Zum Hauptinhalt springen

Weihnachtszeit

Weihnachten

Markus Moling

1. Kurze Auslegung von Lk 2,1-14

Der Evangelist Lukas beschreibt die Geburt Jesu und stellt diese mit dem Verweis auf den Kaiser Augustus in einen weltgeschichtlichen Zusammenhang. Das zentrale Anliegen des Textes ist somit nicht einfach eine platte historische Wiedergabe der Fakten, sondern eine theologische Aussage. Der römische Kaiser Augustus „wurde nicht nur als Politiker, sondern als eine theologische Gestalt gesehen.“ (Ratzinger 2012, 70) Das Evangelium drückt aus: „Der eigentliche Kaiser des Reiches regiert nicht in Rom, sondern wird in der Davidsstadt in Bethlehem geboren.“ (Dormeyer 2011, 33). Christus ist der eigentliche Friedensbringer, mit ihm beginnt ein neues Zeitalter der Weltgeschichte.
Lukas schildert, dass Maria ihren Sohn in eine Krippe liegt. „Von Geburt an gehört Jesus nicht dem Bereich dessen zu, was weltlich wichtig und mächtig ist.“ (Ratzinger 2012, 76)
Die Hirten werden die ersten Zeugen des Neugeborenen. „Wie der junge David hüten sie mit abwechselnden Nachtwachen ihre Herden.“ (Dormeyer 2011, 33) Nach Ratzinger vertreten sie die Armen Israels. Ihnen verkünden die Engel die Geburt Jesu. Im Mittelpunkt der himmlischen Botschaft steht die Herrlichkeit Gottes und der Frieden auf Erden.

2. Zielsatz 

Ich möchte die Hörerinnen und Hörer auf die theologische Botschaft des Weihnachtsfestes hinweisen: Mit der Geburt Jesu bricht eine neue Heilszeit an. Die ersten Menschen, die dabei in den Blick genommen werden sind die Armen.

3. Predigtgedanken

Motivation
Wo sich Menschen auf Jesus einlassen, können sie auch heute noch die Herrlichkeit Gottes verkünden und sich für den Frieden einsetzen.

Problemfragen
Erfasse ich die theologische Dimension des Weihnachtsfestes?

Versuch und Irrtum
Es besteht die Gefahr, die theologische Tiefe des Weihnachtsfestes zu verkennen und den Text rein historisch zu betrachten.

Lösung
Der Evangelist Lukas sieht in der Gestalt Jesu eine Kontrastfigur zum römischen Kaiser. Friede und Heil in dieser Welt können dauerhaft nur von Gott her gestiftet werden, nicht aber von politischen Kräften. Das Evangelium von der Geburt Jesu sieht in den Armen, die ersten und grundlegenden Adressaten der Nähe Gottes.

 

Reinhard Demetz

"Lass dich überraschen, denn Gott ist da"
Predigtimpuls 2021 zur Aktion "Gott ist nahe"

Der Engel sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. 
(Lk 2,10-12 = Abschnitt aus dem Evangelium Lk 2,1-14)

Botschaft

Weihnachten ist eine einzige Überraschung. Es ist kein Fest des „immer gleichen“, sondern das Fest des überraschend Neuen. Wir sind eingeladen offen zu sein für Neue, Unbekannte und Ungewöhnliche. Lassen wir uns aus der Spur werfen!

Problematisierung

  • Kaum ein Fest ist so mit Traditionen und Emotionen aufgeladen wie Weihnachten. Das ist auch gut so. Aber oft sehen wir vor lauter Traditionen die Eigentliche Botschaft des Festes nicht mehr.
  • Die Traditionen und Mythen des Weihnachtsfestes lassen oft kaum Platz für andere Menschen, denen es nicht so gut geht oder die einfach nicht zu unserem engen familiären Kreis gehören.

Kontexte

Ein Blick auf die Krippe: werden unsere beschaulichen Krippen dem Geschehen gerecht, das sie darstellen möchten? Ruhig und besinnlich, voller heimeligem Frieden und nachbarschaftlicher Wärme kommen unsere Krippen daher. Aufgeladen mit tirolerischen Heimatgefühlen und Almhüttenromantik oder mit bunten Fantasien orientalischen Lebens. In der Weihnachtsgeschichte lesen wir was anderes: Da sind Maria und Josef, die nach einem Gewaltmarsch von mehreren Tagen ihren Sohn in einen Futtertrog legen. Da sind Engel: sie wecken die Hirten mitten in der Nacht und schicken sie nach Betlehem. Da ist der Stern: er holt die Sterndeuter von weit her, um den Hof des Herodes in Aufruhr zu bringen. Und dann, wieder ein Traumengel: er verschickt die Sterndeuter klammheimlich und lässt Josef mitten in der Nacht die Wöchnerin samt Kind auf einen Esel packen und bis nach Ägypten ziehen. Und da ist Herodes: er plant und begeht einen Massenmord. Das Kind in der Krippe, es sorgt für Aufregung. Von wegen Stille Nacht! Gott der Mensch wird, bringt nicht Ruhe und Geborgenheit, nein er ist ungemütlich, er will uns aufwecken aus unseren gemütlichen Traumwelten und heimeligen Stuben. Gott, der Mensch wird, er will gefunden werden. Er will, dass wir aufbrechen, und uns auf die Suche machen. Und er hat uns auch angewiesen, wo wir dabei fündig werden: in den Armen und Schwachen, in den Kranken und einsamen Menschen. Denn, so sagt er, was du dem geringsten meiner Brüder getan hast, das hast du mir getan. Was wir dann finden wird – überraschend – anders sein!

Maria Theresia Ploner

Vorab: Verständnishilfen zu den Geburts- bzw. Kindheitserzählungen der Evangelien (Lk und Mt)

  1. Die Geburtsgeschichten der Antike und somit auch der Bibel wollen nicht einfach historische Geburtsumstände wiedergeben, sondern die gesellschaftspolitische, kulturelle oder religiöse Bedeutung der betreffenden Personen – die unter Umständen auch mythische Personen sein können – zum Ausdruck bringen.
  2. Dafür standen den Schriftstellern erzähltypische Motive und geprägte Erzählformen zur Verfügung, deren Aussageabsicht für die damaligen Rezipienten aufgrund ihrer Gattungskompetenz klar war (anders als für uns heute). Beispiele solcher typischer Erzählformen und -motive sind: „Die Gefährdung und Rettung des Königskindes“, wundersame Zeichen, Himmelserscheinung, Unfruchtbarkeit-Fruchtbarkeit, Jungfrau, göttliches Einwirken usw.
  3. Diese Bedeutungszuschreibung erfolgt immer im Modus des Rückblicks, einer „Vordatierung“.
  4. Die Geburtserzählungen der Evangelien wollen in Bezug auf Jesus seine Bedeutung im Hinblick auf den Gottesglauben Israels und der Urgemeinde zum Ausdruck bringen (= Aussageabsicht!)
  5. Für die Kindheitserzählungen der Evangelien sind dabei u.a. die Geburtserzählungen der Schriften Israels normgebend (Gattungsmuster). Der zweite wesentliche Auslegungshorizont besonders der lukanischen Geburtserzählung ist der hellenistisch-römische Kulturbereich, der Vorstellungen, Sprache und Wortschatz von Lk 2 wesentlich mitgeprägt hat. Diese hellenistisch-römischen Obertöne – insbesondere jene des des „Goldenen Zeitalters“ – müssen unbedingt mit berücksichtigt werden.
  6. Den Kindheitserzählungen ist durchwegs eine politische Dimension zuzuerkennen. Zudem ist auch die basileia-Botschaft keine a-politische Botschaft. Letztendlich trieb die Christusgemeinde folgende Frage um: Wen trauen wir letztlich die Leben und Heil fördernde Weltgestaltungskompetenz (=Herrschaft) zu, dem römischen Kaiser oder dem Gott Israels, der uns in Christos Jesus sein Regierungsprogramm vorgestellt hat?
  7. Die Geburtserzählungen sind demnach insgesamt das Ergebnis einer länger andauernden „theologischen Sinnbildungsleistung“ (Udo Schnelle), der sich die Jesusgemeinden in nachösterlicher Zeit gestellt haben. (Siehe c)
  8. Den historischen Gehalt der Kindheitsgeschichten konstituieren also nicht die Geburtsumstände Jesu selbst, sondern das Jesusgeschehen in seiner Gesamtheit, die Erfahrung der Jünger mit diesem Jesus von Nazaret, die für sie schließlich die entscheidende Gotteserfahrung wurde.
  9. Indem Lk und Matthäus die Kindheitsgeschichte gleichzeitig als Prolog ihrer Jesusgeschichte verstehen, bekommen diese Abschnitte auch den Charakter eines Prinzipiums, eines Basisbekenntnisses (Brille), auf dessen Grundlage die folgende theologische Jesusgeschichte zu lesen ist.
  10. Eine Hauptintention dieses Prologs ist das Bekenntnis zum Gott Israels (Theologie der Kindheitsgeschichten!). Er ist daher folgerichtig der eigentliche „Hauptakteur“ der Kindheitsgeschichten. Dies kommt in der lukanischen Geburtserzählung vor allem durch die lyrischen Teile (NT-Psalmen) zum Ausdruck.
  11. Dass das Jesusgeschehen als Gottesgeschehen wahrgenommen wird, kommt auch in den sogenannten Hoheitstiteln zum Ausdruck, mit welchen Jesus versehen wird: Christos, Sohn des Höchsten, Kyrios, Retter, Immanuel (Matthäus). Sie sind letztlich theologische Kurzbekenntnisse, die dann auch natürlich christologische Funktion haben.
  12. Das Figurenensemble der Geburtserzählung rund um Jesus erfüllt gleich mehrere Funktionen: Es sind Figuren, die im Dienste der Deutung des Jesusgeschehens stehen (Zacharias, Maria, Simeon, Hanna, Engel, Engelheer) oder die als Glaubenstypen (Identitätsfiguren) den Leserinnen vor Augen gestellt werden (Maria, Hirten).
  13. Diese Figuren, auch wenn sie nach konkreten historischen Personen benannt sind (z.B. Maria, Josef, Jesus) stehen also im Dienste der Erzähldramatik und vor allem im Dienste der theologischen Aussageabsicht.
  14. Das Element der Gefährdung und Bedrohung (Matthäus >Herodes) oder der Konkurrenz (Augustus, Quirinius, Herodes) gehört zum einen zur Erzählform des „Bedrohten und geretteten Königskindes“ (MtEv), ist zum anderen aber auch eine „Vordatierung“ (Prolepse = Vorwegnahme) des Konfliktes Jesu mit den religiösen und politischen Führern bzw. des Todesgeschicks Jesu.
  15. Der Plot, der Geschehensablauf, spiegelt ebenso nicht einen historischen Geschehensablauf wider, sondern eine theologische Dramatik. (Der betlehemitische Kindermord ist ein Erzählmotiv nicht ein historisches Faktum!)
  16. Dieser theologischen Funktion untergeordnet sind schließlich auch geographische und chronologische Daten (Betlehem als Geburtsort des Messias, reichsweiter Zensus, Quirinius usw.).
  17. Die Doppelvita des lukanischen Prologs steht darüber hinaus im Dienste der Klärung des Verhältnisses von Täufergruppe und der Jesusgemeinde im Hinblick auf die Messianität ihrer Führungsfiguren. Die Jesusgemeinde klärt dieses Verhältnis zu ihren Gunsten und bekennt sich zu Jesus als dem Christos. Dem Täufer wird schließlich die Funktion des Wegbereiters zuerkannt.

