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Advent

Neben den Impulsen zum Evangelium finden sich hier für das Lesejahr C Predigtimpulse zur Aktion "Gott ist nahe - gemeinsam Advent und Weihnachten feiern" (2021)

1. Adventsonntag

Markus Moling

1. Kurze Auslegung von Mt 24,29-44

Die Perikope steht im Kontext der Endzeitreden Jesu im Matthäusevangelium. Der Abschnitt beschreibt in apokalyptischen Farben (Frankenmölle 2010, 199) die Ankunft des Menschensohnes. Dieses Ankommen wird von verschiedenen Zeichen begleitet. Der Abschnitt schließt mit dem Aufruf zur Wachsamkeit. 

2. Zielsatz 

Ich möchte die Hörerinnen und Hörer darauf hinweisen, dass sie aufmerksam sind auf die Zeichen, welche die Gegenwart Gottes verkünden.

3. Predigtgedanken

Motivation
Die Reflexion des eigenen Lebens und die Umkehr sind Chancen, um im Leben zu wachsen und auf Gott hin zu leben.

Problemfrage
Erfahre ich den Auftrag zur Umkehr als Ansporn zum Wachsen oder als Druck und moralischen Appell?

Versuch und Irrtum
Der Ruf zur Umkehr kann sehr schnell als ein bloß moralisierender Aufruf missverstanden werden. Dabei wird der Umkehr ihrer das Leben erneuernden Kraft beraubt.

Lösung
Im Sinne des Aufrufs des Täufers kann uns die Adventszeit helfen, das eigene Leben anzuschauen, uns die Frage zu stellen, inwieweit wir für die Nähe des Reiches Gottes, für das Kommen Jesu in der Welt bereit sind. Die Adventszeit kann uns auch entdecken lassen, wo es für uns notwendig ist, das Leben zu verändern und umzukehren. Dabei gilt es, die Umkehr als Chance und nicht als Belastung zu leben.

 

Gottfried Ugolini

1. Kurze Auslegung

  • Erste Lesung: Jes 63,16b-17.19b; 64,3-7 – Der Prophet Jesaja greift die Fragen der Menschen nach den Gründen für ihre gegenwärtige Misere in einem Gebet auf. Gott wird angerufen als der Erlöser seit jeher und trotzdem wird ihm die Lage zur Last gelegt. Er wird aufgefordert, sich Zugang zu  seinem Volk zu verschaffen. Denn auf ihn setzen die Menschen ihre Hoffnung. In dieser Perspektive bekennen sie ihre Schuld. Sie vertrauen darauf, dass Gott sich umkehrt und sich als väterlicher Gott erweist. Wo Gott als fern erfahren wird, kann im Blick auf Gottes Menschwerdung in Jesus Christus die Glut des Glaubens neu entfacht werden.
  • Zweite Lesung: 1Kor 1,3-9 – Paulus wendet sich in seinem Brief an die christliche Gemeinde in der Hafenstadt Korinth. Er dankt ihr in seinem Grußwort für das Geschenk Gottes, dass sie im Glauben an Jesus Christus wächst. In lebendiger Beziehung zu Christus wartet sie auf sein Wiederkommen. Paulus erinnert die Gemeinde, dass sie von Christus her gefestigt und in der Gemeinschaft mit ihm und untereinander verbunden bleibt. In diesem Vertrauen dienen die vielfältigen Gnadengaben dem Leben der Gemeinde und dem notwendigen Dienst für- und aneinander.
  • Evangelium:  Mk 13,24-37 – Mit diesem Teil beendet Markus das 13. Kapitel seines Evangeliums seine Komposition der endzeitlichen Rede Jesu. Gedanken vom erwarteten Ende der Welt bestimmen das Thema. Hinter den dramatischen Bildern einer kosmischen Zerstörung lässt Markus die Vision des auf die Welt zu kommenden Menschensohnes aufleuchten. Mit ihm wird ein umfassender Neuanfang einsetzen, der die bestehenden Herrschafts- und Machtverhältnisse aufhebt. Dieses Kommen gilt es inmitten aller Spannungen und nicht nur der dramatischer Ereignisse wachsam wahrzunehmen. Auf seine Zusammenführung aus allen Windrichtungen gilt es, unsere Erwartung und Hoffnung auszurichten. Jegliches Wissen und Berechnen ist letztlich vergeblich. Gefragt ist der Glaube, dass Gott der wahre Herr der Geschichte und damit auch Herr der Zukunft bleibt.

2. Zielsatz

Die Zuhörerinnen und Zuhörer werden eingeladen, aus dem adventlichen Glauben heraus in die Zukunft zu blicken, um wider allen weltweiten Nöten und düsteren Vorhersagen mutig Zeichen der Hoffnung für alle zu setzen. 

3. Predigtgedanken

Motivation
Geradezu frech und herausfordernd klingt der Angriff auf Gott, er habe sich von seinem Volk abgewandt und dessen Herz verhärtet. Wie kommt ein Volk, das von seiner Heimat ins Exil, ins Ausland verschleppt wurde, sozusagen Gott die Schuld dafür in die Schuhe schiebt? Gleichzeitig verwundert, dass Gott als der erlösende und befreiende Gott in Erinnerung gerufen und angerufen wird. Uns selbst ist die Haltung nicht ganz fremd, dass wir bei harten Schicksalsschlägen und wenn wir scheitern Gott dafür verantwortlich machen. Wir bemängeln und beklagen sein Fernbleiben, sein Untätig-Sein, seine Gleichgültigkeit. Steckt hinter diesen oder ähnlichen Vorwürfen und Klagen vielleicht doch so etwas wie eine Spur Erinnerung? Vielleicht ist es die vage und doch unvergessliche Glaubenserinnerung an einen menschen- und lebensnahen Gott. Diese Erinnerung scheint überdeckt zu sein wie Glut unter der Asche, die neu zu entfacht werden will.  Das Wort Gottes am heutigen Adventsonntag vermag ins uns jene adventliche Hoffnung zu wecken, die die Leidenschaft freisetzt, die Glut unter der Asche unseres Lebens und unseres Glaubens neu zu entfachen. Dann werden wir zu Türhüter, Wächter und Späher, die nach seinem Kommen, Gottes Ankommen heute und morgen. Dann halten wir im Hier und Jetzt wachsam Ausschau nach der unter der Asche schlummernden Glut in und um uns. Ein Windstoß oder eine kräftige Luftzufuhr lässt die Glut neu aufglühen und anfeuern.  

Problemfrage
Angesichts der weltweiten Nöte und Krisen und mancher düsterer Zukunftsprognosen stellt sich die Frage: Wie kann man das alles aushalten ohne zu resignieren oder gar den Glauben zu verlieren? Wo bleibt unsere christliche Hoffnung?

Versuch und Irrtum
Not lehrt beten. Doch wir kennen auch das Gegenteil: Not lehrt fluchen. Wir verweisen gerne auf Gott: er wird schon wissen, für was es gut ist. Doch damit vertrösten wir uns und andere und ziehen uns aus der Verantwortung heraus. Wir gehen wie der Prophet Jesaja mit Gott ganz schön ins Gericht, wenn wir in ihm die Ursache negativer Erfahrungen und Machenschaften sehen. Manchmal deuten wir selbst unser Scheitern, Ungerechtigkeit und Katastrophen als Strafe Gottes – und streiten mit ihm. Wenn Kindern und unschuldigen Menschen Böses wiederfährt, erscheint uns Gott lebens- und menschenfeindlich. Wie kann ich dann zu ihm beten, an sein erlösendes Wirken glauben und meine Hoffnung auf ihn setzen?

Lösungsangebot
Der Prophet Jesaja facht mit den Vorwürfen und Klagen des Volkes die Asche weg, die die darunterliegende Glut bedeckt. Er macht den Blick frei auf die glühende Leidenschaft Gottes, für die Menschen da zu sein und für sie einzutreten. Jesaja weckt die Erinnerung wach, die im Gedächtnis des Volkes schlummert: Gott ist ein zum Leben befreiender und aus Not und Scheitern erlösender Gott.
Paulus erinnert die Gemeinde in der turbulenten Hafenstadt Korinth an das Wirken der Gnade Gottes. Der Glaube an Christus wird gefestigt, indem alle mit ihren Gnadengaben sich einbringen und einander dienen. Das prägt die Gemeinde und deren Zeugnis. Dabei ist die Gemeinde nicht ohne innere Auseinandersetzungen und Spannungen. Ebenso wird sie von außen angefochten und gefährdet. Die lebendige Beziehung zu Christus und die zähe Hoffnung auf sein Wiederkommen geben Kraft zum gläubigen Durchhalten und zum mutigen Glaubensbekenntnis, weil Gott treu ist.
In den endzeitlichen Reden Jesu rechnet Markus mit jenen ab, die über alles Bescheid zu wissen und alles genau berechnen zu können glauben. Markus greift das alttestamentliche Motiv des  wiederkehrenden Menschensohnes auf, der alle endzeitlichen Bilder und Vorstellungen chaotischer Zustände entmachtet. Aus dem Ende wird in der Heilsperspektive Gottes eine Wende: Gott wendet in Christus die Geschichte der Welt einem guten Ende zu. Im Blick auf diese Verheißung und in diese Dynamik hinein sind wir Christen berufen, Hoffnungsträger zu sein und bereits jetzt diese Wende im Mit- und Füreinander mit zu verwirklichen. Gott bleibt in seiner Treue der, der sich uns zuwendet als Lebens- und Menschen freundlicher Gott.

Lösungsverstärkung
Wir suchen in unseren christlichen Gemeinden Menschen, die von der Glut des Glaubens erzählen und dabei die Asche wegblasen, damit das Feuer der Hoffnung auflodert. Hier sind die Gnadengaben jedes und jeder einzelnen gefragt: jene, die die Türen des Lebens und des Glaubens hüten und darauf achten, dass der Zugang zum Leben und zum Glauben allen genügend geöffnet bleibt und gleichzeitig, dass deren Wert und Würde genügend Schutz und Achtung erfahren; oder jene, die ihr Leben auf das Ankommen Gottes ausrichten – auch in den heimatfernen und uns noch wenig vertrauten Menschen; oder jene, die die Gnadengabe haben, inmitten von allen Erfahrungen des Scheiterns, von Schicksalsschlägen, Katastrophen, Konflikten und Ungerechtigkeiten die Asche wegzublasen, um die Glut der Hoffnung neu aufflackern zu lassen.
Wir halten Ausschau in unseren christlichen Gemeinden Menschen, die unser Leben und unsere Welt, unser Glauben und unsere Zukunft im Gebet dankend und bittend, klagend und hoffend zum Ausdruck bringen. Im Blick auf das Kommen des Menschensohnes in Herrlichkeit ist weder Resignation noch Pessimismus, weder Weltverdrossenheit und Gleichgültigkeit angesagt. Schon eher eine direkte Auseinandersetzung mit dem Verbleiben Gottes und unserer Haltung in Lebens- und Glaubensfragen.
Wir richten uns in unserer Diözese und Kirche nach vorne aus – ganz in adventlicher Haltung, um den in und um uns ankommenden Gott wachend anzutreffen. Das geschieht in synodalen Prozessen, wo immer wir  miteinander und mit anderen offen und ehrlich ins Gespräch kommen. Da erwacht die Neugierde und Leidenschaft, gemeinsam mit je verschiedenen Geschichten und aus unterschiedlichen Kulturen auf das Wort Gottes zu hören und in Dialog zu kommen. Da werden Türen, Ohren und Herzen geöffnet, um das was die Menschen und die Menschheit heute zutiefst beschäftigt wahrzunehmen und in unseren Gebeten, Gottesdiensten und Einsätzen für unsere Nächsten aufzugreifen.

