Der Tag der Solidarität möchte Christinnen und Christen ermutigen, sich in die Vorgänge unserer Gesellschaft einzumischen und für jene einzutreten, die durch die Maschen des sozialen Netzes zu fallen drohen. Wir brauchen Netzwerke der Solidarität, um den Menschen beizustehen, die auf sich allein gestellt im Dschungel von Gesetzesbestimmungen und Paragraphen völlig überfordert wären. Ein Netzwerk dieser Art ist das Patronat. Das diesjährige Leitwort für den Tag der Solidarität lautet deshalb: Patronat – Baustein der Solidarität.
Die Diözesansynode war sich der Komplexität und Vielschichtigkeit des Begriffes Solidarität bewusst. Die Kirchenversammlung unterstrich klar und deutlich, dass der Dienst am Nächsten der Kirche ebenso wichtig sein muss wie die Liturgie, die Verkündigung und der Aufbau von christlichen Gemeinden. Wie dieser Dienst am Nächsten aussehen könnte, dazu hat man sich auf drei Schwerpunkte geeinigt:
Solidarisch leben. Vorgeschlagen wurde unter anderem der Aufbau eines Netzwerkes zwischen Pfarreien und Verbänden mit dem gemeinsamen Ziel, Notsituationen zu erkennen. Auf Diözesan- und Pfarrebene soll eine Arbeitsgruppe soziale Missstände untersuchen und passende Eingriffe vorschlagen. Die Kirche in Südtirol möge in enger Zusammenarbeit mit schon bestehenden kirchlichen Strukturen eine praxisrelevante, gesellschaftspolitische Aus- und Weiterbildung auf der Grundlage der kirchlichen Soziallehre anbieten, welche zur Übernahme politischer Verantwortung befähigt.
Verantwortlich wirtschaften. Bei allen Vorhaben im kirchlichen Bereich sollte man sich an ökologischen Standards wie Einfachheit und Nachhaltigkeit orientieren. Vorgeschlagen wurden auch gezielte Veranstaltungen, mit denen Verantwortliche und Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft angeregt werden, stärker im Sinne des Gemeinwohls zu kooperieren und nach ethischen und ökologischen Prinzipien zu wirken.
Politisch handeln. Die Synode hat die Errichtung einer Kommission von Experten aus Kirche, Wissenschaft, Zivilgesellschaft angeregt. Dieses Gremium soll gesellschaftliche Entwicklungen in Südtirol aus der Sicht der kirchlichen Soziallehre beobachten und analysieren sowie ethische und politische Grundfragen aus eben dieser Perspektive in die politische Meinungsbildung einbringen.
Die Situation unserer Gesellschaft ist von anstehenden, zum Teil schmerzhaft einschneidenden, sozialen Reformen aber auch von der Notwendigkeit zur Veränderung geprägt. Eine solche Situation verlangt mehr denn je soziales Empfinden, Gemeinsinn und Ringen um sozialen Ausgleich.
Mein besonderer Dank geht an alle, die sich um Solidarität bemühen und sich für eine gemeinsame Zukunft einsetzen. Das "Jahr der Barmherzigkeit" werde uns allen zum Segen.
Ivo Muser, Bischof
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