Liebe Gläubige in unserer Diözese Bozen-Brixen! Vor einigen Wochen wandte sich eine Frau aus dem Vinschgau an mich mit der Bitte, ihr einige zentrale Begriffe unseres Glaubens zu erklären: Inkarnation, Trinität, Geheimnis, Realpräsenz und Gnade. Ich freute mich sehr über diese Bitte. Sie macht deutlich, dass es immer noch Menschen gibt, die sich mit dem Glauben auseinandersetzen, die den Glauben tiefer kennen lernen möchten und die dabei entdecken, welche Kraft dieser Glaube auch heute entfalten kann. Heuer feiern wir den Höhepunkt des Kirchenjahres, die drei österlichen Tage vom Leiden, vom Tod und von der Auferstehung des Herrn, im Jahr des Glaubens. Papst Benedikt XVI. sagte in seinem Apostolischen Schreiben "Porta fidei": "Wir wünschen uns, dass dieses Jahr in jedem Gläubigen das Verlangen wecke, den Glauben vollständig und mit erneuerter Überzeugung, mit Vertrauen und Hoffnung zu bekennen. Es wird eine günstige Gelegenheit sein, um auch die Feier des Glaubens in der Liturgie zu verstärken, besonders in der Eucharistie ... Zugleich wünschen wir uns, dass das Zeugnis des Lebens der Gläubigen an Glaubwürdigkeit gewinnt. Die Inhalte des Glaubens, der bekannt, gefeiert, gelebt und im Gebet ausgedrückt wird, wiederzuentdecken und über den Glaubensakt selbst nachzudenken, ist eine Verpflichtung, die jeder Gläubige übernehmen muss, vor allem in diesem Jahr". Am 28. Februar hat Papst Benedikt seinen Dienst als Bischof von Rom und als Nachfolger des heiligen Petrus zurückgelegt - eine Entscheidung, die noch einmal die Glaubwürdigkeit, das Verantwortungsbewusstsein, die Liebe zur Kirche und die Demut dieses Papstes deutlich werden ließen. In der Zeit des Übergangs von einem Petrusnachfolger zum anderen ist es besonders wichtig, unsere ganze Aufmerksamkeit auf den höchsten Hirten der Kirche zu richten, auf Jesus Christus selber. Er bleibt. Er "ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit" (Hebr 13,8). So möchte ich jetzt einen zentralen Begriff unseres Glaubens in diesem Osterbrief herausgreifen und eurer Betrachtung und Vertiefung ans Herz legen: Realpräsenz. Ich verbinde damit meine Hoffnung, dass unter uns die Sehnsucht nach der Eucharistie wächst, und eine tiefe Ehrfurcht vor dem "Geheimnis des Glaubens", wie wir es in jeder Eucharistiefeier bekennen: "Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit". Ganz wörtlich heißt Realpräsenz "wirkliche Gegenwart" und meint die Gegenwart Jesu, seinen Leib und sein Blut in Brot und Wein bei der Feier der Eucharistie. In der Sprache der Bibel stehen die Worte "Leib" oder "Fleisch" für den ganzen Menschen. Wenn Jesus das Abendmahl mit seinen Jüngern heute feiern und in unserer heutigen Sprache ausdrücken würde, was er über die Gaben von Brot und Wein sprechen will, würde er wohl sagen: "Dies bin ich selbst. Dies bin ich für euch". Wenn Christen also das Brot und den Wein der Eucharistie empfangen, haben sie Anteil an Jesus selber, an seiner Person, und zwar insofern er für uns heute wie damals da ist. Wenn wir in der Heiligen Messe beten: "Schenke uns Anteil an Christi Leib und Blut", meinen wir: Lass uns durch die Kommunion mit Christus Gemeinschaft haben. Das entspricht übrigens unserem Sprachgebrauch: Wir haben etwas "am eigenen Leib erfahren"; das heißt: Wir haben es persönlich erfahren. "Unser eigener Leib", das steht für "wir selbst, wir persönlich". Wenn Menschen sagen: "Das ist mir in Fleisch und Blut übergegangen", meinen sie nicht, sie hätten etwas biologisch-körperlich verarbeitet, sondern: "Das habe ich ganz und gar in meiner Existenz, in meinem Leben erfasst!". Jesus spricht dann vom "Kelch des Neuen Bundes in meinem Blut". Das