Schluss
In einem Jugendlied heißt es: „Kleines Senfkorn Hoffnung, mir umsonst geschenkt …“ Dieses Senfkorn Hoffnung wächst zum Baume, wenn es in die Erde gesteckt wird – heißt es im Text weiter. Die adventliche Hoffnung mag in uns manchmal klein und zaghaft sein. Doch inmitten aller Negativerfahrungen bleibt Gottes Verheißung aufrecht, dass er ein Lebens- und Menschen freundlicher Gott bleibt, der sich nie gegen das Leben oder gegen den Menschen stellt. Diese  Hoffnung glüht wie die Glut unter der Asche. Es braucht einen Windstoß von unten, einen adventlichen Geist in unseren Herzen und Köpfen, um der Hoffnung jene Strahlkraft zu verleihen, die uns und andere aufrichtet.

Sonia Salamon

1. Kurze Auslegung von Lk 21,25-28.34-36

Diese Perikope ist im Lukasevangelium unter den letzten Lehrreden Jesu vor der Passion zu finden. Sie ist ein Ausschnitt aus der Rede, welche eine Katastrophe ankündigt (Weltende), welche in ihren Zeichen ähnlich in der Offenbarung begegnet. Letztendlich wird auch die Erfahrung reflektiert, dass 70 n. Chr. Jerusalem und mit damit auch der Tempel zerstört wurden.
Höhepunkt dieser Perikope ist das Kommen des Menschensohnes (V 27). Diesem geht zunächst die Beschreibung des Weltendes voraus. V 27-28 greifen dann nach Dan 7,13 das Kommen des Menschensohnes auf, welcher mit der Hoffnung des wiederkehrenden Christus gedeutet wird. Dabei wird er gleichzeitig als Herrscher, Richter und Retter beschrieben. Diese Wiederkunftshoffnung (wobei im vorausgehenden V 8 ebenso vor „Pseudomessias“ gewarnt wird) mündet in V 28 in die Verheißung der Erlösung, welche den Menschen wieder aufrichtet.
Im zweiten Teil der Perikope folgen Ermahnungen an die Zuhörenden: Wachsamkeit und Bereitschaft zum Gebet wird gefordert (V 34- 36). Nur dadurch können sie davor bewahrt werden, vom Tag des Herrn plötzlich überrascht zu werden und dann womöglich für die Erlösung noch nicht bereit zu sein.

2. Zielsatz 

Die Gemeinde wird angesichts der Adventzeit zu erneuter Wachsamkeit und der damit verbundenen Reflexion der eigenen Lebensgestaltung aufgefordert, indem ihr verkündigt wird: Zusammenbrüche in unserem Leben und in unserer Geschichte können heilsam bzw. erlösend sein, indem sie uns wachsam machen für eine Neubesinnung auf unsere Taufberufung.

3. Predigtgedanken

Motivation
Das Weltende ist nahe. Diesen Gedanken hören wir zurzeit sehr oft. Unterschiedliche Vorstellungen vom Weltuntergang finden wir ebenso in einigen Filmen. Es scheint seit Jahrtausenden eine Vorstellung bzw. Angst zu sein, die den Menschen beschäftigt. Besonders aktuell ist dieser Gedanke ja wieder in diesem Jahr geworden, da ja der Maya-Kalender angeblich im Dezember enden soll und damit der Weltuntergang vorausgesagt wurde - nun gibt es auch diesbezüglich unterschiedlich Auslegungen.

Problemfragen
Wesentlich scheint aber die Frage zu sein: Was löst die Vorstellung eines Weltuntergangs bei Menschen aus?

Versuch und Irrtum
Weltuntergangsvorstellungen können Menschen verunsichern und ängstigen. Dies führt zu unterschiedlichen Reaktionen: Es gibt Menschen, die sich sicherheitshalber Vorräte anlegen, sich nach allen Seiten versuchen abzusichern – so als ob sie dem Weltuntergang dadurch entgehen könnten. Andere Menschen kommen unter den Druck, Dinge zu erledigen, die sie bisher aufgeschoben hatten.

Lösung
Auch das Evangelium spricht vom Weltuntergang. Es gibt jedoch keine Zeit an. Vielmehr spricht es aus einer Zeit, wo Menschen große Katastrophen erlebt haben, wie den Untergang Jerusalems und die Zerstörung des Tempels: Den Verehrungsort Gottes in der damaligen Zeit. Angesichts dieser Erfahrung und den damit verbundenen Ängsten und Unsicherheiten, spricht nun das Evangelium von der Hoffnung, dass der Erlöser kommen wird, und fordert dazu auf, wachsam zu sein. Wer wachsam ist, nimmt das eigene Leben in den Blick. Als Christin oder Christ frage ich dann, ob meine Lebensgestaltung der christlichen Botschaft bzw. meiner Taufberufung entspricht: Von welchen Werten lasse ich mich leiten? Wie gestalte ich meinen Alltag? Worauf hoffe ich?
Als Christinnen und Christen erwarten wir die Wiederkunft Christi. Sie verbindet sich mit der Hoffnung, dass alles zu seiner Gerechtigkeit geführt wird. Im Evangelium wird zudem verheißen, dass wir dann der Erlösung nahe sein werden – Erlösung, die uns Menschen aufrichtet und in das vollkommene Reich Gottes führt.

Lösungsverstärkung
Die Adventzeit lädt ein, uns auf die Wiederkunft des Herrn vorzubereiten und wachsam zu sein. Dabei können das Lesen und Hören aus der Heiligen Schrift und das Gebet unsere Wachsamkeit fördern, und helfen, uns neu zu besinnen, was im Leben wirklich zählt.

 

Füreinander aufmerksam, denn Gott ist nahe.

Predigtimpuls 2021 zur Aktion "Gott ist nahe"

Reinhard Demetz

Schwestern und Brüder! Der Herr lasse euch wachsen und reich werden in der Liebe zueinander und zu allen, wie auch wir euch lieben, damit eure Herzen gestärkt werden und ihr ohne Tadel seid, geheiligt vor Gott, unserem Vater, bei der Ankunft Jesu, unseres Herrn, mit allen seinen Heiligen. Amen.
(1 Thess 3,12-13 = Abschnitt aus der 2. Lesung 1 Thess 3,12 – 4,2)

Botschaft (Was ich vom Wort Gottes her heute sagen möchte)

Wir leben nur einmal. Darum sollen wir achtsam sein und es nicht verschwenden. Das Leben gelingt, wo wir füreinander aufmerksam sind. Denn in der Liebe wohnt Gott.

Problematisierung (Fragen und Problemkreise, auf welche die Botschaft antwortet)

  • Die Gerichtstexte des neuen Testamentes klingen oft wie eine Drohbotschaft. Müssen wir vor Gott Angst haben?
  • Ist die Hoffnung auf den Messias nicht ein Vertrösten auf eine Erlösung, die uns von den Problemen der Welt ablenkt?
  • Steckt in den Gerichtstexten die Versuchung, die Welt in „gut“ und „böse“ einzuteilen?

Kontexte (Wo wird die Botschaft relevant?)

  • Die apokalyptischen Szenen des Evangeliums sind in der Zeit der Bibel für viele Menschen bittere Wirklichkeit. Auch heute ist der Alltag für viele Menschen von Not, Sorgen und Ängsten geprägt. Ihnen sagt das Evangelium: Gott ist nahe. Habt keine Angst. Wir können zu ihm gehören, wenn wir in seiner Liebe bleiben.
  • Auch wir heute kennen apokalyptische Zukunftsszenarien: der Klimawandel und das Artensterben sind eine reale, epochale Bedrohung für die Menschheit, die enormes Potential an Zerstörung und Leid mit sich bringen. So sagt das Evangelium auch uns heute: verzagt nicht, erhebt das Haupt, bemüht euch das Gute zu tun. Lasst euch nicht ein auf die Mentalität der Zerstörung und des Egoismus. Vertraut auf Gott und tut das Gute.

Die konsumistische Gesellschaft bombardiert uns mit einer Vielzahl von Botschaften und möchte tausend Wünsche in uns wecken. In dieser Vielzahl der Reize und Begierden riskieren wir den Sinn für das Wesentliche zu verlieren. Wesentlich ist die achtsame Beziehung zu den Menschen an meiner Seite. Wenn wir füreinander aufmerksam sind, können wir die Nähe Gottes erfahren und zum Heil seiner Schöpfung beitragen. Diese Achtsamkeit passiert nicht einfach von selbst. Sie muss gepflegt werden und braucht Übung.

2. Adventsonntag

Markus Moling

1. Kurze Auslegung von Mt 3,1-12

Dieser Abschnitt aus dem Evangelium berichtet uns von Johannes dem Täufer, der dem Herrn den Weg bereiten soll. „Ort, Nahrung und Kleidung vom Propheten Johannes sind den Erzählungen über Elijas entnommen“ (Frankenmölle 2010, 29). Johannes Botschaft ist jene der Umkehr. Dies ist erforderlich, weil das Himmelreich nahe ist. Im Unterschied zum entsprechenden Abschnitt aus dem Markusevangelium ist die Taufe des Johannes bei Matthäus nicht Sünden vergebend.

2. Zielsatz 

Ich möchte die Hörerinnen und Hörer darauf hinweisen, dass die Reflexion des eigenen Lebens und die Umkehr wichtige Bestandteile einer christlichen Lebensführung sind.

3. Predigtgedanken

Motivation
Die Ankunft des Menschensohnes kündigt sich in Zeichen an. Um diese Zeichen zu erfassen, bedarf es der Wachsamkeit. Die Adventszeit kann uns helfen, diese Wachsamkeit für Gottes Gegenwart wieder zurückzugewinnen.

Problemfrage
Wie wachsam bin ich für die Gegenwart Gottes in meinem Leben?

Versuch und Irrtum
Aufgrund der starken Bilder, welche im Schrifttext verwendet werden, könnte man dazu neigen, die Wachsamkeit mit Angst zu verwechseln. Das Kommen des Menschensohnes will aber nicht Angst auslösen, sondern Entschiedenheit und Bereitschaft für sein Reich und seine Botschaft.

Lösung
Das Evangelium mahnt uns zur Wachsamkeit. Diese Wachsamkeit steht einer Haltung gegenüber, die sich nicht um Gottes Gegenwart in der Welt kümmert. Wer nicht mit Gott im Leben rechnet, der kann auch nicht in den Zeichen seines Kommens oder seiner Gegenwart erkennen. Mit Gott im Leben zu rechnen, hilft die Wachsamkeit für seine Nähe zu schulen. Der Advent kann eine Zeit sein, die uns hilft diese Wachsamkeit zu pflegen. Wir können im eigenen Leben nach diesen Zeichen suchen, aber auch in der Gesellschaft und der Welt als Ganzer.

