Die Kirche bleibt im Dorf: aber wie?Wie reagieren auf den gravierenden Priestermangel? Welche Gestalt wird die christliche Gemeinde vor Ort, im Dorf oder in der Stadt haben? Wer sind die Priester, Ordensleute und Laienmitarbeiter in der zukünftigen Kirche Südtirols? Diesen Zukunftsfragen der Kirche in Südtirol stellen sich die beiden Visionspapiere, die heute auf der Webseite der Diözesansynode veröffentlicht wurden.Die Kirche lebt aus dem Auftrag heraus, den Menschen das Wort Gottes zu verkünden und sie auf der Suche nach Antworten auf die Fragen des Lebens zu begleiten. Dafür konnte sie in Südtirol bisher auf eine kapillare Struktur und reichliche personelle Ressourcen bauen. Heute steht diese Struktur im Umbruch, und dies ist auch der Hintergrund der beiden Visionspapiere der Diözesansynode, die heute veröffentlicht wurden. Kirche in Südtirol gestalten und strukturierenKirche vor Ort, das ist in Südtirol vor allem die Pfarrei. Die Drehscheibe der Tätigkeiten in der Pfarrei aber ist bisher ein Priester – der Pfarrer oder Seelsorger. Lange wurde in der Synode angesichts des steigenden Priestermangels darüber debattiert, die Anzahl der Pfarreien drastisch zu reduzieren – eine Anpassung der Struktur an das verfügbare priesterliche Personal stand im Raum. Nun spricht die Synode eine andere Sprache: kirchliche Strukturen erfüllen ihren Zweck „dort, wo Begegnung stattfindet“. Dies bedeutet, dass grundsätzlich „alle Pfarreien, die sich als lebendig und funktionsfähig erweisen, erhalten bleiben.“Damit dies geschehen kann, sieht die Synode einschneidende Veränderungen vor: es braucht „genügend Laien oder Diakone“, die „das kirchliche Leben auch ohne die ständige Verfügbarkeit eines Priesters mittragen, leiten und die Grundvollzüge des Gemeindelebens, d.h. der Liturgie, der tätigen Nächstenliebe und der Verkündigung, gewährleisten.“ Damit formuliert die Diözesansynode ein Zukunftsbild, welches das geltende Zivil- und Kirchenrecht nach vorne interpretiert und weiterentwickelt. Die Leitung einer Pfarrei durch Laien ist im Kirchenrecht als Ausnahmeregelung (als Mitwirkung in der Leitung) vorgesehen, könnte sich durch die Synode vor allem in den kleineren Pfarreien zum Regelfall entwickeln.Südtirols Kirche der Zukunft wird vor Ort also mehr denn je von ehrenamtlichen Laien getragen, die Leitungsverantwortung übernehmen, Liturgie feiern und das pfarrliche Leben gestalten. Damit dies gelingen kann, sieht die Diözesansynode eine Weiterentwicklung der Seelsorgeeinheiten vor. Diese sind für die Pfarreien eine „Chance zur Öffnung und zur Zusammenarbeit.“ Vor allem aber soll es auf der Ebene der Seelsorgeeinheiten ein „Seelsorgeteam“ geben, welches aus hauptamtlichen Laien, Diakonen und Priestern besteht und deren Aufgabe „in der pastoralen Begleitung, in Schulung, Unterstützung und Koordination der ehrenamtlichen Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter in den Pfarreien und Kirchengemeinden besteht.“Wo es trotz allem nicht gelingen sollte, jene Aktivitäten aufrecht zu erhalten, welche eine Pfarrei kennzeichnen, sieht die Diözesansynode eine Zusammenlegung von Pfarreien vor. Das kirchliche Leben vor Ort soll aber unter veränderten rechtlichen Voraussetzungen in Form von „Kirchengemeinden“ weitergeführt werden, welche weiterhin „selbständige, pastorale Orte“ bleiben. In der größeren Stadtpfarreien dagegen wird die Entwicklung kleinerer „Kirchengemeinden“ angestrebt, um das „kirchliche Leben und die Lebenswirklichkeit der Menschen zu verbinden.“Einen starken Akzent setzt die Synode in Bezug auf das bischöfliche Ordinariat. Hier soll die Trennung nach Sprachgruppen überwunden werden und „die einzelnen Ämter und Dienststellen sprachgruppenübergreifend organisiert“ werden. Frauen und Männer sollen gleichberechtigt und in ausgeglichenem Maß in Leitungsfunktionen in der Diözese vertreten sein. Geistliche und kirchliche Berufungen fördernDas Visionspapier zum Thema der Berufungen ist gewissermaßen das Gegenstück zu jenem über die Strukturen. Die Strukturänderungen in der Kirche schlagen sich in einer veränderten Wahrnehmung der kirchlichen Ämter nieder.So wie in den Pfarreien die Rolle der Laien aufgewertet werden soll, so sieht die Synode die „Berufungen zur christlichen Ehe und Familie, zu Weiheamt oder zu einer Form christlichen und geweihten Lebens“ als gleichwertig an. Die Dienste und Berufungen der Laien in der Kirche sollen gestärkt und gefördert werden. Dabei beruht das kirchliche Leben „vor allem auf dem ehrenamtlichen Dienst.“ Dazu werden „in bestimmten Aufgabenbereichen auch hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingesetzt, die entsprechend entlohnt werden.“Parallel zur Stärkung der die Berufung der Laien in der Kirche, gilt es das konkrete Tätigkeitsprofil der Ständigen Diakone weiter zu entwickeln. In den Debatten der Synode wurde immer wieder beklagt, dass der Diakon bisher eine blasse und etwas konturlose Figur sei. Hier setzt die Synode einen neuen Akzent auf den sozialen Dienst: „Ständige Diakone sind Vorbilder im Dienen, stehen den Schwachen zur Seite und setzen sich für Arme, Kranke, Trauernde und Ausgegrenzte ein. Dazu sind sie auch in der Verkündigung, in der Liturgie und im Aufbau der Gemeinde tätig.“ Nachdem zum Diakonat, der ersten von drei Weihestufen, auch verheiratete Männer zugelassen sind, sollen die Überlegungen weitergeführt werden, ob „verheiratete Diakone unter definierten Voraussetzungen zum Priester“ geweiht werden sollen.Ein wichtiger Brennpunkt der gegenwärtigen Entwicklung sind die Priester: das hergebrachte Bild und Tätigkeitsprofil eines Priesters ist angesichts der drastisch sinkenden Priesterzahlen nicht mehr haltbar. Die Vision der Diözesansynode ist, dass sich die Priester auf ihre „ureigenen Aufgaben als Seelsorger“ konzentrieren, die sie „im Geist der Zusammenarbeit“ leisten, während „alle nicht typisch priesterlichen Aufgaben“ von hauptamtlichen oder ehrenamtlichen Laien übernommen werden. Das Leben in Gemeinschaft soll dabei schon von der Ausbildung her im Mittelpunkt stehen. Dazu soll das Priesterseminar in Brixen „ein Zentrum der spirituellen und pastoralen Bildung für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aller Sprachgruppen“ werden. Dazu soll „ein spirituelles Zentrum“ aufgebaut werden, „das sich besonders der Suchenden unterschiedlichen Alters und verschiedener Sprache annimmt.“
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