1. Kurze Auslegung von Lk 2,15-20

Lk 2,15-20 ist Teil der Texteinheit Lk 2,1-20, die auf der Erzählebene die Geburt des Messias Jesus zum Thema hat.
Kontext: Unmittelbar voraus geht unserem Leseabschnitt die Szene des Engels und seiner Botschaft für die Hirten (VV. 8-12) sowie der Szene von den Engelscharen, die das Gloria anstimmen (V. 13f.). Während im römischen Reich die Soldatenheerscharen ihren Herrscher und obersten Feldherrn in Form von Evangelia (Frohbotschaften) kürten, sind es hier Heerscharen von Engeln, die Gott Ehre erweisen und so seine Weltgestaltungskompetenz anerkennen. Die Hirten ist vom Evangelisten die Rolle als Ohren- und Augenzeugen zugedacht. In unserem Textabschnitt sind sie dann auch die zentralen Figuren.
Zum Verständnishorizont: Freilich denken wir bei der Erwähnung der Hirten an die Salbung des Hirten Davids zum König in Betlehem (1 Sam 16). Diese messianische Aura, nunmehr bezogen auf den Gesalbten Jesus, ist hier sicher auch mitzudenken. Doch ist die Lk 2,1-20 insgesamt zudem gesättigt von den Vorstellungen des „Goldenen Zeitalters“, das Ausdruck einer zeitgenössischen römischen Heilssehnsucht war. Um die Jahrtausendwende glaubte man diese Goldene (Heils-)Zeit mit Kaiser Augustus angebrochen. Bildhaften Ausdruck fand sie u.a. in den Dichtungen von Vergil, Horaz, Seneca und Calpurnius. Das Motivreservoir umfasste neben Heil, Fruchtbarkeit, Frieden, Gerechtigkeit auch die Hirten. Diese werden bei Calpurnius sogar zu den Findern eines göttlichen Liedes, das von der goldenen Heilszeit kündet: „Selber hat uns der Gott diese Verse zu singen gegeben;diese wollen wir künden, auf runder Flöte sie spielen!“
V. 16: Mit derselben Eile, die auch den Gang Marias zu Elisabet kennzeichnet, machen sich die Hirten nach Betlehem auf. Gemäß der Ankündigung finden sie den Säugling in der Krippe liegend vor. Erkennungs- und Herrschaftszeichen des Kindes sind „Krippe und Windeln“! Das ist die „Weihnachtspolitik“ (Stefan Schreiber), für die das Lukasevangelium Propaganda macht, die Werbetrommel rührt.
V. 17f.: Die Hirtenfiguren stehen ganz im Dienste der Deutung des Jesusgeschehens. Sie sind somit letztlich das Sprachrohr der Jesusgemeinden, die in Jesus die rettende Zuwendung Gottes erfahren haben und ihn daher als den Retter und Messias bekennen können. Die Erzählebene spiegelt diesen nachösterlichen Nachdenkprozess wieder und will kein historisches Geschehensprotokoll sein! Dass diese Bedeutungszuschreibung im Hinblick auf Jesus – die auf der Erzählebene durch die Hirten vermittelt wird – letztlich eine Glaubenseinsicht (Offenbarung) ist, darauf verweist auch das entsprechende biblische Signalwort „Staunen“ (thaumazo).
V. 19: Die „Kamera“ schwenkt nun auf Maria. Sie wird in der lukanischen Geburtserzählung u.a. ebenfalls als Glaubenstypus eingesetzt. Sie ist diejenige, die offen ist für das Wort Gottes, welches sie in ihrem Herzen (im Hebräischen Denken dem Sitz des Verstandes) regelrecht hin und her wirft bzw. zusammenwirft (symballo). Diese Funktion als Vorbild bestätigt auch Lk 11,27f.: „27 Es geschah aber, als er dieses sagte, sprach eine Frau aus der Volksmenge, erhebend (ihre) Stimme, zu ihm: Selig der Leib, der dich trug und (die) Brüste, an denen du sogst. 28 Er aber sprach: Vielmehr selig die Hörenden das Wort Gottes und (es) Bewahrenden.“ Es geht im Hinblick auf Maria um die Hörbereitschaft auf das Wort Gottes, die es einzunehmen gilt, und nicht um eine biologisch begründete Auszeichnung ihrer Person.
V. 20: Die Reaktion der Hirten (verherrlichend und lobend Gott/doxazontes kai ainountes zon theon) bildet mit der Reaktion des Zenturio beim Kreuz Jesu eine Rahmung (Inklusion) des gesamten Lebens Jesu. Vgl. Lk 23,47: Sehend aber der Hauptmann das Geschehene, verherrlichte er Gott (edoxazen ton theon), sagend: Wirklich, dieser Mensch war ein Gerechter! Damit wird die Jesuserfahrung in voller Gänze als ein Heilshandeln Gottes ausgewiesen. Dies wird auch an den vielen Heilungserzählungen im Lukasevangelium (und in der Apg) deutlich, wenn nach einer erfolgten Heilung nicht Jesus selbst, sondern Gott gepriesen wird. Angesichts dessen sollte uns die Gottvergessenheit unseres christlichen Redens ein wenig zu denken geben.

2. Zielsatz

Die christliche Gemeinde soll anhand des Beispiels der Hirten Betlehems ermutigt werden zu einer vertieften und kritischen Auseinandersetzung mit dem überkommenen Glauben.

3. Predigtgedanke

Transeamus usque Bethlehem…“/„Lasst uns nach Betlehem ziehen…“ In diese Selbstaufforderung der Hirten klinken wir uns selbst jedes Jahr ein, wenn wir Weihnachten feiern. Mit dem Geburtsfest unseres Herrn Jesus Christus ergeht die Aufforderung an uns, aufzubrechen und uns persönlich von der Tragfähigkeit (Wahrheit/Bewährtheit) des christlichen Glaubens zu überzeugen.

Problemfrage
Doch was, wenn sich niemand mehr aufrafft, wenn die christliche Botschaft von der heilsamen Zuwendung Gottes niemanden mehr „hinter den Ofen hervorlockt“?
Die österreichische Dichterin Christine Busta hat dieses Szenario im 20. Jahrhundert recht ironisch im Gedicht „Krippensermon für unsere Zeit“ zum Ausdruck gebracht. Es heißt dort:

Behängt nur die Ställe mit Flitter!
Die Wahrheit ist glanzlos:
Fauliges Stroh, ein Brettertrog, tränendurchfeuchtet,
Ochs und Esel würden ihr Futter
daraus verschmähn.

Wachsam sitzen die Hirten am Grill,
es brutzelt die Nacht vom Geflügel.
Herodes kaut einen Zimtstern,
die Weisen sehn fern und schicken
Whisky nach Betlehem.

Geflügelbraten, Weihnachtskeks und Fernsehen haben – nach den Worten der Dichterin –dem Kind in der Krippe, sprich der Weihnachtsbotschaft, schon längst die Show gestohlen. Die Hirten ziehen das schmackhafte Weihnachtsessen dem eigentlichen Festanlass vor, ja sie brechen nicht einmal mehr nach Betlehem auf, die Weisen tun es ihnen nach. Nicht einmal Herodes sieht in ihm einen ernsthaften Konkurrenten.
Und wie ist es im 21. Jahrhundert? Seit Anfang November lullen Marketinggesellschaften und Werbeagenturen die Menschen in eine stimmungsvolle Kaufatmosphäre ein. Bisweilen waren manche doch auch in diesen Tagen etwas empfänglicher für das Religiöse. Nach Weihnachten wird dann aber dieser Weihnachtsglaube schnell wie all die unnützen Geschenke mit etwas Passenderem umgetauscht.
Aber, ist es nicht doch zu einfach nur der Wirtschaft allein den Schwarzen Peter unserer Glaubensmisere zuzuschieben?

Lösung
Von konkurrierenden „Heilsangeboten“ materieller und geistiger Art sahen sich eigentlich auch die frühen Jesusgemeinden umgeben. Und trotzdem gelang es ihnen, Menschen in Bewegung zu versetzen, herauszureißen aus ihren herkömmlichen Lebensgewohnheiten und Einstellungen. So wollen auch wir uns gegenseitig als Glaubende in Bewegung versetzen:

  •  „Lasst uns nach Betlehem ziehen!“, das kann bedeuten: auch mit einer „glanzlosen Wahrheit“ rechnen! Gottes Heil ist nicht am Zimtgeschmack, sondern am Stallgeruch erkennbar, nämlich dann, wenn wir Flüchtlinge Obdach und Heimat zu geben, wenn wir Gescheiterte zu einem Neubeginn motivieren, wenn wir Belasteten Momente der Befreiung schenken können…
  •  „Lasst uns nach Betlehem ziehen!“, das kann bedeuten: Abseits vom weihnachtlichen Glitterkram unsere wahren Sehnsüchte ehrlich zur Sprache zu bringen, in der Partnerschaft, in der Familie, am Arbeitsplatz.
  • Lasst uns nach Betlehem ziehen!“ das kann bedeuten: dem Glauben bewusst mehr Raum geben, sich den Fragen des Lebens zu stellen und den Glauben als Lebenshilfe zu trauen.

Wir Christen sind mit unserer Lebenshaltung und unserem Lebenszeugnis die Werbetrommel der Neuen Welt Gottes schlechthin, von der die Weihnachtsbotschaft kündet. Wir treten – im Bild des Evangelisten gesprochen – das Erbe der Hirten Betlehems an um das Gottesgerücht zu verbreiten. An uns selbst liegt es, ob sich heute das Hoffnungswort des Propheten Sacharja realisiert: „In jenen Tagen werden zehn Männer aus Völkern aller Sprachen einen Mann aus Juda an seinem Gewand fassen, ihn festhalten und sagen: Wir wollen mit euch gehen; denn wir haben gehört: Gott ist mit euch.“

Markus Moling

1. Kurze Auslegung von Joh 1,1-18

Der zentrale Ausdruck des Prologs ist das Wort „logos“ („Wort“ ). Der Prolog des Johannesevangeliums greift vermutlich einen Hymnus an den Logos auf und knüpft dabei an die alttestamentliche Wort- und Weisheitsvorstellungen an. Die Weisheit ist vor der geschaffenen Welt (vgl. Spr. 8,22ff. u. Weish 7,22ff.). Die Weisheit oder das Wort wird zur Erde gesandt (vgl. Weish 18,14-26; Ps 107,20; 147,15-18), um die Geheimnisse des göttlichen Willens zu offenbaren und kehrt wieder zurück, wenn diese Sendung erfüllt ist (vgl. Jes 55,10-11 u. Spr 8,22-36). Die Weisheit und das Wort haben eine schöpferische Rolle. (Gen 1,3-6; Jes 40,8-26; 44,24-28). In den Elementen Präexistenz, Schöpfung und Sendung sind bereits die wesentlichen Themen des Prologs angesprochen.
Der Prolog lässt sich nach Schnackenburg in folgende drei Teile gliedern: a) VV 1-5: das präexistente Sein des Logos; b) VV 6-13: das Kommen des Logos zur Menschenwelt und seine Ablehnung in der Menschenwelt; c) VV 14-16 bzw. 18: das Ereignis der Inkarnation und seine Heilsbedeutung für die Glaubenden. 

  • Der Logos existiert im Anfang, d.h. in Gott selber und ist damit ewig und ungeschaffen, vor aller Schöpfung. Der Logos lebt in inniger Gemeinschaft mit Gott. Diese innige Verbundenheit prägt das Verhältnis zwischen dem Sohn und dem Vater im gesamten Evangelium. (vgl. schon 1,18: am Herzen oder an der Brust des Vaters ruhen). Der Logos selbst ist Gott. Während durch den Logos selbst alles geworden ist, spielt er für den Menschen noch eine weitere, wichtige Rolle. Dies drückt sich Begriffspaar „Licht – Leben“ aus. Das Leben ist dabei Grundlage für das Licht. Dieses Licht leuchtet den Menschen, es erfüllt sie mit Sinn und wird durch die Finsternis nicht erfasst. Damit wird bereits übergeleitet zum nächsten Abschnitt.
  • Das Kommen des Logos in die Menschenwelt wird durch das Zeugnis Johannes des Täufers in die konkrete Geschichte verankert. Nun leuchtet das wahre und echte Licht den Menschen in der Welt und in die Geschichte hinein. Der Logos, der in die Welt kommt, erfährt aber gerade dort Ablehnung. Die Welt erkennt ihn nicht und nimmt ihn nicht auf. Dies scheint fast schon paradox (V 11: er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf). Neben der Ablehnung erfährt der Logos auch Annahme. Denen, die ihn annehmen, verleiht er die Gotteskindschaft.
  • Nun erreicht der Prolog seinen Höhepunkt. Der Logos ist Fleisch geworden (V 14). Der Ausdruck „Fleisch“  kann einerseits die besondere menschliche Seinsweise bezeichnen, andererseits aber auch für die gesamte irdische Wirklichkeit stehen. Vorher war der Logos ganz in der Herrlichkeit des Vaters, jetzt übernimmt er die Niedrigkeit der menschlichen Existenz. Vorher war er bei Gott, jetzt schlägt er sein Zelt bei den Menschen auf (Schnackenburg). Die Fleischwerdung hat ein Ziel: Der Logos will den Menschen, das göttliche Leben offenbaren und bringen.

2. Zielsatz

Ich möchte die Gemeinde daran erinnern, dass uns die Gemeinschaft mit Gott, die uns Jesus ermöglicht, aufrichtet und erfüllt leben lässt.  