Gottfried Ugolini

1. Kurze Auslegung

  • Erste Lesung: Jes 40,1-5. 9-11 – In diesem Text kündigt der Prophet seiner Gemeinde die befreiende Erfahrung aus dem Exil an. Er hebt seine Stimme, die Trost zuspricht und zur Freude aufruft. Die Fremdherrschaft ist beendet: Gottes Herrlichkeit offenbart sich. Die tröstende Verheißung nimmt konkrete Gestalt an: alles Trennende wird aufgehoben und alle Hindernisse werden beseitigt.  Gott erweist sich als der befreiende Gott im Hier und Jetzt. Er kümmert sich um das verstreute Volk wie ein Hirte, der seine Schafe fürsorglich und achtsam zur Weide führt.
  • Zweite Lesung: 2Petr 3,8-14 – Die frühchristlichen Gemeinden rechnen mit einer kurzfristigen  Wiederkehr Christi. Da diese sich verzögert, entstehen Zweifel, Berechnungen und allerlei Spekulationen. Das hält vom Eigentlichen ab, nämlich in Erwartung seines Kommens das Leben auf Christus auszurichten, umzukehren und sich für sein Kommen bereit zu halten. Darin verwirklicht sich die radikale Veränderung, dass nichts mehr ist wie es ist. Gerechtigkeit und Frieden bewohnen den neuen Himmel und die neue Erde: wir sind berufen, uns jetzt danach auszurichten.
  • Evangelium:  Mk 1,1-8 – Der Beginn des Markus-Evangeliums greift das alttestamentlich Motiv der Erwartung des Messias auf. Dieser wird von Johannes den Täufer angekündigt, der am Jordan zu Umkehr und Taufe aufruft. Seine Erscheinung ist auffällig bescheiden, seine Stimme lässt aufhorchen und sein Tun hat eine vorbereitende Wirkung. Mit seinem überzeugenden Auftreten und seiner selbstloser Ankündigung, dessen der stärker ist als er, wird zum glaubwürdigen Wegbereiter für Jesu.

2. Zielsatz

Die Zuhörerinnen und Zuhörer werden ermutigt, ihre Stimme in adventlicher Hoffnung als BotInnen der Freude zu erheben und als WegbereiterInnen zu wirken.

3. Predigtgedanken

Motivation
Wir sind oft wie Menschen, die darauf warten, dass es weitergeht. Da geht es uns wie Menschen, die am Flughafen sind und der Flug gestrichen wurde oder die in ihrem Auto auf der Straße stillstehen, die wegen Arbeiten gesperrt ist. Sie warten ungeduldig darauf, es wieder weitergeht. Angespannt sehen und hören wir uns, ob es nicht irgendwelche Informationen oder Hinweise auf die Weiterfahrt gibt. Wir haben es eilig. Wir versäumen Verbindungen und Termine. Wir wollen endlich weiter. Gespannt lauschen wir auf die Ansagen über Lautsprecher oder Radio. Nervös starren wir auf die Anschlagtafeln, auf die Bildschirme oder auf die Ampel, dass sie endlich von Rot auf Grün wechseln. Jede befreiende Stimme, die die Fortsetzung der Fahrt ankündigt, und jedes Signal, das das Warten beendet, wird mit Erleichterung und Freude wahrgenommen. Genauso wird jeder Einsatz dankbar geschätzt, der dazu beiträgt, dass Hindernisse und Sperren aus dem Weg geräumt werden und die Weiterfahrt ermöglicht.

Problemfrage
Wie können wir in adventlicher Hoffnung unsere Stimmen als BotInnen der Freude erheben und als WegbereiterInnen wirken?

Versuch und Irrtum
Häufig machen wir Druck, um weiter zu kommen. Wir machen Druck auf Gott, auf unsere Mitmenschen und nicht zuletzt auf uns selbst. Druck kann etwas durchbrechen oder blockieren. Den Himmel stürmen und Gott die Tür einrennen betend oder fluchend, führt entweder zur Bauchlandung oder zur Erkenntnis: Gottes Wege sind nicht unsere Wege. Beten wir im Vaterunser: „Dein Wille geschehe …“ also erbitten und erkunden wir seinen Willen im Gespräch mit ihm.
Oft schreien wir zu früh, das Blatt hat sich gewendet, jetzt geht’s wieder weiter. Doch dann merken wir plötzlich, dass wir uns getäuscht haben, dass wir uns geirrt haben. Wir haben den eigentlichen kritischen Punkt in der Krankheit, im Beziehungskonflikt, in der Lebensentscheidung noch nicht erreicht.
Wir kennen auch andere Situationen: da hören wir von einem besonderen Menschen und sind ganz angetan von ihm und seiner Lebens- oder Glaubenseinstellung. Wir wollen ihn sehen und hören. Wir lassen uns von seinem Aussehen blenden oder von seiner wortgewaltigen Sprache mitreißen. Was mich zunächst anspricht und mir auf Anhieb wohl tut, ist wie eine Betäubung. Und wenn ich daraus erwache und nüchtern die Situation betrachte, schäme ich mich, dass ich diesem Menschen sozusagen auf dem Leim gegangen bin.

Lösungsangebot
Wenn wir eine kritische Situation glücklich überwunden oder eine Schwierigkeit gut bewältigt haben, fühlen wir uns gedrängt, davon zu erzählen. Es ist ein Erzählen, das von Herz zu Herz geht. Der Erzähler spricht von Herzen und dem Zuhörer berührt es sein Herz. So geht es uns mit unseren Lebens- und Glaubenserfahrungen. Wo Menschen eine befreiende und tröstende Erfahrung im Glauben machen, reden sie von Herz zu Herz. Das ist wohl auch der Hintergrund der tröstlichen Botschaft, die der Prophet Jesaja seinem in der Fremde zerstreuten Volk zuruft. Er deutet die Veränderung der politischen Verhältnisse, dass Gott befreiend in die Geschichte der Menschen, seines Volkes, eingreift. Die Freude ist über die mögliche Heimkehr überwältigend. Was anfangs noch unglaublich klingt, bewahrheitet sich: das Volk im Exil darf wieder heim. Darüber wird immer wieder neu erzählt: dankbar, freudig und hoffnungsfroh. Gott wird erfahren als der, der selbst in der Ferne von Heimat und Glauben, als der nahe und sich um die Menschen kümmernde Gott. Das gibt Grund zur Hoffnung, dass Gott sich immer neue Wege zum Menschen bahnt.

Lösungsverstärkung
Solche bewegenden Geschichten öffnen neue Zugänge und Wege, Gott im eigenen Leben zu begegnen und davon anderen zu erzählen. Geschichten befreiender Erfahrungen schärfen den Blick für die Gegenwart. Sie erwecken adventliche Hoffnung, selbst solche Erfahrungen machen zu können oder andere dazu zu ermutigen. Dann erheben wir die Stimme, wo nichts mehr weitergeht, wo alles ausweglos erscheint, wo jegliche Hoffnung zu erlöschen scheint. Wir werden die Stimme nicht wie der Prophet Jesaja oder wie Johannes der Täufer erheben. Doch wir werden den Mund aufmachen, wenn wir  bei der Taufvorbereitung gefragt werden, worin wir befreiende und beglückende Erfahrungen im Leben und im Glauben gemacht haben. Wir werden wir bei der Begleitung der Kinder zu den Sakramenten erzählen, welche Themen, Fragen und Hoffnungen uns bewegen. Wir werden bei der Diözesansynode uns einbringen, mit unseren Ideen und Visionen, Kritiken und Vorschlägen wie Christen, ob vernetzt als Gemeinde oder zusammen als Weltkirche, Gottes befreiende Aufbrüche wahrnehmen, Berge und Hügel von Hindernissen abbauen, versklavende Vorschriften aufheben und heute nicht mehr verständliche und überholte Gewohnheiten ablegen. Neue Wege sind zu bahnen, die zu Gott und zueinander führen, wo wir uns ebenerdig begegnen können. Wegbereiter sind gefragt, die Hindernisse und Blockaden aus dem Weg räumen. Dazu gehört das Interesse füreinander, die Fürsorge für Schwache und Kranke, der Besuch von Trauernden und Einsamen, die Geste des willkommen Heißens von Fremden und Flüchtlingen, die Bereitschaft zu verzeihen und die freundlichen Worten mit dem Nachbarn, der gerade von der schweren Krankheit seiner Frau erfahren hat. 

Schluss
Der Zuruf des Propheten Jesaja gilt auch uns heute: „Erheb deine Stimme, fürchtet dich nicht. Sag zu den Orten Südtirols: Seht, da ist unser Gott!“ Auch in unseren Gebeten und in unseren Gottesdiensten gilt es, die Stimme zu erheben: lobend und dankend für die befreienden Erfahrungen durch Gott,  klagend und bittend für jene, die nach Freiheit und Heimat, Gerechtigkeit und Frieden schreien. In adventlicher Hoffnung die Stimme erheben, heißt auch Wegbereiter zu sein als Christen, die unterwegs sind miteinander und mit anderen. Da sind durch die Wüsten des Lebens und auch des Glaubens Wege zu bahnen, die zu Gott und zueinander führen. Da sind die Berge und Hügel unseres Stolzes und unserer Selbstzufriedenheit abzubauen, damit wir einander auf gleicher Augenhöhe begegnen. Da ist die Umkehr angesagt, damit unser Getauft Sein nicht verblasst, sondern durch den Heiligen Geist neu belebt wird. Das stärkt unsere adventliche Hoffnung auf Gottes befreiendes und alles erneuernde Ankommen. Gesegneten Advent!

Sonia Salamon

1. Kurze Auslegung von Lk 3,1-6

Die ersten beiden Verse dieser Perikope zählen zeitgeschichtliche Herrscher im weltlichen und religiösen Bereich auf. Einerseits kann dadurch das Auftreten des Johannes weltgeschichtlich geortet werden, andererseits wird in Erinnerung gerufen, dass die Heilsgeschichte sich in der konkreten Geschichte der Menschheit (mit ihren Kriegen, Unterdrückungen, Not und Elend…) ereignet.

Gegenüber der Perikope des kommenden dritten Adventsonntages (welche die Umkehr konkret in den Blick nimmt) wird in den Versen dieser Perikope die Rolle und Funktion des Johannes hervorgehoben. Dabei wird Johannes als Prophet charakterisiert und weniger als Täufer. Dementsprechend schließt sich in V 2 die Formulierung „das Wort Gottes erging an Johannes“ an. Viele prophetische Bücher im Alten Testament beginnen mit dem Ruf Gottes, welcher an den jeweiligen Propheten erging (vgl. Jer, Hos). Johannes wird somit als Prophet beschrieben, der ganz im Dienst der Verkündigung steht. Es fällt dabei auf, dass Lk gegenüber Mk und Mt nicht die asketische Gestalt und Nahrung des Johannes hervorhebt. Der weitere Hinweis in V 2, dass Johannes der Sohn des Zacharias ist, ist ein Rückverweis auf Lk 1,5-25 und 1,57-80. Es werden seine priesterliche Herkunft und seine angekündigte Größe in Erinnerung gerufen. Johannes ist somit kein gewöhnlicher Prophet.

Die abschließenden Verse greifen ein Zitat aus dem Jesajabuch auf. Es spricht die alttestamentliche Hoffnung an: Das Volk Gottes im Exil hofft auf seine Rückkehr nach Jerusalem. Der dabei angesprochene Weg verdeutlicht anhand des beschriebenen Landschaftsbildes, dass dabei alles vollkommen umgestaltet sein wird. Diese Hoffnung gipfelt in der universalen Heilsperspektive (V 6): Allen Menschen wird das Heil zuteil kommen – ein Thema, das das gesamte lukanische Werk durchzieht.

2. Zielsatz 

Der Gemeinde wird Johannes als Prophet vorgestellt, der Jesus vorausgeht, das Heil für alle Menschen ankündigt und Menschen auf dieses Heil (Jesus) vorbereitet.

3. Predigtgedanken

Motivation

Viele sind in diesen Tagen auf der Suche nach Geschenken. Wenn Sie die Zeitung aufschlagen oder das Fernsehgerät einschalten, dann teilen Ihnen unterschiedliche Werbungen mit, worüber sich Ihre Kinder, Ihr Partner oder Ihre Partnerin oder andere Ihnen nahestehende Menschen freuen. Es scheint, als ob manche Unternehmen genau wissen, was wir brauchen und worüber wir uns freuen. Es scheint, dass sie die Propheten unserer Zeit sind, die uns voraussagen, was wir zu unserem vollkommenen Glück brauchen.

Problemfragen

Aber was sind eigentlich Propheten?