Wort vom Blut ist ein Hinweis auf Jesu Sterben. Wenn wir also die Worte "Dies ist mein Leib, dies ist mein Blut" noch etwas genauer übertragen möchten, müssen wir sagen: "Dies bin ich ganz persönlich in meinem Leben und in meinem Sterben für euch". In den Zeichen von Brot und Wein schenkt uns Jesus also das Versprechen, real da zu sein, wirklich gegenwärtig zu sein als Person. Und er ist als Person gegenwärtig auch in seinem Wort, das im Gottesdienst verkündigt und ausgelegt wird, in der Gemeinschaft der Gläubigen, die sich in seinem Namen und um ihn versammelt, und im Priester, der durch seine Weihe und durch seinen sakramentalen Dienst Jesus personal repräsentiert. Alle seine Gegenwartsweisen sind Gegenwart seiner Person durch das Wirken des Heiligen Geistes. Das Wesentliche der Dinge ist für uns das, was sie - auf je eigene Weise - für den Menschen sind und bedeuten. So ist für uns das Wesentliche am Brot, dass es irdische Nahrung ist für uns Menschen. Bei der Verwendung des Brotes in der Eucharistiefeier wird dieses Wesentliche etwas ganz anderes: Jesu Leib als Nahrung für das ewige Leben. "Leib Christi" bedeutet also nicht eine Sache, sondern die ganze Person. Das Brot ist für uns zur Person Jesu geworden. Alle diese Ausdrücke bleiben aber suchende Annäherungen an das "Geheimnis unseres Glaubens". Entscheidend bleibt - und das meint Realpräsenz, wirkliche Gegenwart: Das Brot wird seiner normalen Bestimmung entzogen und wird zu dem lebendigen und Leben erhaltenden Brot, das Gott uns schenkt: Jesus Christus selbst. Wie sehr uns dieses Brot prägen will, macht der heilige Augustinus deutlich, wenn er sagt: "Seid, was ihr seht, und empfangt, was ihr seid: Leib Christi". Die Realpräsenz der Eucharistie muss Konsequenzen haben. Die Eucharistie will uns verwandeln in den Leib Christi. Wer wirklich in die Schule der Eucharistie geht, beginnt zu teilen: Brot, Zeit, Leben, Erfahrungen, Hoffnung, Glauben. Die Eucharistie ist nur dort richtig gefeiert, wo Seine Gegenwart unser Leben erreicht und wo wir dieses Leben mit anderen teilen und austeilen. Die letzte Begründung für das, was Realpräsenz in der Eucharistie meint, kann nur Jesus selber sein: Weil ER es gesagt hat, weil ER es versprochen hat, weil ER der auferstandene und auch heute gegenwärtige Herr ist. Der heilige Thomas von Aquin empfiehlt uns die richtige Haltung, wenn er bekennt: "Der Verstand verstummt beklommen, nur das Herz begreift's allein". Eine besondere Form, an die Realpräsenz des Herrn zu glauben, ist die eucharistische Anbetung. Feiern wir Ostern, das älteste, wichtigste und größte christliche Fest, als gläubige Menschen. Feiern wir jede Eucharistie als das Sakrament über allen Sakramenten, wie unsere Kirche glaubt und bekennt, und erbitten wir Seine "Realpräsenz", die uns wandelt und verwandelt. Entdecken und pflegen wir wieder neu die Anbetung des Herrn in der Eucharistie. Der gekreuzigte und auferstandene Herr, der in seiner Eucharistie unter uns bleibt, sei unsere verbindende Mitte, unsere Kraft, unsere Hoffnung und unsere Freude! Im Blick auf IHN danken wir Papst Benedikt für sein Christusbekenntnis, das er als großer Theologe und durch seinen apostolischen Dienst abgelegt hat. Wir danken ihm auch für seine persönliche Beziehung zu unserem Land und zu unserer Diözese. Mit dem neuen Papst wollen wir mit Freude und Überzeugung das Glaubensbekenntnis des Apostels Petrus erneuern und leben: "Tu es Christus". Der Herr selber segne die weltweite Gemeinschaft unserer Kirche. Er segne Euch und unsere Ortskirche auf ihrem Weg hin zur Diözesansynode. Euer Bischof Ivo Muser
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