3. Predigtgedanken

Motivation
Als Fest der Familie und der Gemeinschaft ist Weihnachten für viele Menschen ein sehr beliebtes und ersehntes Fest im Jahreskreis. Allerdings werden diese Tage auch durch viele andere Elemente unserer Konsumwelt überfrachtet, die uns auch wegführen können vom eigentlichen Kern des Weihnachtsfestes, der Geburt Jesu Christi. Weihnachtsmärkte, Lichterketten und Geschenke nehmen einen wichtigen Platz in unserer Welt ein und sind ein Versuch, die Sehnsucht des Menschen durch eine Scheinwelt zu stillen.

Problemfrage
Warum feiern wir eigentlich Weihnachten?

Versuch und Irrtum
Weihnachten kann auch auf das Fest der heimeligen Gefühle reduziert werden. Dadurch wird der christlichen Botschaft ihre Spitze genommen und einzelne Bräuche und Elemente der Weihnachtszeit verlieren ihren Sinn, der sich eigentlich nur im Blick auf die Geburt Christi erschließen lässt.

Lösung
Die Geburt Jesu Christi ist der eigentliche Kern des Weihnachtsfestes. Anhand von 4 Ausdrücken, die uns im Johannesevangelium begegnen wird deutlich, warum wir Weihnachten feiern: Wort, Fleisch, Licht, Leben.

  • Johannes bezeichnet Christus als das Wort Gottes. Wörter dienen zur Kommunikation. Durch Christus will Gott mit uns kommunizieren, in Verbindung treten, sich mitteilen. Er möchte uns durch ihn sagen, wie sehr er uns liebt. Durch seinen Lebensweg zeigt er uns auf, wie wir ein Leben führen können, das uns mit ihm verbindet. Wir feiern Weihnachten, weil wir dankbar sind, dass Gott uns in Jesus begegnet und zu uns spricht.
  • Johannes sagt, dass das Wort Fleisch geworden ist. Damit meint Johannes, dass Gott Mensch geworden ist, dass er uns als Menschen und unsere Lebenswelt ganz angenommen hat. Weil uns Gott annimmt, können auch wir uns selbst und die Mitmenschen annehmen. Wir feiern Weihnachten, weil Gott uns und unsere Welt in Jesus annimmt.
  • Johannes sagt, dass in diesem Wort Leben ist. Wir alle sehnen uns danach lebendige Menschen zu sein, wir sehnen uns nach Tiefe und Freude im Leben. Johannes sagt, wenn wir uns auf Gott einlassen, der uns in Jesus begegnet, dann erfährt unser Leben Tiefe und Freude. Wir feiern die Geburt Christi, weil wir uns über Christus freuen, der uns Leben in Fülle schenken will.
  • Und Johannes sagt schließlich, dass dieses Leben Licht ist für die Menschen. Licht schenkt Orientierung in der Dunkelheit, Licht wärmt und alles Lebendige braucht Licht, um zu leben. In Jesus schenkt uns Gott Orientierung, er schenkt uns die Wärme seiner Nähe und richtet uns auf. Wir feiern Weihnachten, weil uns Gott in Jesus Orientierung in den Lebensfragen und Schwierigkeiten gibt.

Fest der Heiligen Familie

Markus Moling

1. Kurze Auslegung von Mt 2, 13-15. 19-23

Dieser Abschnitt ist Teil der Kindheitsgeschichte im Matthäusevangelium und befasst sich mit der Rettung des messianischen Kindes aus den Händen des Herodes. Die Kindheitsgeschichte hebt sich bezüglich ihres Inhalts und ihrer Anlage vom übrigen Evangelium ab (Gnilka). Ähnlich wie das gesamte Evangelium, versucht auch die Kindheitsgeschichte Christus-Botschaft zu sein.
Nach Gnilka verfolgt die Kindheitsgeschichte das Ziel, dass „Christus, sein Weg, sein Heil und Gericht verstanden werden.“
Es wird deutlich: Der Plan Gottes kann auch durch die Ziele des Herodes nicht zerstört werden. Indem die Heilige Familie nach Ägypten flieht, nimmt Jesus das Los des Volkes Israel auf sich.

2. Zielsatz

Ich möchte die Gemeinde darauf hinweisen, dass es auch in unserer Gesellschaft Flüchtlinge und Vertriebene gibt, deren Schicksal sich in der Flucht nach Ägypten spiegelt.

3. Predigtgedanken

Motivation
Das Flüchtlingsdrama hat Europa im Laufe der letzten Monate immer wieder erschüttert. Papst Franziskus selbst hat die Insel Lampedusa besucht, um auf die Problematik aufmerksam zu machen.

Problemfrage
Was hat die Flucht aus Bethlehem mit den Flüchtlingen der Gegenwart zu tun?

Versuch und Irrtum
Irrtum: Die Erzählung der Flucht der Heiligen Familie ist nur im Kontext der damaligen Zeit zu sehen und hat keine Botschaft für das Heute.

Lösung
Es ist bezeichnend, dass Matthäus schon bald nach der Geburt von der Bedrohung durch Herodes und der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten berichtet. Damals wie heute hängen Flucht und Gewalt eng miteinander zusammen. Wo Gewalt und Krieg menschliches Leben nicht mehr ermöglichen, erweist sich die Flucht als Versuch, vor dieser Bedrohung zu fliehen.
Ein weiterer Zusammenhang besteht zwischen Flucht und Armut. Die heilige Familie gehört zu den armen Menschen der damaligen Zeit. Armut ist auch heute noch ein Grund, weshalb viele Menschen anderswo eine bessere Zukunft suchen.
Flüchtlinge können nur überleben, wenn sie auch Aufnahme finden. Das biblische Ägypten scheint der Heiligen Familie diese Möglichkeit zu bieten. Maria, Josef und das Kind kehren nach dem Tod Herodes wieder zurück.
Der biblische Text weist darauf hin, dass Gott den Flüchtenden besonders nahe ist, dass sie im besonders am Herzen liegen. Dies gilt es auch für das Heute zu bedenken.
Die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten erinnert uns daran, in den Flüchtlingen der heutigen Zeit, das Antlitz Christi zu erkennen. Armut und Gewalt sollten dort gelindert und verhindert werden, wo sie vorkommen. Aufnahme aber kann nur in unseren Ländern geschehen.

Maria Theresia Ploner

1. Kurze Auslegung von Lk 2,22-40 [39-40]

V. 22-24: Einleitung: Der Aufenthalt der Familie Jesu im Tempel ist als Begegnungsgeschichte konzipiert. Typisch für Lukas ist, dass er zwei Menschen unterschiedlichen Geschlechts auftreten lässt, Simon und Hanna. Die Einleitungweist einige Unstimmigkeiten auf (ausführlich auch unter: www.perikopen.de):

  • Obwohl nach Lev 12 nur die Mutter nach einer Geburt als unrein gilt, ist im griechischen Text von „ihrer“ (Plural) Reinigung die Rede (Mutter und Kind?).
  • Tauben sind als Opfertiere bei der Auslösung der Erstgeburt nicht belegt, wohl aber beim Reinigungsopfer.
  • Der Gang zum Tempel ist in beiden Fällen eigentlich nicht Pflicht.

Es geht dem Evangelistenwohl darum, die Eltern Jesu (! vgl. V. 33) als gesetzesfromme Juden auszuweisen und die folgende Begegnungsgeschichte im Tempel zu verorten, um insgesamt den theologischen Charakter der erzählten Jesusgeschichte zu betonen und die Jesusgeschichte in die Geschichte Israels zu verankern.

V. 25-35: Begegnung mit Simeon: Simeon („Gott hat gehört“) wird als eine fromme („gerecht und gottesfürchtig“) Gestalt gezeichnet, er ist der für Israel auf Gott Hoffende. Wie Johannes wird Jesusmittels eines Lobgesangs näher charakterisiert wird. „Gewährsmann“ dieses Gotteslobes ist wiederum der Heilige Geist.Dieser hat Simeon schon in den Tempel geführt. In der nachösterlichen Reflexion der Jesusgemeinde wird das Jesusgeschehen als innergeschichtliche Gotteserfahrung wahrgenommen und in alttestamentlicher Manier mittels des Glaubenssymbols „Geist“ zum Ausdruck gebracht.
Simeon bezeichnet Gottin seinem Lied als despotes (Herr bzw. Besitzer eines Knechtes). Dieser Beziehungsbegriff aus der ökonomischen Welt wird auf das Verhältnis Mensch – Gott angewendet. Die existentielle Bestimmung, das Dienstverhältnis des Simeon (Wartender/Knecht zu sein) hat nun in den letzten Tagen seines Lebens Erfüllung (in Frieden) gefunden. Begründet wird dies mit der Sichtbarkeit des Gottesheils, des Leben ermöglichenden Tun Gottes. Wahrnehmende dieses,in Jesus den Menschen neu aufgegangenen,Heils Gottessind alle Völker (V. 30), doch sind sie darüber hinaus auch dessen Nutznießer (V. 32). Das Lied enthält Motive (Licht; Glanz/Herrlichkeit)aus Deuterojesaja (Jes 42,6; 49,6; 46,13 usw.). Das VolkIsrael selbst inkarniert ohnehin mit seinem Dasein die „Herrlichkeit“ Gottes. Dies gilt auch für Jesus, einem Sohn Israels, der in den Armen Simeons nunmehr sichtbarer Ausdruck des universalen Heils Gottes ist (Missionserfahrung den Jesusgemeinden).
Das Wort Simeons an Maria wirkt schließlich wie eine störende Dissonanz in dieser harmonischen Tempelszene und ist als eine – durch erzähldramatische Gründe motivierte– Anspielung auf die Leidensgeschichte Jesu zu bewerten.

V. 35-38: Auftritt der Hanna: Das Bild der Prophetin und Witwe Hanna wird in sehr idealistischen Farben „gemalen“. Sie zeichnet unablässiges Fasten und Beten aus, ist praktisch im Tempel zuhause. Hanna ist diejenige, die Gott überall dort zur Sprache bringt, wo Menschen Befreiung/Erlösungersehnen und nötig haben. „Erlösung“ meint das – auf der Basis der Grunderfahrungen Israels (Exodus aus Ägypten und aus Babylon) legitime – Rechnen mit einer Heilszuwendung Gottes in jeglicher Not.Diese Gewissheit ist den Jüngergemeindenim Jesusgeschehen neuaufgegangen. Die Tempelszene steht ganz klar im Zeichen der Deutung des Jesusgeschehens im Hinblick auf den Gottesglauben Israels.

V. 39f. Rückkehr- und Wachstumsnotiz: Der Tempelaufenthalt der Familie Jesu wird als Erfüllung des Gesetzes ausgewiesen, dem die Rückkehr nach Nazaret folgt. Ähnlich wie in 1,80 im Hinblick auf Johannes thematisiert der Erzähler das Wachsen Jesu, dem aber zusätzlich die Fülle der Weisheit und Gnade zukommt.

2. Zielsatz

Die Gemeinde soll am Beispiel der Erzählfiguren Simeon und Hanna den Glauben an das Leben ermöglichende Tun Gottes trauen lernen.

3. Predigtgedanke

Motivation
Immer wieder ist in unserer Gesellschaft von „Hoffnungsträgern“ die Rede, im Bereich der Politik der Wissenschaft oder des Sports. Man meint damit aber eigentlich Menschen, die die Hoffnungen anderer erfüllen, wohl weniger diese mit sich herumtragen. Ganz anders das Lukasevangelium: Es präsentiert uns in der heutigen Schriftlesung mit Simon und Hanna zwei Hoffnungsträger im wahrsten Sinne des Wortes. Denn diese beiden Erzählfiguren tragen Tag für Tag die Hoffnungen und Heilssehnsüchte Israels in den Tempel und damit vor Gott. Darüber hinaus hat ihnen der Evangelist Lukas auch die Rolle der Heilszeugen zugedacht. Sie verkörpern mit ihrer Heilsgewissheit zum einen die Botschaft der Schriften Israels vom heilschenkenden Gott, zum anderen verkörpern sie die Jüngergemeinde, welche gerade im Jesusgeschehen das Leben ermöglichende Tun Gottesbesonders erspürte.Diese Gewissheit bringen Simeon und Hanna stellvertretend in ihrem Gotteslobzum Ausdruck und sind so eben Hoffnungsträger und Zeugen des Heils Gottes.

Problemfrage
Inwieweit gelingt es aber unsselbst Hoffnungsträger und Zeugen des Heiles Gottes zu sein? Inwieweit sind in unserem Leben Spuren der Heilszuwendung Gottes erkennbar?