Versuch und Irrtum

Sind es jene Menschen, die nach unserem Mund reden und das aussprechen, was wir uns nicht getrauen? Können wir jene Menschen als Propheten bezeichnen, welche uns sagen, wie wir leben sollen bzw. was wir brauchen und welche dann letztendlich selbst daran verdienen? Vieles wird unter dem Deckmantel „zum Wohl der Allgemeinheit“ versprochen und verheißen, vieles wird im Eigeninteresse getan.

Lösung

Wenn wir das heutige Evangelium anschauen, dann begegnet uns ein Prophet ganz anderer Art. Es ist Johannes, der uns meist unter seinem Beinamen „der Täufer“ bekannt ist. Johannes ist dabei kein gewöhnlicher Prophet. Wie die Propheten aus dem Alten Testament folgt auch er dem Ruf Gottes und verkündet im Namen Gottes. Und was verkündet er? Er fordert zur Umkehr auf, denn es geht um die Erwartung des Heils. Mit Heil wird die Sehnsucht nach Erlösung, nach Rettung und nach dem vollkommenen Glück verbunden. Wenn etwas heil wird, dann wird etwas wieder gut. Hier ist mit Heil Jesus gemeint. Und es wird daran erinnert, dass dieses Heil allen Menschen zu Gute kommt, nicht bloß Einzelnen, etwa Frommen oder anderen Auserwählten. Nein, im letzten Vers des heutigen Evangeliums wird betont, dass dieses Heil, das von Gott kommt, alle sehen werden. Jesus hat sich allen Menschen zugewandt, bzw. besonders auch jenen, die ausgegrenzt oder ausgeschlossen waren. Jesus konnte bei jenen ankommen, die eine große Sehnsucht nach Heil hatten und auch bereit waren, ihr Leben dementsprechend zu ändern.

Johannes kündigt also dieses Heil an. Als Prophet deutet er die Zeichen seiner Zeit, allerdings anders als unsere Werbepropheten. Johannes ebnet den Menschen nicht die Bahn, sondern er fordert die Zuhörenden auf, die Straßen zu ebnen, Berge abzuschöpfen und Schluchten aufzufüllen. Er redet also seinen Zuhörenden nicht nach dem Mund, sondern fordert sie auf, ihr Leben zu ändern. Nur so können sie das Heil erfahren.

Lösungsverstärkung

Was heißt dies nun für uns Zuhörende in der heutigen Zeit? Auch wir sind aufgefordert, unser Leben zu prüfen, Berge abzuschöpfen und Schluchten zu füllen. Auch wir erwarten Jesus Christus und sind jetzt im Advent besonders eingeladen, uns darauf vorzubereiten. Daher die Frage an uns: Füllen wir Schluchten auf oder schichten wir Berge auf? Oder: Schöpfen wir Berge ab oder höhlen wir Schluchten aus? Wie bereiten wir uns im Advent auf Weihnachten vor?

 

Geht anders, denn Gott ist nahe.

Predigtimpuls 2021 zur Aktion "Gott ist nahe"

Reinhard Demetz

Stimme eines Rufers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen! Jede Schlucht soll aufgefüllt und jeder Berg und Hügel abgetragen werden. Was krumm ist, soll gerade, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden. Und alle Menschen werden das Heil Gottes schauen.
(Lk 3,4-6 = Abschnitt aus dem Evangelium Lk 3,1-6)

Botschaft (Was ich vom Wort Gottes her heute sagen möchte)

Wege entstehen, indem man sie geht. Wir können den Weg des Herrn bereiten, indem wir jetzt schon seine Wege gehen: die geraden Wege der Gerechtigkeit, die aufrechten Wege der Wahrheit, die leichten Wege der Bescheidenheit, die großzügigen Wege der Vergebung und Barmherzigkeit. Christen sollte man an ihrem Gang erkennen: sie gehen anders, irgendwie leichter.

Problematisierung (Fragen und Problemkreise, auf welche die Botschaft antwortet)

  • Die Umkehrbotschaft des Rufers in der Wüste kann zu einer „Leistungsgerechtigkeit“ führen: Gott wartet mit seinem Kommen, bis wir seine Bedingungen erfüllt haben. Dies führt in eine religiöse Leistungsspirale: was muss ich alles leisten, damit ich für Gott gut genug bin?
  • Johannes predigt die Umkehr: wie leicht ist es aber, die Umkehr der anderen zu predigen, wie schwierig ist es aber, selbst umzukehren. Ist das menschlich zu schaffen? Bleibt nicht immer ein unversöhnter Rest in mir, ein erlösungsresistenter Keim? Wie kann ich so vor Gott treten?

Kontexte (Wo wird die Botschaft relevant?)

  • Leistung ist einer der Kernbegriffe unserer Welt. Im Beruf, in der Schule, in der Freizeit. Die sozialen Medien sind ein Spiegel dafür: ich poste das optimierte Schaukastenbild meiner selbst in der Hoffnung auf Bestätigung und Zuspruch durch Likes und shares. Wer nicht leistet ist nicht. Eine unerfüllte Sehnsucht ist das, was bleibt. Die Fülle des Lebens können wir uns selbst nicht geben. Denn alles, was wir tun ist unvollkommen und klein. Johannes hat eine Freudenbotschaft für uns: Gott selbst wird kommen und uns die Fülle bringen, die wir uns selbst nicht geben können. Wir dürfen ihm einen „Landeplatz“ bereiten, indem wir uns bemühen, unseren kleinen Teil am Guten beizutragen. Die Fülle aber ist Geschenk und nicht Verdienst.

Viele Menschen bleiben der Kirche fern. Manchmal ist es einfach Desinteresse. Oft aber stoßen sie sich am hohen moralischen Anspruch, den wir hier vertreten, und fürchten, dem nicht gerecht werden zu können. Oder sie stoßen sich am Missverhältnis zwischen dem, was wir predigen und der Art, wie wir selbst leben. Alle Bibeltexte des zweiten Adventsonntages stellen nicht die Moral, sondern die Frohbotschaft der Erlösung in die Mitte. Durch unsere Versuche, gut zu leben, werden wir nicht bessere Menschen, sondern geben Zeugnis von Gott, der kommen wird. So kann unsere moralische Gangart leicht und unverkrampft sein, ohne Ecken und Kanten, weil sie aus der Vorfreude der Erlösung kommt.

3. Adventsonntag

Stefan Huber

1. Kurze Auslegung von Mt 11,2-11

Der erste Teil der Perikope (vv2-6) stellt die Frage nach der Identität Jesu (vgl. Grilli/Langner 2010, S. 182; Frankenmölle 2010, S. 86). Auf der Erzählebene ist es Johannes der Täufer, der diese Frage stellt. Die Frage ist bleibend relevant für die matthäische Gemeinde. In der Erwartungshaltung des Johannes des Täufers spiegeln sich offensichtlich auch  Vorstellungen in Bezug auf Jesus Christus, die in der Gemeinde bzw. in deren Umfeld (bis hin zur Ablehnung) zu finden sind. Jesus ist der erwartete Messias, so der biblische Text. Allerdings entspricht er nicht auf den ersten Blick den Erwartungen (gewaltfreies Wirken Jesu, vgl. v5). Am Schluss steht die Forderung nach dem genauen Hören und Hinsehen auf das Bewirkte, um den Stellenwert von Jesu Wirken (und damit von Jesus selbst) einordnen zu können.
Der zweite Teil der Perikope (vv7-11) stellt die Frage nach der Identität des Johannes des Täufers (vgl.  Grilli/Langner S. 183; Frankenmölle S. 87). So wie Jesus, wird auch Johannes (mit Gewalt) abgelehnt. Der biblische Text versucht, die Bedeutung dieser Person einzuordnen und zu Jesus in Beziehung zu setzen. Er ist nicht nur ein „Vorläufer“, sondern als Bote schon Teil der Gottesherrschaft, die mit Jesus Christus anbricht (vgl. Frankenmölle S. 87). Die Gottesherrschaft selbst verdichtet sich nicht in Johannes, sondern in Jesus (vgl. v11).

2. Zielsatz 

Es gilt zu vermitteln, dass die Frage nach Jesus Christus eine bleibende Anfrage alle Menschen ist, die Jesus bezeugen.

3. Predigtgedanken

Motivation
Mit Jesus Christus, der zentralen Person unseres Glaubens, werden die unterschiedlichsten Vorstellungen verbunden: Vorstellungen, die zum Teil auch in einer gewissen Spannung zueinander stehen. Es ist eine wichtige Aufgabe einer christlichen Gemeinschaft, der Frage „Wer ist Jesus?“ immer wieder nachzugehen. Denn durch Jesus Christus wird den Christen Gott selbst vor Augen geführt.

Problemfrage
Die Messiasvorstellung von Johannes dem Täufer und seiner Bewegung ist eine andere als die Vorstellung, die im biblischen Text durch Jesus selbst vermittelt wird. Johannes geht davon aus, dass die messianische Zeit mit der Trennung von Spreu und Weizen beginnt (vgl. Mt 3,12). Jesus stellt dem das Ergebnis seines Wirkens gegenüber (v5: „Blinde sehen wieder und Lahme gehen; Aussätzige werden rein und Taube hören; Tote stehen auf und den Armen wird das Evangelium verkündet.“ – vgl. dazu auch die vorausgehenden Erzählungen in den Kapiteln 4,5,8,9). Auch wir sind mit unterschiedlichen Vorstellungen konfrontiert: innerhalb unserer Gemeinde; mit Vorstellungen von Menschen, die in einem bestimmten Verhältnis zu unserer Gemeinde stehen (vgl. die Beziehung der Täuferbewegung zu den Jesusgemeinden) und mit Vorstellungen von Menschen, die Jesus Christus distanziert gegenüber stehen bzw. ihn ablehnen (oft verbunden mit Kirchenkritik). Lassen sich diese Anfragen und Kritikpunkte ein für alle Mal klären? Ergibt sich für uns ein eindeutiges Jesusbild?

Versuch und Irrtum
Mit der Frage „Wer ist Jesus?“ ist die Frage nach der Identität einer christlichen Gemeinschaft verbunden. In einer Situation, in der konkurrierende Vorstellungen Antwort auf diese zentrale Frage geben, ist die Gefahr groß, sich oberfläch gegenüber anderen Meinungen abzugrenzen (nach dem Motto: „Jesus Christus ist der Messias. Ende der Diskussion“).

Lösung
Im vorliegenden Bibeltext, der das Ringen in der matthäischen Gemeinde und darüber hinaus widerspiegelt, wird ein anderer Weg gegangen. Die Gemeinde tritt in einen konstruktiven Dialog mit anderen Vorstellungen (die an Johannes dem Täufer festgemacht werden). Zunächst wird klargestellt, dass nur im gewaltlosen Wirken Jesu deutlich wird, wer Jesus selbst ist. Es wird aber auch deutlich, dass das Ringen um ein adäquates Jesusbild nicht nur ein inhaltliches Ringen ist, sondern auch Menschen in Beziehung setzt. Exemplarisch wird das wieder an zwei Personen verdeutlicht: Wer Johannes ist, zeigt sich in seiner Beziehung zu Jesus. Der Bibeltext ermutigt uns, Anfragen anderer Menschen und Gruppen ernst zu nehmen, nach Antworten zu ringen, um an diesen Antworten zu wachsen. Eine Gemeinde, die offen ist für Anfragen und diese selbstkritisch und selbstbewusst zulässt, vertieft ihr Jesus- und Selbstbild, sie verliert es nicht.

