„Zur Kultur der Verabschiedung gehören das letzte Gespräch, der letzte Kuss, das Ankleiden der Toten, das liebevolle Berühren des Leichnams, das Verweilen beim Verstorbenen, das Schließen des Sarges, das Teilen der Trauer mit anderen, das Abschiednehmen am Sarg, der Anblick des offenen Grabes, das Einsenken des Sarges in die Erde. Für den Trauerprozess kann das Gestalten solcher Erfahrungen heilsam sein. Trauer braucht Raum, Schutz und Zeit“, schreibt Bischof Muser eingangs im Hirtenbrief zum Hochfest Allerheiligen 2019.
Das Recht, sich zu verabschieden
Die christliche Bestattungskultur lebe von der Überzeugung, dass Gott jeden Menschen „bei seinem Namen gerufen“ habe, zitiert der Bischof den Propheten Jesaja (Jes 43,1) und schlussfolgert, dass „anonyme Bestattungen ohne Teilnahme der Angehörigen und ohne Teilnahmemöglichkeiten für Freunde und Bekannte nicht sinnvoll sind“. Die Begräbnisfeier im „engsten Familienkreis“ oder die Bestattung „in aller Stille“ vergesse, schreibt Bischof Muser, dass jeder Mensch in einem sozialen Umfeld von Menschen gelebt habe, die auch ein gewisses Recht hätten, sich zu verabschieden.
Begräbnisfeiern sind ein wichtiger pastoraler und sozialer Dienst, der immer noch viele Menschen erreicht und mit der christlichen Auferstehungshoffnung in Verbindung bringt. Höhepunkt und Kernstück der Totenliturgie ist die Eucharistiefeier. Dazu schreibt der Bischof: „In jeder Eucharistiefeier bekennen Christinnen und Christen: Im Tod ist das Leben! Auch wenn in Zukunft nicht mehr bei jedem Begräbnis eine Heilige Messe gefeiert werden kann, sollte nach der Wort-Gottes-Feier am Begräbnistag in einer Eucharistiefeier – auch im Gemeindegottesdienst am Sonntag – für die Verstorbenen gebetet werden.“
Einsenken des Sarges
Zur christlichen Beerdigung gehöre auch das Einsenken des Sarges in die Erde, schreibt Bischof Muser im Hirtenbrief. Und weiter: „Dieser Ritus gibt der Feier der Beerdigung den Namen. Es ist sehr zu bedauern, dass bei uns dieser einprägsame und sprechende Ritus des Hinabsenkens des Sarges in das Grab meist nicht mehr praktiziert wird. Das Absenken gehört ausdrücklich zum letzten Weg mit einem verstorbenen Menschen dazu. Wir übergeben den Leichnam der Erde und gehen so den Weg bis zuletzt mit. Da es sich an vielen Friedhöfen anders eingebürgert hat, bitte ich ausdrücklich, darüber nachzudenken, wie diesem sprechenden Akt der Bestattung wieder eine Bedeutung zurückgegeben werden kann.“
Erdbestattung
Neben dem Einsenken des Sarges in die Erde spricht sich der Bischof auch klar für die Erdbestattung aus: „Von Anfang an entschied sich die Kirche nach biblischem Vorbild für die Erdbestattung. Sie bevorzugt und empfiehlt auch weiterhin die Erdbestattung. Die Feuerbestattung ist erlaubt, vorausgesetzt, dass jemand diese nicht aus Gründen wählt, die den Glauben an die Auferstehung und an das ewige Leben in Frage stellen.“ Die Prozession zum Friedhof, ohne den Leichnam dort zu bestatten, sei nicht sinnvoll, schreibt der Bischof.
Sterbende Menschen nicht allein lassen
„Der Umgang mit dem Tod und mit unseren Verstorbenen sagt sehr viel über unsere Einstellung zum Leben aus“, stellt Bischof Muser fest und schließt seinen Hirtenbrief deshalb mit einer Bitte: „Lassen wir sterbende Menschen nicht allein! Sie brauchen die Nähe und die Begleitung. Aber auch die Angehörigen brauchen sie, die sich auf den Verlust eines Menschen einstellen müssen oder von einem Schicksalsschlag getroffen werden.“
Mit seinen Überlegungen zur christlichen Begräbniskultur möchte Diözesanbischof Muser zum Weiterdenken anregen: persönlich, in kirchlichen Gruppen, in Pfarrgemeinderäten, auf der Ebene unserer Seelsorgeeinheiten und in den Dekanatskonferenzen. Wichtig sei auch das Gespräch mit den Bestattungsunternehmen, schreibt der Bischof.