Lösung

  • Wir sind Hoffnungsträger, wenn wir ein wachsames Gespür für die Situationen und Formen geminderten Lebens haben.
  • Wir sind Hoffnungsträger, wenn wir die Heilssehnsüchte der Menschen in unseren Gottesdiensten und Gebeten zur Sprache zu bringen.
  • Wir sind Hoffnungsträger, wenn wir die Trauer der Menschen vor Gott bringen, die dies selbst in ihrer Verzweiflung nicht mehr tun können.
  • Wir sind Zeugen der Heilszuwendung Gottes, wenn wir uns gegenseitig von Lebensmomenten erzählen können, in denen wir uns von Gott besonders getragen wussten.
  • Wir sind Zeugen der Heilszuwendung Gottes, wenn Menschen durch uns in ihrem Zutrauen gestärkt werden, wenn wir sie aus ihren Entfremdungen zu befreien vermögen.

Die christliche Weihnachtsbotschaft zielt darauf ab, dass der Heilswille Gottes in uns Fleisch werde und so in Gesellschaft und Kirche leibhaftig und konkret erfahrbar bleibt. Die Familie kann dabei der erste Ort sein, an dem das Leben ermöglichende Tun eingeübt werden kann.

P. Urban Stillhard OSB

1. Kurze Auslegung von Lk 2,41-52

Jesus war als Zwölfjähriger an der Stufe zum jungen Erwachsenen und hatte deshalb an der Wallfahrt nach Jerusalem teilzunehmen. Die Erwachsenen und die jungen Menschen gingen den Fußweg von Nazaret nach Jerusalem (135 km) in getrennten Gruppen. Deshalb werden Maria und Josef relativ spät auf sein Fehlen aufmerksam. 
Die Eltern finden Jesus im Tempelbezirk und er sitzt zwischen den Schriftgelehrten in der Säulenhalle. Er diskutiert mit den Schriftgelehrten, fragt nach und gibt Antworten auf die Fragen, die man an ihn stellt. Er zeigt sich als geisterfüllter Weisheitsträger. Die Eltern erschrecken über die ehrenvolle Position ihres Sohnes, nehmen aber dazu nicht Stellung. Maria spricht Jesus an und macht ihm Vorwürfe, während Josef, der im Text als Vater angesprochen wird, sich nicht äußert. Der Konflikt zwischen Auftrag Jesu und seiner Familie wird hier ein erstes Mal angesprochen.
Wir können die ausgestandene Angst der Eltern nachempfinden, kennen sie vielleicht aus eigener Erfahrung. Auch der herausfordernde Ton des jungen Jesus dürfte uns nicht unbekannt sein und gehört zu jungen Menschen, die beginnen, eigene Wege und eigene Entscheidungen zu treffen. Es gelingt jedoch den Eltern Jesu, ihn wieder in den Schoß der Familie zurückzuholen und er war ihnen fortan „untertan“.

2. Zielsatz

Konflikte gehören zum Leben, man kann ihnen kaum ausweichen. Das Evangelium lehrt uns, Konflikte anzusprechen und nach Lösungen zu suchen.

3. Predigtgedanken

Motivation
Oft kann man hören, dass Tiere viel dankbarer seien als Menschen und dass sie vor allem keine Falschheit kennen. Man werde von Tieren nie enttäuscht. Das mag stimmen. Und es ist nichts gegen den kleinen Pudel, den Kanarienvogel oder die Katze einzuwenden. Gerade bei einsamen Leben können sie tolle Weggefährten sein.
Allerdings ist auch einzuwenden, dass die Liebe zu Tieren viel einfacher und unproblematischer ist. Es ist auch einfach, ein kleines Kind zu lieben, das unsere Nähe und unseren Schutz sucht. Für junge Verliebte ist die Liebe etwas Selbstverständliches und sich im Zustand des Verliebtseins gern zu haben, ist keine Kunst.

Problemeingrenzung 
Doch bei der christlichen Liebe geht es nicht nur um Gefühl, sondern bei der christlichen Liebe geht es auch noch um die Dimension des Übernatürlichen. Eine Liebe, die nur auf dem Gefühl beruht, wird immer etwas Vergängliches sein und läuft Gefahr, zu verblassen.
Ehe und Familie können Quelle von großem Glück sein, sie können aber auch zur Hölle auf Erden werden. Wenn sich die Situation so zuspitzt, dass jedes Wort nur mehr Aggression hervorruft und eine hässliche Szene die andere jagt, dann ist es sehr schwer, den ursprünglichen Zustand der Liebe wieder herzustellen. Viele schaffen es dann nicht mehr und finden nur in der Trennung die einzige Lösung.

Lösungsansatz
Es gilt also für Beziehungen schon frühzeitig ein Fundament zu legen, das tragfähig ist. Und es gibt sicher viele Stützpfeiler eines guten gemeinsamen Lebens. Einer dieser Stützpfeiler kann das Wort des Evangelisten sein, das wir im heutigen Evangeliumstext hören: Jesus zog hinab nach Nazareth und war seinen Eltern untertan.
Konsens suchen, das Gespräch nicht abbrechen lassen, Geduld miteinander haben, das liegt für mich in diesem Satz des Evangelisten. Paulus unterstützt diese Haltung noch für gemeinsames Leben indem auch er fordert: „Ertragt einander“ und „Ziehet Geduld an!“ (Kol 3,12). Ich weiß, es ist nicht leicht. Aber Christus kann uns die Kraft dazu schenken. Und das Evangelium von heute lehrt mich, dass wir nicht beim Konflikt stehen bleiben dürfen, sondern dass wir frühzeitig nach Lösungen suchen müssen, die für beide Parteien gut gehen.
Jesus und seine Eltern scheinen es geschafft zu haben. Das sollte uns Mut geben.

 

Reinhard Demetz

"Alles ist anders, denn Gott ist da"
Predigtimpuls 2021 zur Aktion "Gott ist nahe"

Als sie ihn nicht fanden, kehrten sie nach Jerusalem zurück und suchten nach ihm. Da geschah es, nach drei Tagen fanden sie ihn im Tempel; er saß mitten unter den Lehrern, hörte ihnen zu und stellte Fragen. Alle, die ihn hörten, waren erstaunt über sein Verständnis und über seine Antworten. Als seine Eltern ihn sahen, waren sie voll Staunen und seine Mutter sagte zu ihm: Kind, warum hast du uns das angetan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht. Da sagte er zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört? Doch sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen gesagt hatte.
(Lk 2, 45-50 = Abschnitt aus dem Evangelium Lk 2,41-52)

Botschaft:

Gott bringt unsere Welt durcheinander. Vieles von dem, wie wir uns in der Welt eingerichtet haben, entspricht so nicht dem Plan Gottes. Junge Menschen haben ein feines Gespür dafür und machen uns oft recht unsanft darauf aufmerksam. Wenn Gott wirklich da ist, dann merken wir es daran, dass unser Alltag durcheinander kommt und auf die Probe gestellt wird.

Problematisierung:

  • Warum macht die Liturgie innerhalb von zwei Tagen einen Sprung von 12 Jahren? Wir feiern gerade Weihnachten, die Geburt Jesu, und statt in Windeln stellt ihn uns die Liturgie heute als rebellischen Pubertierenden vor. Es ist eine Herausforderung, nicht in einer vordergründigen Verniedlichung des „Christkindl“ stecken zu bleiben. Das Kind in der Krippe ist schon der, der er werden wird!  
  • Was können wir heute mit diesem Jesus anfangen, mit diesem „göttlichen Kind“, das schon mit 12 Jahren in göttlicher Allwissenheit dahinschwebt? Taugt er als Vorbild für uns, die wir im Fragment leben?

Kontexte:

  • Es ist eine typische Pubertätsgeschichte: die Schwierigkeiten mit den Eltern sind Teil eines Abnabelungsprozesses des heranwachsenden Menschen, der auf diesem Weg seinen Ort in der Gesellschaft und in der Welt findet. Das Unverständnis der Eltern korreliert mit dem wachsenden Ansehen nach außen. Junge Menschen brauchen den Widerstand gegen die Eltern, um sich selbst zu finden und zu messen. Dass es auch Maria und Josef mit Jesus nicht anders gegangen ist, kann uns ein Stück weit Ruhe und Gelassenheit mit den eigenen Kindern (bzw. mit den eigenen Eltern!) schenken. Fast in jeder Familie durchkreuzen Kinder Pläne ihrer Eltern bzw. der ganzen Familie, werden nicht verstanden – aber gerade in dieser Auseinandersetzung können die Familienmitglieder sich näher kommen und aneinander wachsen.
  • Ein gängiges Vorurteil lautet, dass sich junge Menschen eher vom Glauben entfernen. Das Vorurteil ist so alt wie falsch. Junge Menschen haben einfach ein sensibles Ohr für hohle Formeln und leere Riten. Ihr kritischer Blick macht sie nicht weniger religiös, sondern umgekehrt: sie zeigen uns auf, dass Glaube weniger eine Form des Besitzens sondern vielmehr eine Form des Suchens ist. Wer glaubt, besitzt nicht die Wahrheit, sondern erlebt sich von ihr herausgefordert: heraus-gefordert, die eigenen Gewissheiten zurückzulassen und sich auf die Suche nach der Wahrheit zu machen.
  • Die Schriftgelehrten im Tempel sind ein schönes Vorbild für unsere Kirche heute. Anstatt den jungen Jesus zu belehren oder zu belächeln, nehmen sie ihn ernst und sind bereit, von einem (fast noch) Kind zu lernen. Finden wir das heute in unserer Kirche? Lehrer, Priester, Eltern, Onkel, Tanten, Bischöfe, die bereit sind, ihre Gewissheiten von Jugendlichen hinterfragen zu lassen und über die Weisheit der Jugend zu staunen?

Was wäre heute ein Pendant zu Jesus im Tempel? Vielleicht wären es die jungen Leute von „Fridays for future“ – Greta und ihre Truppe sprechen an, was heute in der Welt schiefläuft. Sie weisen die Welt der Erwachsenen auf ihre Verantwortung hin. Was sie fordern, hat seinen Platz mitten im Evangelium: Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung, Verantwortung füreinander und für die kommenden Generationen. Wie Jesus im Tempel die Dinge gehörig aufwirbelt, so sollten auch wir uns heute in Frage stellen lassen: Gott möchte, dass die Dinge anders werden: gerechter, ökologischer, friedlicher, verantwortlicher. Auch Jesus im Tempel hätte das so unterschrieben!

 

Hochfest der Gottesmutter Maria (Neujahr)

Markus Moling

1. Kurze Auslegung von Lk 2,16-21

Der Text stammt aus der Kindheitsgeschichte des Lukas und stellt wie bei Matthäus eine eigene literarische Gattung dar. Dargestellt wird der Besuch der Hirten an der Krippe des neugeborenen Kindes. Die Krippe ist Ausdruck für die armen Verhältnisse in denen sich das Kind befindet. Die Hirten selbst genießen in der damaligen Gesellschaft ein niederes Ansehen und werden zu den ersten Verkündern der Frohbotschaft Jesu (Dormeyer). Von Maria wird berichtet, dass sie alles in ihrem Herzen bewahrt.
Die Perikope endet mit der kurzen Erzählung (im Gegensatz zur langen Erzählung bei Johannes) von Beschneidung und Namensgebung Jesu.

2. Zielsatz

Ich möchte die Gemeinde daran erinnern, dass man wertvolle und schöne Momente des Lebens, im Herzen wie einen Schatz bewahren kann.

3. Predigtgedanken

Motivation
Wir leben in einer hektischen Zeit. Vieles läuft sehr schnell. Gerade deshalb tut es gut, inne zu halten und wie Maria Dinge im Herzen zu bewahren und dankbar nachzudenken. Dies gibt eine neue Lebensqualität.

Problemfrage
Wie kann ich bewusster, tiefer leben?

Versuch und Irrtum
Irrtum: Indem ich möglichst viel tue und Gespräche, Ruhe und Stille als Zeitverschwendung sehe.

Lösung
Maria wird uns als Vorbild eines denkenden und bewahrenden Menschen vorgestellt. Sie erfährt die Begegnung und das Gespräch mit den Hirten als etwas, worüber sie nachdenkt und als etwas, das sie in ihrem Herzen bewahrt.
Begegnungen mit anderen Menschen und Gespräche sind wertvoll. Sie können uns berühren und zum Geschenk werden. Es kommt darauf an, wie wir sie gestalten, wie wir den Mitmenschen begegnen und ob wir Zeit für sie haben. Das Bewahren und Nachdenken bringt aber auch zum Ausdruck, dass Maria nach dem Gespräch Stille und Schweigen gesucht hat, um für das Gute zu danken und es in das Innere aufzunehmen.