Lösungsverstärkung

Das konstruktive Ringen mit anderen Vorstellungen ist eine Chance, sich mit anderen Menschen in Beziehung zu setzen. Das gemeinsame Gespräch führt nicht automatisch zu einer gemeinsamen Identität. Es führt jedoch zusammen und verhilft uns, bei allen berechtigten Unterschieden, das Verbindende über das Trennende zu stellen.

Gottfried Ugolini

1. Kurze Auslegung

  • Erste Lesung: Jes 61,1-2a.10-11 – Die Situation, in der der Prophet Jesaja seine Stimme erhebt, ist unmenschlich und trostlos. Überall Menschen, die alles verloren haben, deren Herz zerbrochen ist, die gefangen und die wie Sklaven gefesselt sind. Er weiß sich als von Gottes Geist berührt,  gesalbt und gesendet. Er hat eine erfreuliche und befreiende Botschaft zu verkünden, dass Gott in seiner Gnade und Gerechtigkeit alle heilen, befreien und aufrichten wird. Der Prophet selbst ist von dieser Freude derart erfüllt, dass er selbst mitwirkt, die Botschaft umzusetzen.   
  • Zweite Lesung: 1Thess 5,16 -24 – In der Gemeinde von Thessalonich braucht es eine Wiederbelegung der Charismen. Paulus ermutigt die Mitglieder der Gemeinde, den Geist nicht auszulöschen, sondern großzügig ihre Charismen einzubringen. Erst in einem zweiten Schritt sollen sie geprüft werden. Dabei soll das Gute soll bewahrt und das Böse gemieden werden. Darin heiligt sie Gott mit seinem Frieden (shalom) und lässt sie seine Treue erfahren.
  • Evangelium:  Joh 1,6-8.19-28 – Wer ist Johannes der Täufer? Wie in einem Verhör gestaltet der Evangelist Johannes, die Klärung der Identität Johannes des Täufers. Eindeutig und klar fallen die Antworten aus, die in der Aussage gipfelt: „Ich bin die Stimme die in der Wüste ruft: Ebnet den Weg für den Herrn.“ Doch damit ist nicht genug: was berechtigt ihn zu taufen? Mit dem Verweis auf den, der nach ihm kommt, kennzeichnet der Evangelist Johannes die Rolle Johannes des Täufers als Boten, der auf einen der nach ihm kommt verweist und bereits anwesend ist.

2. Zielsatz

Die Zuhörerinnen und Zuhörer werden angeregt, ihre Geistbegabung als Getaufte und Gefirmte zu beleben und erkennen, dass sie gesandt sind, Gottes befreiendes und heilendes Ankommen mit Freude und Dankbarkeit zu bezeugen.

3. Predigtgedanken

Motivation
Eine Verkäuferin ohne Freude und Begeisterung in ihrem Beruf, wird bald Kunden verlieren. Ein Lehrer, der mit seinen Unterricht ohne persönliche Überzeugung und Interesse gestaltet, wird die SchülerInnen bald langweilen. So geht es auch Priestern und Diakonen, Ordensleuten und MitarbeiterInnen in unseren Pfarrgemeinden. Der springende Punkt ist die Freude und die Dankbarkeit. Die Rolle, die Aufgabe, der Dienst allein – und seien sie noch so offiziell und würdevoll übertragen – vermag nichts, wenn nicht ein Funke persönlicher Ergriffenheit und innerer Überzeugung mitschwingen.

Problemfrage
Wie kann das Bewusstsein geweckt und gestärkt werden, dass auf allen Getauften und Gefirmten der Geist Gottes ruht, der sie sendet mit Freude und Dankbarkeit Gottes Ankommen zu bezeugen?   

Versuch und Irrtum
In unserem persönlichen Christsein und in unseren christlichen Gemeinden (Gemeinschaften, Gruppen) erleben wir oft, dass wir arm sind an Freude und Begeisterung im Glauben. Wir sind nicht gerade Wutchristen, die wie Wutbürger auftreten und einfordern. Ich nehme vielmehr wahr, dass wir eher still und leise unseren Lebens- und Glaubensfrust, nicht selten auch unseren Kirchenfrust – und selbstverständlich auch unseren gesellschaftlichen Frust, zum Vorwand nehmen, uns zurück zu ziehen, auszutreten, gleichgültiger zu werden oder zumindest uns innerlich abzusichern.
In der Gemeinde spiegeln sich diese Erfahrungen und Haltungen. Das führt zu lähmenden und frustrierenden Erfahrungen für Priester, Diakone und engagierten MitarbeiterInnen. Das demotiviert. Wo bleibt da der Geist Gottes, der auf mich ruht? Wo bleibt die Freude, dass die Frohe Botschaft nicht nur verkündigt, sondern auch greifbar und erfahrbar wird – für den einzelnen wie für die Gemeinde?

Lösungsangebot
Auf der Bühne des Johannes-Evangelium findet ein Verhör mit Johannes den Täufer statt. Man will von ihm wissen, wer er ist und in welchem Auftrag er handelt. Auf der Bühne unseres Lebens und unserer Welt heute werden uns diese Frage gestellt: direkt und indirekt. Wer bist du als Mensch, als ChristIn? Mit welcher Botschaft trittst du auf? Und in wessen Namen tust du dies?
Wir riskieren zu den Geist-Vergessenen zu werden, denn wie der Prophet Jesaja von sich sagt, dass der Geist Gottes auf ihn ruht, gilt das auch für uns alle, die wir getauft und gefirmt sind – und auch für viele Mitmenschen, die nicht getauft und gefirmt sind. Gottes Geist weht bekanntlich wo er will – Gott sei Dank! Ich lade Sie und mich ein, einmal kurz inne zu halten, und von sich die Aussage zu machen: „Der Geist Gottes ruht auf mir: der Herr hat mich gesalbt.“ Stellen wir uns diese zärtliche Berührung ruhig mal vor und spüren wir, wie es sich anfühlt, wenn mich jemand salbt. Das ist Nähe, Respekt und Wohlwollen drin. Dass der Geist Gottes auf mir ruht, darf ruhig mit allen Sinnen durchgespielt werden: sehen, hören, riechen, schmecken, spüren, fühlen, erleben. Dass Gott mich salbt, darf ich mir ebenso ruhig mal vorstellen: zärtlich berührt werden, heilende Salbe aufgetragen bekommen, mit einem duftendes Öl eingerieben werden. Darin drückt sich Gottes Sympathie und Wohlgefallen an mir, an uns, aus. Er sendet uns wie den Propheten Jesaja, wie Johannes den Täufer und wie jeden Geistbegabten in der Gemeinde – daran erinnert uns heute auch Paulus in seinem Brief an die Thessalonicher.

Lösungsverstärkung
Uns neu bewusst oder bewusster zu werden, dass wir als Getaufte und Gefirmte Geistträger sind, Begeisterte im wahrsten Sinne des Wortes, könnte in uns belebende, befreiende und motivierende Einsichten und Erfahrungen auslösen. Aus der freudigen und dankbaren Einsicht und Erfahrung, dass sich Gott uns, mir und anderen, persönlich und zärtlich, heilend und befreiend zuwendet, drängt sich in mir der Wunsch auf, mich anderen in gleicher Weise zuzuwenden.
Dann erlebe ich mich gesendet, den Armen eine Frohe Botschaft verkünden, jene zu heilen, deren Herz zerbrochen ist, Gefangene zu befreien und Fesseln zu lösen. Gottes heilendes und befreiendes Tun geschieht in und durch mir und anderen. Ich werde zum Zeugen für andere und zum Gesandten an andere. Glaube ist immer ein Beziehungsgeschehen zwischen Gott und mir und den anderen. Das motiviert mich, auf andere zuzugehen, mit anderen mich einzubringen, für andere die Stimme zu erheben, die überhört oder zum Schweigen gebracht werden, für jene Partei zu ergreifen, deren Würde und Rechte missachtet und aberkannt werden. In dieser Haltung wächst die Zivilcourage, die heute so notwendig ist. Das führt zu Solidarisierungen und zu neuen Formen der Nächstenliebe und der Caritas, die im persönlichen Alltag genauso wie in der christliche Gemeinde (Gemeinschaft) konkreten Ausdruck finden.  

Schluss
Johannes der Täufer weiß sich gesandt, Zeugnis zu geben und auf den Ankommenden hinzuweisen und vorzubereiten, der bereits anwesend ist. Darin ist er uns Modell. Wir sind berufen, unseren Glauben zu bezeugen, damit andere Erfahrungen machen können, die zum Glauben führen. Dazu ist es notwendig, dass wir unsere Glaubenserfahrungen mit Freude und Dankbarkeit leben und offen sind für neue. Der Advent lädt uns ein, dass wir uns unseres Getauft- und Gefirmt-Seins bewusst werden. Wir sind eingeladen, den Geist Gottes auf uns ruhen zu lassen und uns von Gott salben zu lassen für neue Erfahrungen und Einsichten. Sich darauf einzulassen, stärkt die adventliche Hoffnung, dass Gott im Ankommen und schon unter uns ist. Solche adventliche Entdeckungen lassen uns Freude und Dankbarkeit erleben, die uns zum Zeugnis geben ermutigen. Darin wächst unsere Sendung, bei der wir unsere Charismen einbringen und den Geist unter uns nicht auslöschen, sondern entfachen.

Sonia Salamon

1. Kurze Auslegung von Lk 3,10-18

Die vorliegende Perikope enthält einen Ausschnitt aus der Bußpredigt des Johannes. Im Unterschied zu Mt sind in der Bußpredigt nach Lk die Adressaten das Volk (V 7).
Die Perikope wird mit einer Frage des Volkes (V 10) eingeleitet: „Was sollen wir also tun?“. Insgesamt wird diese Frage dreimal gestellt, denn ebenso fragen in V 12 die Zöllner danach und in V 14 die Soldaten. Gleichzeitig wird diese Frage zur persönlichen Frage an den Lesenden bzw. sie kann als Aufforderung verstanden werden, eine handlungsorientierte Antwort zu finden.
Johannes weist in seinen Antworten die Fragenden nicht daraufhin, dass diese seine persönliche Lebensgestaltung teilen sollen. Vielmehr nimmt er ihre Beziehung zu den Menschen und ihre Lebenswirklichkeit in den Blick. So geht es in der ersten Antwort darum, mit den Armen und Bedürftigen (entsprechend alttestamentlicher Weisungen) zu teilen. Die Zöllner und Soldaten fordert er nicht auf, ihren Beruf aufzugeben, sondern er fordert sie auf, gesetzlich und gerecht zu handeln. Somit wird die Umkehr durch die Umkehr zu Gott und im gerechten Leben und Handeln verwirklicht.
V 15 leitet dann zur Frage über, ob Johannes nicht der Messias sei. Obwohl in den beiden vorausgehenden Kapiteln des Lukasevangeliums diese Frage bereits geklärt wurde, wird sie hier erneut thematisiert. Wahrscheinlich nimmt der Erzähler die Frage nochmals auf, weil es damals eine Gruppierung gab, die Johannes als Messias verstand. In V 16 verweist daher Johannes selbst darauf,  dass ein Stärkerer kommen wird – der Name Jesus wird nicht genannt. Es wird eine Spannung aufgebaut, obwohl für die Lesenden bereits klar ist, auf wen verwiesen wird. Erst in den kommenden Versen, welche sich auf die Taufe Jesu beziehen, erscheint dann Jesus.
Mit Johannes wird die christliche Taufe angekündigt, welche die Wassertaufe mit der Geisttaufe verbindet. Bereits die Wassertaufe des Johannes ist in der damaligen Zeit ein Novum: Wasserbäder waren nämlich vorwiegend Reinigungsbäder, die selbst und öfters vollzogen wurden. Die Wassertaufe des Johannes ist ein Zeichen der Umkehr und Vergebung der Sünden (setzt also das Sündenbekenntnis voraus). Sie wird nur einmal vollzogen und ist keine Selbsttaufe.
Der abschließende V 17 greift die alttestamentliche Gerichtssprache auf (sie ist ebenso in den vorausgehenden Versen 7-9 zu finden).

