeitenliturgie, zu einer Andacht oder einer anderen Form des gemeinsamen Gebets.“ Das Anliegen der Synodalen ist klar: die liturgische Feier und vor allem der gemeinsame sonntägliche Gottesdienst soll auch in Zukunft dort verankert bleiben, wo die Leute leben und sich täglich begegnen. Damit dies gelingt, sind „verschiedene Dienste, Aufgaben und Ämter“ erforderlich, die „Großteils ehrenamtlich“ ausgeübt werden. Wie die Gemeinden selbst, so wird auch die Liturgie in Zukunft von vielen Leuten getragen, die sich für den Glauben begeistern und ihn weitertragen. Somit ist die Liturgie auch morgen „geprägt von Hoffnung, Zuversicht, Kraft und Trost. Sie ist ansprechend, berührend, sie macht betroffen und wirkt in den Alltag hinein.“ Kirche in sozialen, politischen, wirtschaftlichen FragenDiese Wirkung des Glaubens im Alltag steht im Fokus des zweiten Visionspapiers, das heute veröffentlicht wurde. Es besteht „ein innerer Zusammenhang zwischen Gottesbeziehung und Weltverantwortung, zwischen Liturgie und Dienst am Menschen“, schreiben die Synodalen. Insofern muss sich „das Doppelgebot der Liebe außer in karitativen Tätigkeiten auch in der strukturellen Dimension auswirken.“Der Einsatz der Christen in sozialpolitischen Fragen ist also im Sinn der Erneuerung der Kirche gefordert. Gemessen an der Botschaft Jesu spricht die Kirche heute in eine Welt hinein, die in den herrschenden ökonomischen und politischen Prozessen „von einer grundlegend anderen Logik bestimmt ist“. Es ist darauf zu achten, „dass Natur und Umwelt auch für die kommenden Generationen als bewohnbarer Lebensraum erhalten bleiben.“ Im Sinne der christlichen Ethik ist für die Synodalen „alles Handeln und Entscheiden in Gesellschaft, Politik und Wirt-schaft an der Frage zu messen, inwieweit es Benachteiligte und Schwache betrifft, ihnen nützt und sie zu eigenverantwortlichem Handeln befähigt.“In diesem Sinne fordert die Synode einen entschiedenen Einsatz für „eine lokale Politik der Offenheit gegenüber unfreiwilligen Migranten und gegenüber all jenen, die vor Krieg, Hunger und Kriminalität flüchten.“ Die kirchlichen Gemeinden und die einzelnen Christen „setzen sich für eine offene Gesellschaft ein und dafür, dass allen die Möglichkeit einer authentischen Ent-wicklung geboten wird.“ Dabei spielt „das gute Zusammenleben und der Dialog zwischen den in Südtirol vertretenen Sprachgruppen und Kulturen“ eine zentrale Rolle. Wo immer möglich, soll sprachgruppenübergreifenden Projekten Vorrang gegeben werden.Gegenüber einer einseitig an Gewinnmaximierung orientierten Wirtschaftswelt fordert die Sy-node, dass „der Ruf nach Transparenz, nach Solidarität, nach Gerechtigkeit und für das Gemeinwohl zu allererst in der Gemeinschaft der Kirche verwirklicht“ wird. Dazu sollen in den kirchlichen Betrieben „kreative Formen solidarischer Wirtschaft, verantwortlichen Konsums und Produktionsmethoden“ verwirklicht werden – als Beispiele werden die „Ökonomie des Gemeinwohls“ und die „bilanci di giustizia” genannt.Das Visionspapier schließt mit einem Bezug auf den Sonntag: er „ist für uns Christen ein wichtiges, sichtbares Zeichen einer neuen Qualität und Ausdruck eines Lebensstils, der im positiven Sinn die Welt verwandeln kann.“ Mit den heute veröffentlichten Texten sind 10 von 12 Visionspapieren der Synode veröffentlicht worden. Kommende Woche wird das Visionspapier zum Thema „Sakramente“ veröffentlicht, sowie ein Überblick über die übergreifenden Themen: Frauen, Sprachgruppen und Generationen. Das Papier zu den überdiözesanen Themen befindet sich noch in Erarbeitung und wird zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht werden.
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