Zweiter Sonntag nach Weihnachten

Markus Moling

1. Kurze Auslegung von Joh 1,1-18

Der zentrale Ausdruck des Prologs ist das Wort „logos“ („Wort“ ). Der Prolog des Johannesevangeliums greift vermutlich einen Hymnus an den Logos auf und knüpft dabei an die alttestamentliche Wort- und Weisheitsvorstellungen an. Die Weisheit ist vor der geschaffenen Welt (vgl. Spr. 8,22ff. u. Weish 7,22ff.). Die Weisheit oder das Wort wird zur Erde gesandt (vgl. Weish 18,14-26; Ps 107,20; 147,15-18), um die Geheimnisse des göttlichen Willens zu offenbaren und kehrt wieder zurück, wenn diese Sendung erfüllt ist (vgl. Jes 55,10-11 u. Spr 8,22-36). Die Weisheit und das Wort haben eine schöpferische Rolle. (Gen 1,3-6; Jes 40,8-26; 44,24-28). In den Elementen Präexistenz, Schöpfung und Sendung sind bereits die wesentlichen Themen des Prologs angesprochen.
Der Prolog lässt sich nach Schnackenburg in folgende drei Teile gliedern: a) VV 1-5: das präexistente Sein des Logos; b) VV 6-13: das Kommen des Logos zur Menschenwelt und seine Ablehnung in der Menschenwelt; c) VV 14-16 bzw. 18: das Ereignis der Inkarnation und seine Heilsbedeutung für die Glaubenden. 

  • Der Logos existiert im Anfang, d.h. in Gott selber und ist damit ewig und ungeschaffen, vor aller Schöpfung. Der Logos lebt in inniger Gemeinschaft mit Gott. Diese innige Verbundenheit prägt das Verhältnis zwischen dem Sohn und dem Vater im gesamten Evangelium. (vgl. schon 1,18: am Herzen oder an der Brust des Vaters ruhen). Der Logos selbst ist Gott. Während durch den Logos selbst alles geworden ist, spielt er für den Menschen noch eine weitere, wichtige Rolle. Dies drückt sich Begriffspaar „Licht – Leben“ aus. Das Leben ist dabei Grundlage für das Licht. Dieses Licht leuchtet den Menschen, es erfüllt sie mit Sinn und wird durch die Finsternis nicht erfasst. Damit wird bereits übergeleitet zum nächsten Abschnitt.
  • Das Kommen des Logos in die Menschenwelt wird durch das Zeugnis Johannes des Täufers in die konkrete Geschichte verankert. Nun leuchtet das wahre und echte Licht den Menschen in der Welt und in die Geschichte hinein. Der Logos, der in die Welt kommt, erfährt aber gerade dort Ablehnung. Die Welt erkennt ihn nicht und nimmt ihn nicht auf. Dies scheint fast schon paradox (V 11: er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf). Neben der Ablehnung erfährt der Logos auch Annahme. Denen, die ihn annehmen, verleiht er die Gotteskindschaft.
  • Nun erreicht der Prolog seinen Höhepunkt. Der Logos ist Fleisch geworden (V 14). Der Ausdruck „Fleisch“  kann einerseits die besondere menschliche Seinsweise bezeichnen, andererseits aber auch für die gesamte irdische Wirklichkeit stehen. Vorher war der Logos ganz in der Herrlichkeit des Vaters, jetzt übernimmt der die Niedrigkeit der menschlichen Existenz. Vorher war er bei Gott, jetzt schlägt er sein Zelt bei den Menschen auf (Schnackenburg). Die Fleischwerdung hat ein Ziel: Der Logos will den Menschen, das göttliche Leben offenbaren und bringen.

2. Zielsatz

Ich möchte die Gemeinde daran erinnern, dass wir aufgerufen sind wie Johannes der Täufer Zeugen für die Gegenwart Gottes in der Welt zu sein .

3. Predigtgedanken

Motivation
Als Christen geben wir durch unser Leben Zeugnis über die Gegenwart Gottes. Dadurch haben wir eine große Verantwortung. Wir können durch unseren Lebensstil diese Gegenwart erhellen, aber auch verdunkeln.

Problemfrage
Wie kann ich mit diesen Elementen umgehen, damit sie mir nicht den Blick auf den Kern des Weihnachtsfestes versperren und ich heute erkennen kann, dass das Wort Fleisch geworden ist?

Versuch und Irrtum
Der Evangelist Johannes stellt uns Johannes den Täufer als großen Zeugen für die Gegenwart des Wortes vor. Dieser Zeuge bezeugt das Licht und ist nicht selber Licht. Die Gefahr besteht darin, dass einzelne Menschen oder auch die Kirche selbst, den Eindruck erwecken, sie seien das Licht selbst und nicht bloß Zeuge oder Träger des Lichtes.

Lösung
Der Evangelist Johannes verweist auf die Gestalt des Täufers, der von Gott als Zeuge für das Licht gesandt wird. Auch wir sind aufgerufen, Zeugen für das Licht zu sein. Wir bezeugen das Licht durch unser Leben und ermöglichen den Menschen dadurch einen Zugang zum Fleisch gewordenen Gott, der auch in unserem Leben Fleisch werden will. Wie Johannes der Täufer können nicht wir den Glauben der Mitmenschen machen oder erzwingen, sondern nur bezeugen. Dieses Zeugnis lebt aus dem Selbstverständnis nicht selbst Licht zu sein, sondern aus dem Licht zu leben, bzw. vom Licht beschienen zu werden.
​​​​​​​Tröstlich ist die Aussage, dass die Finsternis das Licht nicht erfasst. Auch die Grenzen und das Versagen der Menschen innerhalb der Kirche können Gottes Gegenwart nicht auslöschen.

Erscheinung des Herrn

Arnold Stiglmair

1. Kurze Auslegung von Mt 2,1-12

Die Erzählung knüpft locker an das Vorausgehende an, wo Jesus als der „Christus/Messias“ in den Plan Gottes, wie er in der Geschichte Israels offenbar geworden ist, hineingestellt ist.   Der Text zerfällt deutlich in zwei Szenen – im griechischen markiert durch „siehe da kamen Sterndeuter…“ (V. 1) und und siehe der Stern, den sie…“( V. 9): V1-8 und 9-12. Zusammengehalten werden die beiden Teile durch das Stichwort huldigen/niederwerfen (V.2.8.11). Nach M. Stowasser beginnt der Text mit einer „öffentlichen“ Szene, die im politischen Jerusalem sich abspielt (V. 1-7), die sich fortsetzt in einer „privaten“ Szene zwischen Herodes und den Weisen (V. 8-9); diese geht über in eine „familiäre“ Szene (V. 10-12) im Haus von Betlehem; das Stichwort huldigen/niederwerfen bindet auch diese drei Szenen zusammen. Die der Erzählung zugrunde liegenden biblischen Texte Mi 5,1; 2 Sam 5,2; Num 24,17 (eine Stelle, die in den Qumrantexten (1 QM 11,6; CD 7,19 messianisch gedeutet wird); Ps 72,10f und Jes 60,6 bestimmen die „königliche“ Aura, die den ganzen Abschnitt beherrscht: Wo ist der neugeborene König der Juden?(V.2) … wo der Messias geboren werden solle (V.4); … denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, der Hirt meines Volkes Israel (V.6). Ein königliches Motiv ist der Stern, der über dem Bild verschiedener Herrschers auf Münzen zu sehen ist, und der auch von Num 24,17 her mit dem Aufstehen eines Herrschenden aus Jakob/Israel verbunden wird. Auf den „König/Christus“ verweist neben dem Verb huldigen/niederwerfen (proskynein) auch das Ensemble der Geschenke (Ps 72,10; Jes 60,6:Gold - Weihrauch; Hld 3,6: Myrrhe - Weihrauch).
Die entscheidende Aussage der Erzählung wird bestimmt durch die Opposition der entscheidenden Personen- bzw. Personengruppen im Hinblick auf  das Verhalten dem „neugeborenen König der Juden/Messias“ gegenüber: Die Weisen aus dem Osten suchen ihn, fallen huldigend vor ihm nieder – Herodes / Jerusalem erschrecken. Die Schriftkenntnis ändert daran auch nichts, sie dient letztlich der Verfolgung des „Messiaskönigs“. Natürlich zeichnet sich für den Verfasser des Evangeliums hier die Ablehnung Jesu durch Jerusalem ab, während die Heiden ihm huldigen. Im Hintergrund steht die Erfahrung der matthäischen Gemeinde, die sich in der Opposition zum jüdischen Mutterboden sieht und diesen Gegensatz auch hineinträgt in die Darstellung des Evangeliums. Wir müssen uns heute sehr hüten, dass wir nicht in eine antijudaistische Sprechweise verfallen. Es geht um die Verarbeitung des Erstaunens darüber, dass in der Größe „Volk Gottes“ es eintreffen kann, dass man trotz der Botschaft der Schrift am Eigentlichen vorbeigeht. Dabei muss „Volk Gottes“ – wenn wir das Evangelium als unsere Hl. Schrift lesen - auch im Hinblick auf die Kirche gesehen werden. „Das Haus (von Betlehem) ist der Ort der Proskynese, erhält also … seine Bedeutung vor allem durch die Präsenz des neugeborenen Königs der Juden. Diese Herrschaft wird anhand von Geschenken konstatiert und anerkannt. Der Zion der Schriften Israels wird somit zu einer personal vermittelten Realität!“ (M. Th. Ploner).

2. Zielsatz

Ich möchte meinen Zuhörerinnen und Zuhörern mit der Botschaft Mut machen: Menschen von überall her machen sich auf den Weg nach „Betlehem“ und anerkennen „Jesus“ als den „Herrscher“, der andere Herrschaften in ihrer Bedeutung für unser Leben in Frage stellt.

3. Predigtgedanken

Motivation
Die Auszugsbewegung aus unserer Kirche macht vielen Einzelnen von uns zu schaffen und lässt in verschiedenen Gemeinden ein steigendes Minderwertigkeitsgefühl entstehen. So fragen sich dann auch viele in unseren Gemeinden:

Problemfrage
Hat es überhaupt noch Sinn, sich für das Leben in der christlichen Gemeinde zu engagieren, ja überhaupt Christ zu sein?

Lösung
1) Damit muss sich die christliche Gemeinde nicht das erste Mal auseinanderzusetzen. Die Gemeinde, für die der Evangelist Matthäus seine große Jesuskatechese schrieb, hatte mit ähnlichen Problemen zu ringen. Die eigenen jüdischen Mitglaubenden verweigerten nicht nur die Anerkennung Jesu als Messias und schlossen sich also nicht mehr den Gemeinden Jesu an, sie verfolgten diese Gemeinden sogar als irrgläubig und häretisch. Damit standen diese Gemeinden völlig isoliert vom jüdischen Mutterboden da und bekamen es auch mit Ängsten zu tun, ob ihr Weg wohl einen Sinn habe. Im weiten Umfeld des römischen Weltreichs mit seiner zum Teil faszinierenden religiösen Selbstdarstellung und mit den prächtigen großen Staatszeremonien verlor diese Gemeinde den Mut und ließ sie an sich selber zweifeln.
Doch der große Katechet Matthäus öffnet seinen Mitchristinnen und Mitchristen den Blick: Diese Christengemeinden, die sich aus dem jüdischen Glauben, als Gemeinschaften um Jesus zusammengefunden haben, sollen wissen: viele, die nicht aus dem Judentum kommen, haben sich im Glauben an Gottes Zuwendung in Jesus aus Nazaret zusammengeschlossen. So erzählt er ihnen die Geschichte, dass Weise aus dem Osten, die nicht die Führung durch die Schriften Israels haben, den Weg nach Betlehem gefunden haben. Viele Menschen außerhalb Israels sind in diesen „Sterndeutern aus dem Osten“ dargestellt; sie fanden in Jesus aus Nazaret den Menschen, dessen Leben in einzigartiger Weise das „Ich-glaube-an-Gott“ als die sinnvolle Art und Weise mit dem Leben umzugehen deutlich macht. Freilich offenbart sich dieser Gott in Jesus gerade nicht als der, der gegenwärtig ist, wo große Herrscher auftreten, mit militärischen Posen sich als die „Heilbringer“ anbieten, sondern dessen Stern aufgeht, wo Menschen im Füreinander und im Einsatz für eine Gerechtigkeit, die leben lässt, das Heil für die Welt und für den Menschen sehen. Nicht der Palast des Herodes und mithin auch nicht die Paläste der Mächtigen erweisen sich als der Ort, wo der Gott Israels seine Gegenwart manifestiert, sondern das Haus in Betlehem mit dem Kind; darüber steht der Stern, den die Herrscher auf Münzen über ihrem Bildnis darstellen.
2) So möchte der Evangelist auch den Christen von Heute und den Gemeinden von Heute den Blick öffnen für die Vielen in aller Welt, die sich aufmachen, um nach „Bethlehem“ zu gehen, weil sie in der Lebensweise Jesu das einzig sinnvolle Lebensmuster finden, an dem die Welt und das Leben gesunden kann. Wenn wir nicht mehr nur uns selber wahrnehmen, sondern die Gemeinden in aller Welt – am heutigen Tag ist auch „Weltmission“ ein wichtiges Thema – dann können wir Mut fassen und unsere Aufgabe in unserer eigenen Umgebung wieder neu entdecken.
Der Stern, der auch uns nach Betlehem führt, leuchtet also auch heute und fällt nicht den Energiesparmaßnahmen zum Opfer!