2. Zielsatz 

Den Hörerinnen und Hörern wird bewusst, dass Umkehr nicht nach abgehobenen Idealen  verlangt, sondern im konkreten menschlichen Leben ansetzt, und zwar in der Art und Weise, wie wir unsere Beziehungen zu unseren Mitmenschen gestalten.

3. Predigtgedanken

Motivation
Zwiespältig erleben viele von uns diese Vorbereitungszeit auf Weihnachten. Auf der einen Seite die Vorfreude, die vielen Bräuche und Traditionen, welche eine besondere Atmosphäre vermitteln, und gleichzeitig der bekannte Weihnachtsstress, die Gedanken daran, was noch alles zu erledigen bzw. zu besorgen wäre, Weihnachtslieder und Weihnachtsbräuche bereits jetzt in der Adventszeit, sodass vielen von uns am Weihnachtstag die Luft bereits raus ist.
Dazu haben wir heute geradezu ein Kontrastevangelium gehört, wenn wir an die Figur des Johannes des Täufers denken und uns in Erinnerung rufen, in welchen einfachen Verhältnissen und unter welchen Bedingungen Johannes der Täufer lebte.

Problemfragen
Es stellt sich die Frage, ob mit dem heutigen Evangelium uns Johannes, der Täufer, als Vorbildfigur vor Augen gestellt wird? Müssen wir also dementsprechend unser gesamtes Leben umkrempeln bzw. alles Bisherige aufgeben, um christliche Umkehr zu leben?

Versuch und Irrtum
Das Wort „Umkehr“ kann leicht zu diesem Gedankengang verleiten. Das würde also heißen, ich kehre um, schlage eine ganz andere Richtung ein und lasse alles andere hinter mir.

Lösung
Das heutige Evangelium versteht Umkehr in einem anderen Sinn. Johannes hat ja die Zuhörenden zur Umkehr aufgefordert, ihnen aufgezeigt, dass ihre Lebensweise verhindert, Gott zu begegnen. Sehr bewegt und beeindruckt von diesen wohl sicher auch harten Worten des Täufers haben die Menschen ihn gefragt: Was sollen wir tun? Johannes forderte sie aber nicht auf, alles aufzugeben und dann etwa so zu leben, wie er es tat. Sondern er setzte in der jeweiligen Lebenssituation seiner Zuhörenden an. So forderte er auf, die Beziehungen zu den Mitmenschen in den Blick zu nehmen und entsprechend moralisch zu handeln: Wer etwas hat, soll auch dem anderen etwas davon geben. Wörtlich heißt es im Evangelium: Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat. Er sagte also nicht, dass er alles - in diesem Beispiel beide Gewänder - hergeben muss, sondern einen Teil demjenigen, der keines hat. Spannend wird es noch einmal als die Zöllner dieselbe Frage stellen: Was sollen wir tun? Zöllner waren zurzeit Jesu unbeliebt, da sie die Steuern eingetrieben haben. Zudem war es wohl gang und gebe, dass Zöllner einiges in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. Und welche Antwort erhalten sie? Sie sollen nicht mehr verlangen, als festgesetzt ist. Sie werden also nicht aufgefordert, ihren Beruf aufzugeben, sondern gemäß ihrem Dienst nur das zu verlangen, was festgesetzt ist. Eine ähnliche Antwort erhalten auch die Soldaten: Sie werden auch nicht aufgefordert ihren Beruf aufzugeben, sondern niemanden zu misshandeln, niemanden zu erpressen und sich mit dem zufrieden zu geben, was sie verdienen. Johannes setzt also in der jeweiligen Lebenssituation der Menschen an und wie sie ihre Beziehung zu den Mitmenschen gestalten. Und dort setzt er die nötige Umkehr an.

Lösungsverstärkung
Die Botschaft des heutigen Evangeliums kann uns also einerseits entlasten, denn sie verbindet Umkehr nicht mit hohen Idealen, wie etwa so zu leben wie Johannes. Andererseits fordert sie uns auch heraus, unsere Beziehungen in den Blick zu nehmen: Wie gehe ich mit meinen Mitmenschen um? Diese Adventszeit lädt uns wieder ein, umzukehren. Umzukehren zu Gott durch ein gerechtes Leben und Handeln an unseren Mitmenschen.

 

Freut euch, denn Gott ist nahe.

Predigtimpuls 2021 zur Aktion "Gott ist nahe"

Reinhard Demetz

Juble, Tochter Zion! Jauchze, Israel! Freu dich und frohlocke von ganzem Herzen, Tochter Jerusalem! Der Herr, dein Gott, ist in deiner Mitte, ein Held, der Rettung bringt. Er freut sich und jubelt über dich, er schweigt in seiner Liebe, er jubelt über dich und frohlockt, wie man frohlockt an einem Festtag.
(Zef 3,14.17 = Abschnitt aus der 1. Lesung Zef 3, 14–17 (14–18a)

Botschaft (Was ich vom Wort Gottes her heute sagen möchte)

Freude ist mehr als Spaß oder „a Hetz“. Freude ist auch mehr als ein Gefühl: sie ist die dankbare und befreite Gewissheit, dass mein Leben von Gott getragen und umfangen ist. Diese Freude verändert unser Leben, macht uns zu anderen Menschen. Sie macht es uns leicht, das Gute zu tun.

Problematisierung (Fragen und Problemkreise, auf welche die Botschaft antwortet)

  •  Nach den Freudentexten der beiden Lesungen und des Psalms kommt heute im Evangelium noch einmal ein Gerichtswort des Täufers, vom „nie erlöschenden Feuer“. Wie passt das zusammen? 
  • Vorfreude geht oft mit Enttäuschung einher. Wer hohe Erwartungen hat, fällt oft nachher umso tiefer. Vielen geht es an Weihnachten so. Wir laden das Fest über allen Maßen auf mit Erwartungen, die das Leben nicht einlösen kann. Für viele wird Weihnachten darum umso mehr zu einem Moment der Krise und Verzweiflung.

Kontexte (Wo wird die Botschaft relevant?)

  • Es gibt viele Situationen, die uns die Freude am Leben nehmen. Vier davon sind im Evangelium genannt. Wenn Menschen keine Kleidung haben und frieren müssen. Wenn Menschen hungern, während andere Überfluss haben. Wenn Menschen ihre wirtschaftliche Machtposition zum Schaden anderer nutzen. Wenn Gewalt und Unterdrückung herrschen. Wir können an weitere ähnliche Situationen denken. Wenn wir die Gerichtsbotschaft des Johannes aus der Perspektive der Armen und Unterdrückten lesen, ist sie eine Hoffnungs- und Freudenbotschaft. Die Freude darüber, dass Unrecht und Unterdrückung ein Ende haben werden und dass ein Leben in Frieden und Gerechtigkeit kommen wird.
  • Freude hat mit Dankbarkeit zu tun. Wenn ich mich über den Besuch eines lieben Menschen freue, dann räume ich meine Wohnung auf, backe einen Kuchen, stelle Blumen auf den Tisch, mache mich fein. Ich mache das nicht, weil ich mir die Freundschaft erst verdienen muss, sondern weil ich die Freude auf den Besuch des lieben Menschen zum Ausdruck bringen möchte. Weil ich dankbar bin, dass er oder sie zu mir kommt. Auch im Glauben ist es so: in der Mitte steht nicht das Gebot oder die Pflicht, sondern die Freude und die Dankbarkeit.
  • Es gibt die kleinen Freuden und die große Freude. Oft machen wir den Fehler die beiden zu verwechseln. Die kleinen Freuden sind all die vergänglichen und unvollkommenen Situationen unseres Lebens. Die große Freude ist das Wissen um die Erlösung und Geborgenheit in Gott. Gerade zu Weihnachten verwechseln wir gern das eine mit dem anderen. Wir versuchen, die Sehnsucht nach der großen Freude mit den kleinen zu erfüllen. Wir enden in einem nimmersatten Kreislauf des Konsums und der Enttäuschung. Die große Freude sollte im Mittelpunkt stehen. Dass Gott diese Freude ist, schließt auch die Gewissheit ein, dass nichts anderes dieser Fülle auch nur nahe kommen kann. Die kleinen Freuden kann ich dann als Dankbares Zeichen, als Sakrament der großen Freude annehmen und feiern. Sie sind dann die Art und Weise wie ich die Vorfreude am Besuch Gottes in meiner Welt zum Ausdruck bringe. Nicht mehr – aber auch nicht weniger!

 

4. Adventsonntag

Stefan Huber

1. Kurze Auslegung von Mt 1,18-24

In der Perikope steht die Frage nach dem Ursprung Jesu Christi im Vordergrund. Damit verbunden ist nicht so sehr die Frage nach dem „Wie“ (seiner Geburt) sondern die Frage: „Wer ist Jesus?“ Nach Mt 1,23 ist „Jesus“ auch „Immanu-El“ („Gott ist mit uns“). Dieses Bekenntnis des Matthäus ist stark: Jesus, der Christus, „ist die menschliche Daseinsweise Gottes auf Erden. […] Der Glaube an ‚Gott mit uns‘ in Jesus Christus ist die theologische Leitidee des Matthäus.“ (Frankenmölle 2010, S. 23). Mit dem Hinweis auf die Zeugung aus dem Heiligen Geist legt Matthäus die Grundlage für diese Leitidee. Der Name „Jesus“ selbst enthält die Wurzel „retten“ und weist auf die Heilsfunktion Jesu für sein Volk hin („retten“ im Sinne von „befreien“, spezifiziert als Befreiung von den Sünden: v21). (Vgl. Grilli/Langner 2010, S.35) Zusammengefasst: „Jesus ist Gottes Sohn, der Nachkomme Davids, der Messias, der uns von unseren Sünden befreit.“ (Grilli/Langner 2010, S.37) Neben Maria wird auch Josef als eine Person eingeführt, die (aus der Tradition Israels kommend) für diese Botschaft offen ist.

2. Zielsatz 

Den Zuhörerinnen und Zuhöreren wird vermittelt, dass sich Gott in Jesus Christus als „Gott mit uns“ offenbart und dass er unserem Leben eine gute Wende geben möchte.

3. Predigtgedanken

Motivation
Schuld und Versagen tragen dazu bei, dass Menschen in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen, aber auch in ihrem Inneren gestört werden. In Jesus Christus zeigt sich in dichtester Weise, dass sich Gott– trotz Sünde und menschlichen Versagens – uns Menschen zuwendet („Gott ist mit uns“). Diese Zuwendung ist nicht nur etwas Äußerliches, sondern bewirkt, dass Menschen von innen heraus geheilt werden und Wandlung (im Sinne einer guten Lebenswende) erfahren.

Problemfragen
Viele Menschen leiden daran, dass – durch eigenes Versagen und durch das Versagen der Mitmenschen – in vielen Lebensbereichen (Partnerschaft, Familie, Freundeskreis, gesellschaftliches Umfeld,…) Beziehungen gestört sind und sich Formen der Gegnerschaft verhärten. Schuldverstrickung aufzubrechen ist – aus eigener Kraft – ab einem bestimmten Zeitpunkt nur mehr schwer möglich. Verhärtungen im Beziehungsumfeld wirken sich auch auf die Selbstwahrnehmung aus und lassen auch den Glauben nicht unberührt (Stichwort: „Sünde“ als Störung im zwischenmenschlichen Bereich und in der Beziehung zu Gott). Gibt es Wege, aus der Abwärtsspirale von festgefahrenen Verhaltensweisen, Feindschaft und Ablehnung auszubrechen? Welche Rolle spielt dabei Jesus Christus?

