Diözesanbischof Ivo Muser hat heute dem Südtiroler Landtag einen Weihnachtsbesuch abgestattet und ist in seinen Ausführungen u.a. auf das friedliche Zusammenleben, die Verteilungsgerechtigkeit und die damit verbundene Verantwortung zu gelebter Solidarität eingegangen.Bischof Ivo Muser ist in seiner Ansprache von der Weihnachtsgeschichte ausgegangen, die davon berichtet, wie Kaiser Augustus den Bewohnern seines Reiches befohlen hat, sich in der jeweiligen Geburtsstadt registrieren zu lassen. „Auch heute wird gezählt – allerdings unter ganz veränderten Vorzeichen“, sagte Bischof Ivo Muser und erklärte: „Leistung wird gewogen, gezählt werden die Kosten für Dienste der Menschlichkeit an Kranken, an Alten und Gebrechlichen. Selbst die Existenz von Flüchtlingen wird in Zahlen und Kontingenten angegeben. Die Geschichten hinter den Flüchtlingen interessieren aber oft nicht. Nicht gezählt werden – und das ist bezeichnend für unsere Art zu denken – menschliche Begegnung, Zuwendung, Nächstenliebe.“Die Weihnachtsgeschichte will einladen, die „kleinen Leute des Alltags“ nicht als Nummern, sondern als Menschen, als Männer, Frauen und Kinder mit Gesichtern zu sehen und ihre Geschichten ernst zu nehmen. Daraus hat der Bischof einige Überlegungen für die Gesellschaft in Südtirol, für die Politik im Allgemeinen abgeleitet: Friedliches ZusammenlebenFür Bischof Ivo Muser gibt es zwei offene Baustellen: eine kleinere Baustelle sieht er im Zusammenleben zwischen der Bevölkerung mit deutscher, italienischer und ladinischer Muttersprache. In diesem Bereich hat es in den vergangenen Jahrzehnten auch Dank der Autonomie große Fortschritte gegeben. Weitaus schwieriger zu gestalten ist die große Baustelle, der Umgang mit den neuen Bürgern und Bürgerinnen. „Ziel muss eine Gesellschaft sein, in der Menschen ohne Angst verschieden sein können“, so der Bischof. Gutes Leben„Materieller Wohlstand und Konsumsteigerung allein haben die Menschen nicht zufriedener gemacht“, so der Bischof, der zum Nachdenken darüber anregte, ob der Begriff „Wohlstand“ im traditionellen Sinne tatsächlich noch das beinhaltet, was gemeint wird, wenn von mehr Lebensqualität die Rede ist. Verteilungsgerechtigkeit Nach christlichem aber auch nach humanistischem Verständnis gehört zum Menschsein der Schutz der Schwachen – wer immer diese sind. „Wer den Schutz der Schwachen aufgibt, gibt die Identität des Menschen preis“, ermahnte Bischof Ivo Muser. Belastbare SolidaritätOhne ein hohes Maß an belastbarer Solidarität werden der demographische Wandel, die Umbrüche in der Arbeitswelt, das Einkommensgefälle, die wachsende Armut, der Flüchtlingsnotstand u.a.m. nicht zu bewältigen sein. „Da braucht es mehr und nicht weniger Solidarität.“ Solidarität muss für Bischof Muser flankiert sein von einem starken öffentlichen Engagement, dann von der Übernahme von Eigenverantwortung und schließlich von der Aufwertung der Freiwilligenarbeit. „Dieses Dreigestirn ist so etwas wie ein ‚kategorischer Imperativ’ für die Bewältigung anstehender Problemlagen mit nachhaltigen Auswirkungen auf die ganze Gesellschaft“, so der Bischof. Als abschließende Bitte und persönlichen Wunsch fügte Bischof Muser an, dass sich dieses Hohe Haus für den Sonntags- und Feiertagsschutz aussprechen möge. „Wir brauchen unsere Sonn- und Feiertage mit ihren sozialen, familiären, gemeinschaftsbildenden, kulturellen und religiösen Chancen“, so der Bischof, der seinen Respekt und die Dankbarkeit der Ortskirche für den wertvollen und unverzichtbaren politischen Einsatz der Mehrheit und der Opposition gegenüber aussprach.
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