 

Markus Moling

1. Kurze Auslegung von Mt 2,1-12

Diese Perikope besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil spielt in Jerusalem, der zweite in Bethlehem (Gnilka). Beide Teile werden auf dieselbe Weise eingeleitet: durch die Wanderung der Magier aus dem Osten, die das Königskind suchen. Auch der Stern, der an die Weissagung Bileams erinnert (Num 24,17), verbindet beide Teile. Herodes als König von Roms Gnaden steht dem König der Juden entgegen, dem die Magier huldigen wollen. Die Wanderung der Magier wurde durch den Aufgang eines neuen Sterns eingeleitet, den sie als Zeichen für den Messias deuten. Deshalb ist Jerusalem das Ziel dieser Reise. Herodes selbst reagiert mit Entsetzen auf die Ankündigung der Geburt des Messias und möchte den Geburtsort erfragen. Die Antwort kommt von den Hohenpriestern und Schriftgelehrten. Sie zitieren Mich 5, 1 und Sam 5,2 und verweisen dadurch auf Bethlehem. Die Magier verlassen nach dem Gespräch mit Herodes Jerusalem und folgen dem Stern nach Bethlehem. Dort begegnet ihnen Maria und das Kind. Die Magier werfen sich nieder und huldigen dem Kind. Gold, Weihrauch und Myrrhe sind besonders wertvolle Geschenke der antiken Welt. Gnilka: „Wichtiger aber als die Beschreibung der Gaben ist die Tatsache, dass die Heiden Jesus hulidgen. (…) Das Kommen der Heiden bedeutet die Anerkennung der Weltherrschaft des Messias.“

2. Zielsatz

Ich möchte der Gemeinde durch den Text an die Führung Gottes im eigenen Leben erinnern.

3. Predigtgedanken

Motivation
Menschen vertrauen auch heute noch auf die Führung Gottes im Leben und darauf, dass Gott den rechten Weg zeigt. Dabei ist es auch notwendig, Hindernisse zu überwinden.

Problemfrage
Wonach suche ich?

Versuch und Irrtum
Die Gefahr für den suchenden Menschen besteht darin, bei Hindernissen und Gegenwind, die Führung Gottes in Frage zu stellen und den Weg aufzugeben.

Lösung
Die Magier stehen für suchende Menschen. Als solche spiegeln sie die Haltung vieler unserer Zeitgenossen, die nach Gott suchen, ohne ihn zu kennen. Das Evangelium berichtet von einem Weg, den sie zurücklegen. Dieser Weg führt sie über Jerusalem nach Bethlehem. Sie überwinden das Hindernis des Herodes und kehren nicht mehr nach Jerusalem zurück. Sie sind getragen von der Sehnsucht nach dem Besseren (F. Schleiermacher). Das Gute und das Bessere verbinden sie mit Gott selber. Das suchen auch viele Menschen unserer Zeit.
Wie die Magier haben auch viele Menschen, die sich nicht mehr gläubig nennen, eine Ahnung von dem, wie Gott ist. Lüge, Gewalt und Misstrauen, das die Magier  in Herodes begegnen, sind nicht Eigenschaften Gottes, sondern Ausdruck menschlicher Schwäche. Deshalb führen uns diese Eigenschaften auch nicht sicher durch unseren Lebensweg, sondern in den Abgrund.
Die Magier finden ein Kind vor dem sie huldigen. Dieses kleine wehrlose und unschuldige Kind steht für einen Gott, der ohne Gewalt, Hass und Neid, den Menschen eine neue Zukunft und ein gutes Leben schenken will. Das suchen die Magier, das suchen wir alle.

 

Reinhard Demetz

"Gott lässt sich finden, denn er ist da"
Predigtimpuls 2021 zur Aktion "Gott ist nahe"

Nach diesen Worten des Königs (Herodes) machten sie sich (wieder) auf den Weg. Und siehe, der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen. Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt. Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm.
(Mt 2,9-11 = Abschnitt aus dem Evangelium Mt 2,1-11)

Botschaft

Suchende Menschen finden den Weg. Glauben heißt nicht besitzen, sondern suchen und unterwegs bleiben. Gott lässt sich finden, aber er selbst schickt uns auf anderen Wegen wieder los. Er ist bei uns, wenn wir ihn suchen.

Problematisierung

  • Herodes ist umgeben von einer Schar von Schriftgelehrten und Hohepriestern. Sie wissen sehr genau Bescheid, wo der Messias geboren werden soll. Dennoch (oder gerade deshalb?) machen sie selbst sich nicht auf den Weg, um ihn zu suchen. Ist unser Glaube eine Sammlung von Gewissheiten, in denen wir stillstehen?
  • Herodes ermutigt die Sterndeuter, genau zu suchen und zu forschen. Er ist ihnen auf der Suche nach dem Messias eine wahre Hilfe. Er wäre ihnen aber zum Verhängnis geworden, hätten sie sich nicht von ihm losgemacht. Auch im religiösen Bereich gibt es Menschen, die andere in Abhängigkeit führen und missbrauchen. Spiritueller Missbrauch ist leider bis heute ein Phänomen, für das wir achtsam sein sollen. Er ist daran erkennbar, dass Menschen abhängig gemacht werden, anstatt befreit zu werden.

Kontexte

  • Gottsuche kann oft zur Weltflucht werden. Es gibt Scharlatane und Gurus, uns dazu verführen. Vermeintliche Leitsterne führen uns von Gott weg, wenn sie sich an die Stelle Gottes setzen. Immer dann, wenn ein Weltbild fest gefügt in sich ruht, dann wird es für den Glauben gefährlich. Auch in frommsten Kreisen verlieren wir den wahren Gott dann aus den Augen, wenn wir meinen, alles verstanden zu haben, alles erklären zu können, alles zu wissen. Religiöse Führungsgestalten, die mit diesem Anspruch auftreten und vielleicht noch die Welt in „gut“ und „böse“ unterteilen, führen uns von Gott weg.
  • Gott ist nahe, Gott ist da: eigenartiger Weise ist das der eigentliche Kontext der Gottsuche. Wir suchen den, der da ist. Darin steckt die Erkenntnis: Gott gibt es nicht im Taschenformat. Man kann ihn nicht besitzen oder managen. Gott ist da, aber er ist unendlich größer und anders als jedes Bild, das ich mir von ihm machen kann. Gott ist nicht da, indem ich ihn verstehe und durchschaue, sondern er ist da, indem er selbst mich trägt und hält und leitet.
  • Niemand hat Gott je geschaut, aber wenn wir einander lieben, bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollendet (1 Joh 4, 12).  „In der liebenden Begegnung mit dem Bruder leuchtet uns das Bild Christi auf, geschieht Epiphanie: im Lächeln des Kindes, im Blick des geliebten Menschen, im dankbaren Auge des Beschenkten, im sorgendurchfurchten Gesicht des Kranken – in jeder liebenden Bewegung des Herzens, in jedem Dank, jedem Du“. (Rudolf Pesch – zitiert nach Schott Tagesimpuls)
  • Das Bildmotiv der Aktion „Gott ist nahe“: das Kind, die Familie mit dem Stern. Die Sterndeuter, das sind wir! Vielleicht oft gerade unsere Kinder, die Kleinsten. Hören wir auf das, was sie uns zu sagen haben, machen wir uns mit ihnen auf den Weg. In der religiösen Erziehung geht es nicht darum, als Erwachsene fertig gemacht zu sein und Bescheid zu wissen. Es geht darum, selbst einen Weg zu gehen und sich den Weg zeigen zu lassen. Welchen Stern zeigen euch eure Kinder, Neffen und Enkel?

 

Taufe des Herrn

P. Urban Stillhard

1. Hinführung zum Text Mk 3,13-17

Wer zum Jordan kam und sich von Johannes dem Täufer taufen ließ, der hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er ein sündiger Mensch ist und dass er den Willen hat, umzukehren. Aber wie kann der „Sündenlose“ zum Täufer gehen und um sich von ihm die Bußtaufe zur Vergebung der Sünden spenden zu lassen? Johannes der Täufer wehrt sich deshalb gegen die Taufe von Jesus und sagt zu ihm: „Ich hätte es nötig, von Dir getauft zu werden“.
Doch ist die Taufe Jesu durch Johannes den Täufer ein wichtiges Zeichen dafür, dass Christus die Schicksalsgemeinschaft mit uns Menschen voll und ganz teilt. Es ist ein Zeichen der Solidarität mit der Bedürftigkeit von uns Menschen. Gerade als unser Bruder vermag er uns den Weg zu Gott zu öffnen.

2. Zielsatz

In der Taufe will Gott uns nicht vereinnahmen, sondern uns Christus anvertrauen, der als unser Bruder einer von uns wurde. Durch Christus können wir zum Vater finden.

3. Predigtentwurf

Einstieg
Zur Bestätigung einer logischen Folgerichtigkeit sagt man gerne den Satz: das kommt wie das Amen in der Kirche. Und es ist so: an bestimmten liturgischen Stellen folgt ganz automatisch das Amen. Wenn wir die Schlussformel hören „durch Christus unseren Herrn“, dann ist das bestätigende „Amen“ festgelegt und kommt uns ohne Zögern über die Lippen.
Doch es gibt eine Ausnahme: Wenn der Diakon oder der Priester die Taufformel spricht „Ich taufe Dich auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“, so folgt darauf nicht das übliche Amen, sondern man lässt es weg. Man überlässt das Amen dem Himmel. Der himmlische Vater spreche zur Taufe sein Ja und Amen.
Gott wiederhole bei jeder Taufe das, was er am Jordan gesprochen habe: Du bist mein geliebter Sohn / meine geliebte Tochter. An Dir habe ich Wohlgefallen.

Problemeingrenzung
Es gibt nicht wenige Menschen, die diese Adoption aber nicht akzeptieren.  Sie lehnen sich gegen diese Vereinnahmung auf und sagen:

  • Wer gibt der Kirche das Recht, junge willenlose Menschen einfach zu vereinnahmen und durch die Taufe zu ihrem Mitglied zu machen?
  • Was ist das für ein Vertrag, bei dem nur ein Teil unterschreibt und der andere gar nicht gefragt wird?
  • Geht es der Kirche nur darum, einen repräsentablen Prozentsatz an jungen Gläubigen vorweisen zu können?
  • Viele entfernen sich dem Glauben und meinen: Ich will gar nicht eine Tochter oder ein Sohn Gottes sein.

Lösungsansatz
Es gibt viele Dinge in unserem Leben, die ich annehmen muss und bei denen ich nicht gefragt wurde: Wir können uns nicht das Geschlecht aussuchen, die Natur legt das fest. Auch die Eltern und die Familie haben wir nicht selbst gewählt. Das Land, in das wir hineingeboren werden, lag nicht in unserer Entscheidung, sondern es wurde so gefügt. Wir sind also im Entscheidenden, in unserer Existenz selbst, nicht unser eigener Herr.
Gott hat uns aber zu fragenden und denkenden Menschen gemacht und deshalb denken wir über Sinn und Ziel unseres Lebens nach. Durch das Geschenk der Taufe macht er deutlich, dass er uns nicht der Sinnlosigkeit überlässt, sondern Ziel unseres Lebens sein will und dass er den Lebensweg mit uns mitgeht. Auf die innere Not der Frage nach Sinn und Ziel des Lebens gibt er uns Jesus als unser Bruder an die Seite, damit wir den Weg zu ihm finden.