Versuch und Irrtum
Advent ist eine Zeit des Wartens auf den Erlöser, auf Jesus Christus, der „uns von unseren Sünden befreit“ (Mt 1,21). Das Warten auf den Herrn (als Grundhaltung über den Advent hinaus) sollte uns zu einem neuen Leben befreien. Oft jedoch ist die Zeit des Advent geprägt von folklorebedingter Hektik und einem „vorweihnachtlichen“ Stress: einem gefühlsbetonten Ausnahmezustand, der offene Beziehungsfragen oft mehr verdeckt als heilt. Dieser Zustand spitzt sich zu Weihnachten oft noch zu. Die Töne, die im Evangelium angeschlagen werden sind hingegen leise. Das Kommen des „Gott mit uns“ wird von hellhörigen und wachen Menschen wahrgenommen: von Maria und – in der vorliegenden Schriftstelle – von Josef.

Lösung
So wie Maria ist auch Josef keine absolute menschliche Ausnahmeerscheinung. Beide müssen sich mit der Verheißung, die auf sie zukommt, auseinandersetzen. Besonders Josef ringt auch im zwischenmenschlichen Bereich (Verlobung) um Antworten. Das Ringen um einen guten Weg wird unterstützt von der Heilszusage, die Gott gibt. So wie Josef, sind alle Gläubigen eingeladen, über ihre Beziehungen nachzudenken. Von Gott her erhalten wir (in Jesus Christus) die Zusage, dass die eigenen Sünden kein Hindernis darstellen. Diese Zusage löst zwar nicht automatisch einen positiven Mechanismus im zwischenmenschlichen Bereich aus. Sie kann aber – als tragfähiger Grund – unseren Bemühungen um ein gutes Miteinander einen wesentlichen Impuls geben.

Lösungsverstärkung
Wie verändert sich meine Beziehung zu Gott und den Mitmenschen, wenn meine Sünden in den Augen Gottes kein Hindernis mehr darstellen? Bei Josef werden aus der Verheißung des Kommens Jesu heraus die eigenen und traditionsbedingten Vorstellungen von Gerechtigkeit gesprengt. Er kann sich von seinen fixen Erwartungen an die Partnerschaft, die er mit Maria eingegangen ist, lösen und in dieser Beziehung auf etwas Neues hoffen. So wie Josef kann es auch uns möglich sein, aus der Verheißung heraus Grenzen unserer selbst- und fremdgeprägten Vorstellungen zu sprengen, und so über unseren eigenen „Schatten“ zu springen, um für neue Wege offen zu sein.

Gottfried Ugolini

1. Kurze Auslegung

  • Erste Lesung: 2Sam 7,1-5.8b-12 –   Wir Menschen brauchen Orte zum Erinnern, zum Vergegenwärtigen und als Mahnmal. Gott lässt sich weder an einen Ort binden noch für Interessen vereinnahmen. Er ist der immer anwesende und überall mitgehende, der fürsorgliche und befreiende Gott. Die Glaubenserfahrung des Volkes Israel macht deutlich, dass Gott für sein Volk Beständigkeit, Ruhe und Sicherheit gewährt
  • Zweite Lesung: Röm 16,25-27 –  Paulus preist Gott, der in Jesus Christus, sich geoffenbart hat. Das ist die Frohe Botschaft, das Evangelium, das allen Menschen gilt. Damit haben sich die Verheißungen erfüllt, die durch die Propheten angekündigt worden waren. Paulus weiß sich als Apostel, die Botschaft Jesu Christi auch den Heiden zu verkünden. Da entspricht der universalen Heilsabsicht Gottes. Von ihm geht die Kraft aus, die Frohe Botschaft allen Menschen, allen Völkern zu bringen, damit sie vom Hören zum Glauben kommen.  
  • Evangelium:  Lk 1,26-38 – Lukas gestaltet die Ankündigung der Geburt Jesu nach dem Schema alttestamentlicher Berufungen. Die Berufung Mariens erfolgt mitten in ihrer Zeit der Verlobung. Mit Josef wird die heilsgeschichtliche Linie mit dem Hause Davids verbunden. Der Engel Gabriel vermittelt die Gotteserfahrung, indem ein Dialog zwischen ihm und Maria aufgebaut wird. Typisch für die Berufungen sind der Widerstand und die Frage nach der Verwirklichung des Auftrages. Der Zuspruch erfolgt über das Wirken des Geistes Gottes. Die Berufungsszene schließt mit der Bereitschaft Mariens, sich auf das Wort des Gottesboten einzulassen.

2. Zielsatz

Die Zuhörer und Zuhörerinnen werden eingeladen, sich auf das Wort und Wirken Gottes einzulassen, damit sein Heil alle Menschen und Völker erreicht.

3. Predigtgedanken

Motivation
Wir wollen uns Worte merken, die uns angesprochen oder gar wichtige Einsichten vermittelt haben. Wir wollen mit Menschen, die uns wohl gesinnt sind und gut tun, in Kontakt bleiben. Wir wollen Orte und Räume schaffen, die uns an wichtige Erfahrungen erinnern: sie haben einen besonderen Platz nicht nur in unserem Herzen, sondern auch dort wo wir leben bzw. wohnen.
Wir haben Worte und Rituale, Zeichen und Orte, die uns an wichtige Glaubenserfahrungen erinnern und diese für uns neu erfahrbar machen. Wo wir uns auf das Wort Gottes einlassen, entsteht eine Dynamik, die unsere Vorstellungen überschreitet. Wo wir uns seinem Wirken öffnen, überrascht uns Gott mit seinen Verheißungen mitten im Alltag und über alle unsere Vorstellungen und Erwartungen hinaus.
Solche Momente können zur Berufung werden, die eine Zusage Gottes und eine Sendung beinhalten. Das kann unser Leben umkrempeln oder eine Spur in eine bestimmte Richtung deutlicher werden lassen. Das geht nicht ohne Verunsicherung und Widerstände. Er so kann eine freie und selbständige Entscheidung getroffen werden, die auch bereit ist, die Auswirkungen derselben auf sich zu nehmen.

Problemfrage
Wie können wir uns auf das Wort und Wirken Gottes öffnen, damit sich seine Heilsvorstellungen durchsetzen?

Versuch und Irrtum
Das Heil Gottes gilt allen Menschen. Diese universale Dimension wird immer wieder eingegrenzt. Damit werden Menschen ausgegrenzt. Gott lässt sich von unseren Vorstellungen und Interessen weder einengen noch vereinnahmen. Wir Christen sind laufen auch Gefahr, Gott in unseren Glaubenshäuser einzuordnen. In der Geschichte der Christen gab und gibt es Versuche, Gott festlegen und absichern. Dem ist Gott sei Dank nicht so. Gott, so in der ersten Lesung, lässt sich nicht einhausen. Er bleibt der Unbehauste, der immer anwesende und überall mitgehende, der befreiende und fürsorgliche Gott. Das durchbricht unsere theologischen Engführungen und einseitigen Beschränkungen auf bevorzugte Heilsempfänger. Unser Christsein gerät immer wieder in diese Spannung: wer gehört zur Kirche und wer nicht. Das Reich Gottes ist jedoch mehr als die Kirche. Kirche ist immer Mittel und nicht Ziel auf dem Weg der Verwirklichung der universalen Frohen Botschaft, dass sich Gott in Jesus Christus für alle geoffenbart hat. 

Lösungsangebot
Die Idee des Königs, Gott ein Haus zu bauen, ist durchwegs lobenswert. Er hat ein Haus, also soll auch Gott eines bekommen. Die Zeit der herumziehenden Nomadenhirten löst die Zeit der Siedler ab. Das Vorhaben des Königs erinnert uns nur zu sehr an unsere Haltung, nämlich das Leben und die Welt von dem aus zu beurteilen bzw. zu gestalten, was wir selbst kennen. Sicher bedeutet der Vorschlag vom Hausbau einen Fortschritt gegenüber der Zeltbehausung, in der sich die Bundeslade als Zeichen der Gegenwart Gottes befindet. Der Prophet selbst ist zunächst davon überzeugt. Doch im Hören auf das Wort Gottes kommt er zu einer tieferen Einsicht. Die Erfahrung, dass Gott mit seinem Volk mitzieht und in die Freiheit führt. Die Erfahrung, dass Gott seinem Volk einen sicheren Ort und Ruhe verschafft, sind bleibende Erfahrungen, auf die sich neue aufbauen werden. Der Prophet verkündet einen Gegenvorschlag Gottes. Gott will seinem Volk Bestand geben, in dem er im Volk selbst seinen  Sohn einsetzt. Damit wird deutlich, dass Gott die Geschichte seines Mitgehens und seines Einsatzes für das Volk fortsetzt.

Lösungsverstärkung
Manchmal fragen Kinder und Jugendliche – genauso Erwachsene – hat Gott nur in den biblischen Geschichten gewirkt? Hier wird deutlich, im Hören auf das Wort Gottes und im Offensein für sein Wirken, geht Gott seine Geschichte mit uns weiter. Die Bibelbewegung in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts hat den Zugang zur Bibel neu eröffnet. Noch nie haben Menschen so reichhaltig und vielfältig die Bibel präsentiert bekommen und noch nie haben so viele in ihr gelesen. In vielen christlichen Gemeinden auf allen Kontinenten haben sich Christen begonnen zu treffen, um die Bibel zu teilen. Daraus sind pastorale Projekte entstanden. Diese haben sowohl das Glaubensleben der einzelnen wie auch der Gemeinde nachhaltig bereichert. Auch in den Gottesdiensten fanden die Einsichten und Fragen aus dem Bibelteilen Eingang sowie in Predigtgesprächen wie in Form von Szenen und Gebeten. Selbst im Gemeindeleben entstand durch das Bibelteilen eine verstärkte biblische Haltung im Einsatz für die Ärmsten, für die Benachteiligten, für die Heimatlosen, für die Schwachen und für die vielfach Zu-Kurz-Gekommenen. Ein Vater wurde Katechet, obwohl er selbst nicht lesen kann. Er ließ sich von  seinen Kindern aus der Bibel vorlesen und nahm an den Bibelgesprächen teil. Berufung kann uns ganz unvermittelt treffen und unterschiedliche Formen annehmen. Da war vor kurzen eine Frauengruppe, die nach allgemeinen Haushaltsthemen auch auf die 10 Gebote Gottes zu sprechen kamen und auf die biblischen Geschichten. Eine Frau erzählte wie sie begonnen hat in der Bibel herumzublättern und dann einfach darin zu lesen begann. So sehr sie fasziniert blieb, erlebte sie sich auch überfordert. Mit ihren Fragen und Anmerkungen zur Bibel kam sie mit einer Religionslehrerin ins Gespräch. Diese lud sie ein, an einem Bibelkurs teilzunehmen. Heute ist sie in der Pfarrgemeinde engagiert bei der Vorbereitung der Kinder und Jugendlichen auf die Erstbeichte, Erstkommunion und Firmung. Sie hätte sich das früher nie zugetraut. Im Hören auf das Wort Gottes hat Maria ihre Berufung gefunden. Sie hätte nicht sofort ihr Ja geben können, wenn sie nicht eingebunden gewesen wäre in ihre Glaubensgemeinde, in die Erzählgemeinschaft und in die Gebetstradition ihres Volkes mit allen Ritualen und Gesetzen.  Wir können heute viel voneinander lernen, ob in der Nachbarschaft vor Ort oder näheren Umgebung oder ob im Austausch mit Menschen aus anderen Ländern und Kulturen. Das öffnet unseren Gesichtskreis und nimmt das Wirken Gottes auch dort wahr, wo wir es oft gar nicht vermuten. Unsere eingeengten Sichtweisen und Einstellungen hindern uns daran, dem Wort und dem Wirken Gottes weiten Raum zu geben – um uns herum und in uns selbst.

Schluss
Gott überbietet mit seinem Wort, dass er eingehaust wird. Erwähnenswert sei an dieser Stelle, dass dem Begriff Pfarrei die Bedeutung von Zelt zu Grunde liegt. Das heißt, die Pfarrgemeinde ist eine pilgernde Gemeinschaft geleitet vom Gott Jesu Christi und seinem Heiligen Geist, der mitten in ihr lebt und überall mit ihr mitgeht. Er ist weiterhin als der befreiende und fürsorgliche Gott wirksam für und mit uns und allen Menschen. Da werden das Hören auf seinem Wort und das Ausschauhalten nach seinem Wirken unter uns und den Menschen zu einem spannenden, adventlichen Abenteuer. Wo  uns sein Wort trifft, wo uns sein Wirken offenbar wird, ereignet sich Berufung – mitten im Alltag, sogar mitten in einem eigenen Lebensprojekt wie bei Maria: sie war mit Josef verlobt. Gott durchkreuzt oft unsere Wege, um neue Wege aufzutun, mit uns für alle sein Heil zu wirken. Gesegneten Advent!

Sonia Salamon

1. Kurze Auslegung von Lk 1,39-45

Die ersten Verse dieser Perikope (V 39-41) leiten den Lobpreis von Elisabet (V 42-45) und den Lobpreis von Maria (V 46-55) ein, wobei das Magnificat nicht Teil dieses Sonntagsevangeliums ist. Maria eilt zu Elisabet (V 39-40) und findet dort bestätigt, was ihr vom Engel Gabriel verkündigt wurde (V 36). Der folgende V 41 greift die Verheißung an Zacharias (V 15) auf: Johannes ist schon im Mutterleib mit dem Heiligen Geist erfüllt. Daher erkennt Johannes bereits im Mutterschoß die Bedeutung des Kindes, welches Maria erwartet (V 41). Somit wirkt Johannes bereits als Prophet.
Elisabet wiederum erkennt durch ihren Sohn Johannes (V41; V 44) die Bedeutung des Kindes von Maria. Der Evangelist spricht in diesem Zusammenhang davon, dass Elisabet mit Heiligen Geist erfüllt wird. Diese Geisterfülltheit drückt sich im Lobpreis von Elisabet aus (42-45). V 43 greift dabei den Titel „Herr“ (kyrios) für Jesus auf; dieses Christusbekenntnis ist das erste im Lukasevangelium. Gleichzeitig wird der Titel „Herr“ im V 45 auf Gott bezogen. Dieser abschließende Vers dieser Perikope preist Maria wegen ihrer Glaubenshaltung; dabei bezieht er sich auf V 38 (Marias Antwort auf die Verheißung Gottes). Diese Seligpreisung wird im elften Kapitel des Lukasevangeliums nochmals aufgegriffen (11,27-28), wobei Jesus hier das Hören des Wortes Gottes hervorhebt.
Es fällt auf, dass diese Perikope sehr stark im Kontext der vorausgehenden und nachfolgenden Versen steht. Sie verknüpft die beiden Kindheitsgeschichten (jene vom Johannes und jene von Jesus).

2. Zielsatz 

Die Zuhörerinnen und Zuhörer bedenken, was „Begegnung“ heißt und werden angeregt, unter diesem Aspekt das bevorstehende Weihnachtsfest in den Blick zu nehmen.

3. Predigtgedanken

Motivation
Begegnung – ein Wort, das wir öfters in den Mund nehmen, z. B. wenn wir einander erzählen, wen wir unterwegs getroffen haben. Vielleicht sind Ihnen auf dem Weg zum Gottesdienst bereits einige Menschen begegnet – bekannte Menschen, weniger bekannte Menschen oder auch unbekannte, fremde Menschen. Aber - wie sind Sie diesen Menschen begegnet? War es ein flüchtiger Gruß oder ein kurzes Gespräch?

Problemfragen
Es stellt sich die grundsätzliche Frage, was wir überhaupt unter „Begegnung“ verstehen und wann wir von einer wirklichen Begegnung sprechen können.

Versuch und Irrtum
Wenn wir im Wörterbuch nachschlagen, dann können wir eine Erklärung finden wie: „Begegnung ist der verringerte Abstand zwischen zwei Subjekten.“ Das kann nun alles oder nichts heißen, denn begegne ich einem Menschen wirklich, wenn ich statt 10 m nur mehr 1 m vor ihm stehe?

Lösung
Im heutigen Evangelium haben wir von der Begegnung zwischen zwei Frauen gehört – der Begegnung zwischen Maria und Elisabet. Maria hat sich auf den Weg gemacht, um Elisabet zu begegnen. Sie hat sich über das Gewohnte und Vertraute hinaus getraut, hat sich auf dem Weg gemacht und sie fand bestätigt, was ihr verheißen wurde: Elisabet erwartete ein Kind. Begegnung hat also etwas zu tun mit „Initiative ergreifen“ und „Aufeinander-zu-Gehen“, und Begegnung hat auch damit zu tun, dass ich mich auf etwas „Neues“, auf etwas, was ich nicht voraussehen kann, einlasse und somit „offen“ dafür bin.
Elisabet wiederum erfährt in dieser Begegnung, wer Maria ist: Die Mutter ihres Herrn. Sie erfährt es durch ihr Kind, das – so das Evangelium – in ihrem Leib vor Freude hüpft. Es ist ein sehr starker Ausdruck des Evangelisten Lukas für das, was sich in dieser Begegnung ereignet. Denn im Grunde findet hier noch eine weitere Begegnung statt und sie wird auch hervorgehoben: Die Begegnung zwischen Johannes und Jesus. Und es ist der Prophet Johannes, der auf Jesus und auf die Bedeutung dieser Begegnung hinweist. Begegnung hat demnach auch etwas mit Erkennen und An-Erkennen zu tun: Ich erkenne das Besondere, die Größe des anderen. Ich nehme den anderen in seiner Persönlichkeit wahr und ich erkenne den anderen in seiner Größe an.
Um die Anerkennung eines Größeren geht es wohl auch dem Evangelisten Lukas, wenn er von dieser Begegnung erzählt: Es ist Gott, der dem Menschen begegnet – ganz konkret erfahrbar in Jesus Christus - er geht auf die Menschen zu. Maria und Elisabet, welche im Grunde bereits auf wundersame Weise Gott begegnet sind, werden in ihrer Begegnung im Glauben gestärkt, indem sie durch ihre Begegnung - durch den Austausch ihrer Erfahrungen - ihren Glauben vertiefen. Diese Erfahrung drückt sich im Lobpreis von Elisabet aus, den wir im heutigen Evangelium gehört haben. Nicht gehört haben wir heute hingegen den Lobpreis von Maria, der in der Bibel gleich nach dem heutigen Evangelium zu finden ist. Dieser Lobpreis, den wir auch als „Magnificat“ kennen, drückt in ganz besonderer Weise die Erfahrung und Zuversicht aus, dass Gott sich den Menschen zuwendet.

Lösungsverstärkung

Unser Glaube an Gott hat also etwas mit Begegnung zu tun: Die Begegnung mit Gott, welche in der Begegnung mit Menschen erfahrbar und vertieft wird. In den kommenden Tagen feiern wir Weihnachten – das Fest, an dem wir feiern, dass Gott uns in einem konkreten Menschen begegnet ist, in Jesus Christus. Wir feiern, dass Gott uns auch heute begegnet – begegnen kann, wenn wir dafür offen sind. Daher ist es auch gut, dass wir nicht alleine Weihnachten feiern, sondern in Begegnung mit anderen. Kann uns durch diese Begegnungen auch Gott begegnen? Kann durch unsere Begegnungen Gott erfahrbar werden? - Sind wir dafür bereit?

 

Nichts ist zu klein, denn Gott ist nahe.

Predigtimpuls 2021 zur Aktion "Gott ist nahe"

Reinhard Demetz

Als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?
(Lk 1,41-45 = Abschnitt aus dem Evangelium Lk 1,39-45)

Botschaft (Was ich vom Wort Gottes her heute sagen möchte)

Für Gott ist nichts zu klein. Im Gegenteil: wer Gott sehen möchte, muss auf die Kleinen, die Unscheinbaren, die Ausgestoßenen, die Randfiguren der Gesellschaft schauen. Gott fordert uns heraus, unsere Träume und Vorstellungen von Größe zu hinterfragen.

Problematisierung (Fragen und Problemkreise, auf welche die Botschaft antwortet)

  • Die Erzählung des Besuchs von Maria bei ihrer Cousine Elisabeth verführt uns zu einem vorschnellen, verklärenden Blick. Wir haben hier zwei Grenzsituationen der Mutterschaft vor uns. Maria, vor der Ehe schon schwanger, Elisabeth, die eigentliche Zeit der Fruchtbarkeit schon überschritten. Maria und Elisabeth sind zwei Figuren am Rand, nicht aus der Mitte.
  • Gott im Kleinen finden: diese Gedankenlinie birgt auch ein paar Fallstricke. Sind die Großen, Starken, Mächtigen per so schon von Gottes Barmherzigkeit und Zuwendung ausgeschlossen? Wir hier das Ressentiment der Schwachen gegen die Starken genährt? Kann ich mich allein schon deshalb überlegen fühlen, weil ich klein und schwach bin?

Kontexte (Wo wird die Botschaft relevant?)

  • Wer bin ich, dass die Mutter des Herrn zu mir kommt? Elisabeth spricht ein Thema an, das viele von uns kennen. Ich kenne die Abgründe meiner Seele, meine Schwächen und Fehler. Kann Gott so mit mir was anfangen? Kann ich so unter seine Augen treten? Das Magnifikat bietet eine schöne Antwort an: „auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut“. Gott kommt im Kleinen und er kommt für die Kleinen. Dass es in mir viel Kleines und Kleinliches gibt, ist kein Hindernis für ihm, im Gegenteil: genau zu mir und genau für mich, so wie ich bin möchte Gott kommen, in mir Fleisch und Blut annehmen.
  • Gott der Allmächtige, der Schöpfer des Himmels und der Erde, der Vollkommene, der Erhabene. All dies sind richtige und wichtige Bezeichnungen Gottes, die viel Wahres über ihn aussagen. Seine wahre Größe zeigt sich allerdings darin, wie er sich in all seiner Größe hinabbeugt und sich im Kleinen finden lässt. Gott ist uns in den kleinen Dingen, vor allem in den kleinen Menschen nahe. Er möchte, dass wir es leicht haben, ihn zu finden, ihm zu begegnen. Er fängt klein an, damit wir etwas mit ihm anfangen können.

Gott im Kleinen – was bedeutet das für die Großen? Eine der Kernaussagen der Bibel ist das Heiligkeitsgesetz: seid heilig, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig. (Lv 19,2) Übersetzt zu unserer Frage: wendet euch den Kleinen zu, wie ich euer Gott mich den Kleinen zuwende. Den Kleinen, Armen, Schwachen ist die Nähe Gottes zugesagt – das ist die Frohbotschaft, aber nicht die Moral! Wenn ich heilig sein will, wie Gott, dann wende ich mich den Armen, Schwachen, den Kleinen zu und bin für sie da – das ist die Moral! Hier gibt es keinen Unterschied von Arm oder Reich. Gott fordert uns alle heraus, den dankbaren Blick nach oben, zu ihm, zu wenden und den gütigen, helfenden Blick nach unten, zu den Kleinen zu wenden. Dann können wir ihn finden, dann wird Weihnachten.