Arnold Stiglmair

1. Kurze Auslegung von Mk 1,7-11

Der Abschnitt ist dem Prolog des Evangeliums (1,1-15) entnommen. Darin wird Johannes – nach dem Zeugnis von 1,2f – die beiden Verse sind eine Kombination von Mal 3,1; Ex 23,20 und Jes 40,3 – als der „wiederkommende Elija“ vorgestellt, dessen Wirken von Markus ganz auf den Messias Jesus verweist; er kündigt den „Stärkeren“ an, der Israel „im Heiligen Geist“ tauft. Damit wird wohl auf die Wiederherstellung des Gottesvolkes in Ez 36 verwiesen: 24 Ich hole euch heraus aus den Völkern, ich sammle euch aus allen Ländern und bringe euch in euer Land. 25 Ich gieße reines Wasser über euch aus, dann werdet ihr rein. Ich reinige euch von aller Unreinheit und von allen euren Götzen. 26 Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch. Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch. 27 Ich lege meinen Geist in euch und bewirke, dass ihr meinen Gesetzen folgt und auf meine Gebote achtet und sie erfüllt. Johannes ist der, der Israel mit Wasser reinigt, der „Stärkere“ legt den „Geist Gottes“ auf das Volk. Diesen Stärkeren stellt der Evangelist vor in Jesus aus Nazaret, der sich wie alle anderen aus Judäa und Jerusalem von Johannes taufen lässt. Dann deutet der Evangelist aber diesen äußeren Vorgang, der sicher historisch ist, nun völlig neu durch eine Vision Jesu, von der nur Jesus und die Leser des Evangeliums wissen: Aus der Welt Gottes kommt der Geist auf Jesus und die Stimme „identifiziert den Galiläer Jesus mit dem >Du<, das im himmlischen Thronrat von Gott angesprochen wurde (1,2). Dazu wird im Zitat aus Ps 2,7 (‚mein Sohn bist du’) das >Du< betont vorangestellt und die Adoptionsformel ‚heute habe ich dich gezeugt’ durch Zitationssplitter aus dem Lied vom Gottesknecht, auf den Gott seinen Geist legt (Jes 42,1) und der Erzählung von Abraham, der seinen Sohn den schweren Weg zum Berg im Land Morija führt (‚geliebter Sohn’ Gen 22,2.12.16) ersetzt“ (M. Ebner). Der Evangelist Markus macht am Beginn seines „Evangeliums“ durch diese so gedeutete Taufszene deutlich, wessen „Geschichte“ er im Folgenden erzählt: die „Geschichte“ des Jesus aus Nazaret, den die Gemeinde in ihrem Glauben bekennt als  d e n  „Geistträger“, d.h. als den, in dem der Gott Israels auf nicht mehr überbietbare Weise seine weltverändernde Herrschaft aufrichtet, die den Völkern eine Lebensordnung vermittelt, in der „das geknickte Rohr nicht zerbrochen und der glimmende Docht nicht gelöscht wird“ (vgl. Jes 42,3) und in dem Gott als der Jahwe-Jire (JHWH sieht) (vgl. Gen 22,14) offenbar wird.
Zur Situierung des gesamten Markusevangeliums ist zu vermerken, dass es verfasst wurde, als im römischen Reich Kaiser Vespasian als der neue Herrscher um seine Anerkennung gerungen hat und eine mächtige Propaganda, die auch alle religiösen Register von Wundererzählungen über erfüllte prophetische Ankündigungen zog, diese Herrschaft zu festigen suchte.

2. Zielsatz

Ich möchte meiner Gemeinde bewusst machen: Jesus von Nazaret ist für uns  d e r  „Ort“, in dem Gott uns begegnet als der, der eine Gemeinschaftsordnung für die Welt aufrichtet, in der „das geknickte Rohr nicht zerbrochen und der glimmende Docht nicht gelöscht wird“.

3. Predigtgedanken

Motivation
Gerade die Weihnachtszeit konfrontiert uns ausgiebig in immer neuen Varianten mit der Gestalt Jesu. Dabei werden sicher so manchen Glaubenden wieder die Schwierigkeiten bewusst, diese Gestalt in das eigene Gottesbild einzuordnen. So hört man auch immer wieder von Menschen, die Sonntag für Sonntag bekennen „Ich glaube an den einen Gott …“, dass sie sagen:

Problemfrage
„Macht es denn Sinn, die Gestalt Jesu so wichtig zu nehmen?  Mir genügt eigentlich der Gott, wie er in Ps 23 begegnet: 1Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen. 2 Er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. 3 Er stillt mein Verlangen; er leitet mich auf rechten Pfaden, treu seinem Namen…“

Lösung
1) Dem Evangelisten und Katecheten der Urkirche Markus war es ungeheuer wichtig, die Jesusgeschichte zu erzählen. Es ist für ihn, für seine Mitchristinnen und Mitchristen nicht nur irgendeine Geschichte von irgendeinem wichtigen gottbegnadeten Menschen. Er nennt diese Geschichte Euangelion. So nannte man in Rom die wichtigen Nachrichten und Botschaften, die vom Herrscherhaus in alle Welt hinausgingen, wenn ein wichtiger militärischer Sieg zu vermelden war oder wenn die Machtergreifung durch einen neuen Herrscher angekündigt wurde. In diesem Sinn greift auch schon Jes 52,7 das Zeitwort „frohbotschaften (euangelizein)“ auf, um Zion zu vermelden: Dein Gott hat die Herrschaft angetreten.
Wenn Markus seinen Mitglaubenden die Jesusgeschichte als euangelion (Frohbotschaft) erzählt, dann will er von einem solchen Herrschaftswechsel in der Welt reden, der ausgerechnet mit dem Auftreten Jesu aus Nazaret geschehen ist. Sein Auftreten von allem Anfang an und auch sein ganzes Leben will nach der glaubenden Überzeugung der Christen nur dieses eine ausdrücken: Gott richtet eine – unserer Welt eigentlich widersprechende –  Herrschaftsordnung auf, wo das zählt, was unter den Herrschern dieser Welt nicht zählt: dass auch „das geknickte Rohr und der glimmende Docht“ eine Chance haben. In der Bildsprache der Erzählung von der Taufe Jesu, dass Gott selber diesen Jesus anlässlich der Taufe durch Johannes als seinen Herrschaftsrepräsentanten vorstellt, soll dies verkündet werden. 
2) So können auch wir die Gestalt Jesu eigentlich im Hinblick auf unsere Gottesbeziehung und unser Gottesbild nicht wichtig genug nehmen. An Jesus geht uns auf, wie Gott als der Hirte uns nachgeht, unser Leben hält, gerade dort uns begleitet, wo es am dringlichsten ist, wo der Weg am schwierigsten und die Luft am dünnsten ist. An Jesus, der seinen „Königsweg“ konsequent bis nach Golgota gegangen ist, geht den glaubenden Christen auf, welche Wege Gott mit uns geht, nicht nur diejenigen die von Erfolg gekennzeichnet, sondern auch die, die mit vielen Fragezeichen und Ängsten gepflastert sind.
So wird verständlich, warum dieses Leben und diese Gestalt Jesu ihre Faszination bis heute nicht verloren haben auch für Menschen anderer Religionen. Mit den vielen, die sich für ihn begeistern, können auch wir uns mitreißen lassen.

 

Reinhard Demetz

"Auf ins Leben, denn Gott ist da"
Predigtimpuls 2021 zur Aktion "Gott ist nahe"

Und es geschah in jenen Tagen, da kam Jesus aus Nazaret in Galiläa und ließ sich von Johannes im Jordan taufen. Und sogleich, als er aus dem Wasser stieg, sah er, dass der Himmel aufriss und der Geist wie eine Taube auf ihn herabkam. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.
(Mk 1,9-11 = Abschnitt aus dem Evangelium Mk 1,7-11)

Botschaft

Gott ist bei dir. Du bist sein geliebtes Kind. Darum kannst und sollst du seine Liebe hinaustragen in die Welt. Gottes Geist befreit zum Leben.

Predigtelemente

Markus setzt die Erzählung von der Taufe Jesu ganz an den Anfang seines Evangeliums. Es gibt in seinem Evangelium keine Weihnachtsgeschichte, keine Erzählungen aus der Kindheit Jesu. Während Matthäus (Lesejahr A) und Lukas (Lesejahr B) am Anfang ihrer Evangelien der irdischen Abstammung Jesu und seiner menschlichen Geburt Aufmerksamkeit widmen, interessiert sich Markus vor allem für Jesu “Geburt von oben” (Joh 3,3). Als entscheidenden Moment macht Markus hier die Taufe Jesu im Jordan aus. Auch für uns gibt es gleichsam zwei Momente der Geburt: die Geburt ins irdische, physische Leben und die Geburt in das Leben als Kinder Gottes. Auch für uns ist die Taufe der entscheidende Moment, mit dem wir hineingenommen sind in die Wirklichkeit des Lebens, des Todes und der Auferstehung Jesu Christi. “Du bist mein geliebter Sohn”: lassen wir diese Worte nochmals in uns nachklingen. In diesem “Du” ist nicht nur Jesus allein gemeint. Auch wir sind durch die Taufe mit hineingenommen in dieses Geschehen. “Du”, ja genau Du bist mein geliebter Sohn.

Fast möchte man gleich dazufügen “meine geliebte Tochter” - so würde es unserem heutigen Empfinden entsprechen. Doch lohnt es sich - bevor dieser richtige Schritt gemacht wird - noch kurz beim “Sohn” stehen zu bleiben. Lukas zitiert hier Psalm 2,7. Dieser Psalm ist einer der Thronbesteigungspsalmen, d.h. eines der Gebete und Lieder, die bei der Krönung eines Königs verwendet wurden. Mit “Sohn” ist hier nicht einfach ein Kind gemeint, sondern der Kronprinz, der Thronfolger, der gerufen ist, das Amt und das Vermächtnis der Königs zu übernehmen. “Mein Sohn bist du” heißt also soviel wie: ich sende dich, du bist mein Statthalter, du bist mein Beauftragter.  In der Taufe sind wir alle in diesem Sinne “Söhne” Gottes geworden: Gott schenkt uns seine Liebe und macht uns dabei zu Gesandten, zu seinen Stellvertretern als Boten der Liebe. Und selbstverständlich gilt das auch für die “Töchter”.
Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter: das Geheimnis der Taufe ist in dieser einen Zusage schon ganz enthalten. Gott nimmt mich an in Liebe und er macht mich zum Boten seiner Liebe. Er beschenkt und beauftragt mich mit seiner Liebe.

An den Eingängen zu unserer Kirche finden wir ein Weihwasserbecken. Wie oft haben wir uns hier fast reflexartig mit dem Weihwasser bekreuzigt, ohne wirklich darüber nachzudenken, was wir hier eigentlich tun? Das Weihwasserbecken erinnert uns daran, dass am Anfang unseres Christseins nicht eine Leistung steht, sondern eine liebevolle Zusage: du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter. Mit dem Ritus beim Betreten und Verlassen der Kirche erinnern wir uns an die Zusage, dass Gott uns in der Taufe annimmt, sodass wir jederzeit voll Vertrauen zu ihm kommen können. Unser Leben ist in seiner Hand geborgen, auch wenn es manchmal schwer ist und auch wir selbst nicht vollkommen sind.  Gott nimmt uns an, so wie wir sind. Er vertraut uns seine Frohbotschaft an, die wir als Boten und Botinnen, als Werkzeug seiner Liebe in die Welt tragen sollen. Das heutige Fest der Taufe des Herrn ist eine gute Gelegenheit, das Kreuzzeichen beim Betreten und Verlassen der Kirche ins Licht zu rücken. Wir bekreuzigen uns ganz bewusst und können das mit einem kurzen Gebet verbinden, das leicht auswendig zu lernen ist:

Kreuzzeichen beim Betreten der Kirche:
Im Wasser der Taufe
hast du mich in Liebe angenommen.
Zu dir komme ich im Gebet.

Kreuzzeichen beim Verlassen der Kirche:
Aus dem Wasser der Taufe
hast du mich in die Welt gesandt.
Mach mich zum Werkzeug deiner Liebe.

Evtl. hier Hinweise auf Materialien (Link) einbringen, die im Pfarrblatt oder am Schriftenstand zu finden sind.

Auch das Segnen mit Weihwasser zu Hause erinnert uns an unsere Taufe. Für die Eltern kann dies eine schöne Art sein, mit ihren Kindern gemeinsam auf dem Weg mit Gott zu bleiben. Ein kleiner Ausflug in die Kirche kann genauso wie das Segnen beim Verlassen des Hauses ein inniger Moment sein, um ins Gespräch zu kommen. Nicht nur die Kinder, sondern auch Eltern werden dabei neu erleben, wie wohltuend es ist, sich von Gott angenommen zu wissen und so einander anzunehmen.
Gott wohnt mitten in unserem Alltag, in unseren vier Wänden! Er ist immer und überall da in unserem Leben. Dass wir von ihm angenommen und ebenso von ihm gesandt sind, daran erinnern uns die Weihwasserbrunnen, die wir in vielen Häusern haben.
So möchten wir mit dem Fest der Taufe des Herrn dazu einladen, auch zu Hause den schönen Ritus des Segnens zu leben. Wenn Sie ihr Kind mit Weihwasser segnen, ist das eine Erinnerung an die Taufe und es können sich liebevolle Rituale entwickeln. Der Segen ist Ausdruck der Gewissheit,  dass Gott sich dir/uns zuwendet und dich/uns als Botinnen und Boten seiner Liebe sendet.
Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter!

Arnold Stiglmair

1. Zur Auslegung von Lk 3,15-16.21-22

Lk gestaltet die ihm in Mk 1,7-11 vorliegende Täufererzählung vollständig um. Einmal stellt er sie in den Zusammenhang einer ausführlich gestalteten Vorgeschichte Jesu hinein, die bewusst die Gestalten Jesus und Johannes in Parallele setzt durch die Doppelerzählungen von Ankündigung und Geburt des Jesus und Johannes. Durch diese Vorgeschichte wird Jesus als der von Anfang an Geistgewirkte (vgl. 1,35) (H. Merklein) präsentiert. Während Mk die Erzählung von der Taufe Jesu als Darstellung der „Inthronisation und Geistbegabung des Gottesohnes“ (H. Merklein) verwendet, hat die Taufszene bei Lk eine andere Funktion.
Lk schreibt die Täuferperikope derart um, dass in V. 15 die durch das Auftreten und die Predigt des Johannes im Volk hervorgerufene Erwartung angesprochen wird:  …und alle überlegten im Stillen, ob Johannes nicht vielleicht selbst der Messias sei.Doch diese Erwartung wird korrigiert im Sinne von Lk 1,76, wobei die Messiasidentität für Johannes verneint wird, indem die Taufe des Johannes als Taufe mit Wasser der zukünftigen Taufe durch Jesus mit Heiligem Geist und Feuer (Anspielung auf die Verheißung in Ez 36,24-28 und Apg 2,3-4) gegenübergestellt wird. Die Taufe der Umkehr verweist auf das kommende, d.h. die in Jesus, dem Christus, offenbar werdende Vergebung der Sünden (vgl. H. Merklein), somit wird der Täufer nochmals als Prophet und Wegbereiter für den „Aufgang aus der Höhe“ (Lk 1,78) charakterisiert. Die Erzählung der Predigttätigkeit des Johannes schließt Lk mit der Notiz, dass Johannes Herodes Antipas wegen dessen Verbindung mit Herodias, der Frau seines Bruders tadelt, was die Einkerkerung des Johannes zur Folge hat (vgl. Lk 1,19f). Damit verschwindet Johannes nach Lk von der Bühne.
Anschließend wird dann verwiesen auf die Taufe des Volkes als Auswirkung der Predigt des Johannes und in diesen Zusammenhang wird die Taufe Jesu hineingestellt. Jesus wird als der Betende vorgestellt. Dann erfolgt eine „Theophanie mit den apokalyptischen Topoi der Vision (VV, 21d-22a) und der Audition (22b-c)“ (M. Diefenbach), die Jesus als den mit der Gottessohnwürde Versehenen demonstriert. Daher wird betont, dass der Geist „leibhaftig sichtbar“ (σωματικῷ εἴδει) auf ihn herabkam vergleichbar einer Taube (nicht: „in Gestalt einer Taube“!!). [Die Einheitsübersetzung  Der Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab ist irreführend!!] Vom Beginn seines öffentlichen Auftretens an soll deutlich werden, als wer er auftritt: als der geistgewirkte Gottessohn. Lk will erzählend – als Einleitung zu seinem Wirken und Auftreten in Galiläa - die metahistorischen Voraussetzungen und Gründe für das Auftreten Jesu deutlich machen.

2. Zielsatz

Ich will meinen Hörerinnen und Hörern bewusst machen: Inmitten der Gemeinde, die die Sendung Jesu fortsetzt, wird Gottes rettendes, heilendes Wirken reell und leibhaft erfahrbar.

3. Predigtgedanken

Motivation
Ein Jude beklagte sich beim Rabbi seines Vertrauens: In der Bibel steht immer wieder: Gott sprach zu dem und jenem, oder: Gott tat dies und das; heute aber hört man ihn nicht mehr und spürt auch von seinem Handeln nichts. Der Rabbi schwieg eine Weile. Dann sagte er: Das ist nur deshalb so, weil man sich nicht mehr genug bücken kann.
Mit der Klage des Juden ist auch die Not vieler Christen angesprochen, die sich selber immer neu vor die Frage gestellt sehen:

Problemfrage 
Kommt Gott in unserer Erfahrung wirklich vor?

Lösung
1) Dem Problem hatten sich die frühen christlichen Gemeinden genauso zu stellen wie glaubende Menschen heute. Dies wird spürbar in der Art und Weise wie gerade der Verfasser des Lukasevangeliums von Jesus redet. Wenn er sich anschickt, vom Wirken Jesu in Galiläa zu reden, möchte er einleitend in der Art und Weise wie er die Taufe Jesu erzählt klarstellen, in ihm, in seinem Wirken, in seinem Reden, wird Gott hörbar und erfahrbar. Deshalb betont er so massiv: Der Geist kommt leibhaftig sichtbar auf Jesus herab! In seinem Tun und Wirken als der Sohn Josefs aus Nazaret ist er der, der Gottes rettendes, heilendes, Leben aufrichtendes Wirken voll und ganz vergegenwärtigt.
Diese wirkliche Erfahrbarkeit der „göttlichen Wirklichkeit“ in Jesus betont Lk noch einmal in Lk 24,36-53, wo er die Wirklichkeit des Auferstandenen unterstreicht durch den Vorgang des Essens.
Nicht umsonst schließt das Fest der Taufe Jesu den Weihnachtsfestkreis ab, der inhaltlich gerade dasreelle Auf-uns-Zukommen Gottes verkündet – im Menschen Jesus aus Nazaret.
2) Lukas macht in seinem großen katechetischen Doppelwerk deutlich: Gottes Wirken in Jesus ist nicht Vergangenheit, sondern bleibt gegenwärtig und zwar in der Gemeinde, die die Sendung Jesu fortsetzt. Es gilt sich zu bücken – wie der Rabbi dem fragenden Juden sagt – und auf all das zu schauen, was in der Gemeinde Jesu geschieht, dann wird das reelle Auf-uns-Zukommen Gottes wirklich greifbar und sichtbar.
Wenn in der Gemeinde Menschen sich denen zuwenden, die es nötig haben, wenn heilende Hände tätig werden, wenn Vergebung geschenkt wird, wenn neue Anfänge ermöglicht werden, wenn zum Leben ermutigender Trost gespendet wird, wenn das Brot viel wird, weil geteilt wird usw., überall da wird Gott und sein Wirken konkret erfahren.

Lösungsverstärkung
So offenbart der letzte Artikel des Glaubensbekenntnisses seinen Sinn: Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige katholische Kirche: Die beiden Wirklichkeiten sind nicht zu trennen; Kirche ist dort lebendig, wo Gottes Kraft inmitten der Glaubenden wirkt, und der Geist Gottes ist dort erfahrbar, wo die Gemeinschaft der Glaubenden das Werk Jesu – als Manifestation des Werkes Gottes – in der Welt fortsetzt.

 

Reinhard Demetz

"Auf ins Leben, denn Gott ist da"
Predigtimpuls 2021 zur Aktion "Gott ist nahe"

Es geschah aber, dass sich zusammen mit dem ganzen Volk auch Jesus taufen ließ. Und während er betete, öffnete sich der Himmel und der Heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden. 
(Lk 3,21-22 = Abschnitt aus dem Evangelium Lk 3,15-16.21-22 )

Botschaft

Gott ist bei dir. Du bist sein geliebtes Kind. Darum kannst und sollst du seine Liebe hinaustragen in die Welt. Gottes Geist befreit zum Leben.

Predigtelemente

Lukas erzählt die Taufe am Jordan als Wendepunkt im Leben Jesu: es ist die Schlüsselerfahrung seiner Sendung. “Du bist mein geliebter Sohn”: in diesem “Du” ist nicht nur Jesus allein gemeint. Auch wir sind durch die Taufe mit hineingenommen in dieses Geschehen. “Du”, ja genau Du bist mein geliebter Sohn. Auch für uns ist die Taufe der entscheidende Moment, mit dem wir hineingenommen sind in die Sendung Jesu Christi, als geliebte „Söhne“.

Fast möchte man gleich dazufügen “meine geliebte Tochter” - so würde es unserem heutigen Empfinden entsprechen. Doch lohnt es sich - bevor dieser richtige Schritt gemacht wird - noch kurz beim “Sohn” stehen zu bleiben. Lukas zitiert hier Psalm 2,7. Dieser Psalm ist einer der Thronbesteigungspsalmen, d.h. eines der Gebete und Lieder, die bei der Krönung eines Königs verwendet wurden. Mit “Sohn” ist hier nicht einfach ein Kind gemeint, sondern der Kronprinz, der Thronfolger, der gerufen ist, das Amt und das Vermächtnis der Königs zu übernehmen. “Mein Sohn bist du” heißt also soviel wie: ich sende dich, du bist mein Statthalter, du bist mein Beauftragter.  In der Taufe sind wir alle in diesem Sinne “Söhne” Gottes geworden: Gott schenkt uns seine Liebe und macht uns dabei zu Gesandten, zu seinen Stellvertretern als Boten der Liebe. Und selbstverständlich gilt das auch für die “Töchter”.
Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter: das Geheimnis der Taufe ist in dieser einen Zusage schon ganz enthalten. Gott nimmt mich an in Liebe und er macht mich zum Boten seiner Liebe. Er beschenkt und beauftragt mich mit seiner Liebe.
Die Weihwasserbecken am Eingang unserer Kirche haben hier einen wichtigen Zweck. Sie erinnern uns daran, dass am Anfang unseres Christseins nicht eine Leistung steht, sondern eine liebevolle Zusage: du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter.
An den Eingängen zu unserer Kirche finden wir ein Weihwasserbecken. Wie oft haben wir uns hier fast reflexartig mit dem Weihwasser bekreuzigt, ohne wirklich darüber nachzudenken, was wir hier eigentlich tun? Das Weihwasserbecken erinnert uns daran, dass am Anfang unseres Christseins nicht eine Leistung steht, sondern eine liebevolle Zusage: du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter. Mit dem Ritus beim Betreten und Verlassen der Kirche erinnern wir uns an die Zusage, dass Gott uns in der Taufe annimmt, sodass wir jederzeit voll Vertrauen zu ihm kommen können. Unser Leben ist in seiner Hand geborgen, auch wenn es manchmal schwer ist und auch wir selbst nicht vollkommen sind.  Gott nimmt uns an, so wie wir sind. Er vertraut uns seine Frohbotschaft an, die wir als Boten und Botinnen, als Werkzeug seiner Liebe in die Welt tragen sollen. Das heutige Fest der Taufe des Herrn ist eine gute Gelegenheit, das Kreuzzeichen beim Betreten und Verlassen der Kirche ins Licht zu rücken. Wir bekreuzigen uns ganz bewusst und können das mit einem kurzen Gebet verbinden, das leicht auswendig zu lernen ist:

Kreuzzeichen beim Betreten der Kirche:
Im Wasser der Taufe
hast du mich in Liebe angenommen.
Zu dir komme ich im Gebet.

Kreuzzeichen beim Verlassen der Kirche:
Aus dem Wasser der Taufe
hast du mich in die Welt gesandt.
Mach mich zum Werkzeug deiner Liebe.

Evtl. hier Hinweise auf Materialien (Link) einbringen, die im Pfarrblatt oder am Schriftenstand zu finden sind.

Auch das Segnen mit Weihwasser zu Hause erinnert uns an unsere Taufe. Für die Eltern kann dies eine schöne Art sein, mit ihren Kindern gemeinsam auf dem Weg mit Gott zu bleiben. Ein kleiner Ausflug in die Kirche kann genauso wie das Segnen beim Verlassen des Hauses ein inniger Moment sein, um ins Gespräch zu kommen. Nicht nur die Kinder, sondern auch Eltern werden dabei neu erleben, wie wohltuend es ist, sich von Gott angenommen zu wissen und so einander anzunehmen.
Gott wohnt mitten in unserem Alltag, in unseren vier Wänden! Er ist immer und überall da in unserem Leben. Dass wir von ihm angenommen und ebenso von ihm gesandt sind, daran erinnern uns die Weihwasserbrunnen, die wir in vielen Häusern haben.
So möchten wir mit dem Fest der Taufe des Herrn dazu einladen, auch zu Hause den schönen Ritus des Segnens zu leben. Wenn Sie ihr Kind mit Weihwasser segnen, ist das eine Erinnerung an die Taufe und es können sich liebevolle Rituale entwickeln. Der Segen ist Ausdruck der Gewissheit,  dass Gott sich dir/uns zuwendet und dich/uns als Botinnen und Boten seiner Liebe sendet.
Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter!