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Vorträge & Ansprachen

Medienempfang 2018

Franz von Sales, der Heilige, der uns heute zusammengeführt hat, fühlte sich in seinem Tun und Schreiben vor allem der Wahrheit verpflichtet. Er war ein Mann des offenen Wortes. Was ihn besonders auszeichnet ist sein Respekt gegenüber Andersdenkenden – im polemischen Kontext der konfessionellen Auseinandersetzungen seiner Zeit alles andere als selbstverständlich.

Franz von Sales ist deswegen Patron der Journalisten geworden, weil er eine Reihe von Eigenschaften besaß, die für Medienleute von Bedeutung sind: Die Fähigkeit, aktuell zu sein und komplizierte Sachverhalte in verständlicher Sprache wiederzugeben, ohne zu simplifizieren. Die Themen Frieden, Versöhnung und Verständigung unter den Menschen nahmen in seinem Schaffen einen breiten Raum ein. Er war ein wacher Beobachter seiner Zeit. Er trat entschieden gegen das Verbreiten von Halbwahrheiten, Gerüchten, Lügen und fragwürdigen Sensationsmeldungen auf. Den Rufmord bezeichnete er als eine „Pest der Gesellschaft“.

Der Papst stellt jedes Jahr ein bestimmtes Medienthema in den Fokus des Welttages der sozialen Kommunikationsmittel, den wir in unserer Diözese an diesem Sonntag feiern. Heuer lautet der Titel der Botschaft von Papst Franziskus: „Die Wahrheit wird euch befreien (Joh 8,32). Fake News und Journalismus für den Frieden“.


Fake News
Persönlich halte ich „Fake News“, um es mit den Worten des Tagesheiligen zu sagen, für eine „Pest der Gesellschaft“. Gezielte Falschnachrichten erzeugen und nähren eine Polarisierung der öffentlichen Meinung. Die vorsätzliche Verdrehung von Tatsachen kann das Verhalten von einzelnen und Gruppen beeinflussen. Gerade deshalb ist Ihre journalistische Qualitätsarbeit gefragt, um der Wahrheit Platz zu verschaffen und dadurch dem Frieden zu dienen. Was passiert mit einer Gesellschaft, die Fakten nicht mehr akzeptiert? Was, wenn die Wahrheit zwischen "alternativen" und echten Tatsachen verloren geht?

In Zeiten von „Fake-News“ ist es wichtig, Hoffnung und Zuversicht zu verbreiten. Es ist wichtig, stärker für das Gute zu kämpfen und zu werben. Es geht nicht darum, Nachrichten von Leid, Gewalt, Ungerechtigkeit, Aggressivität, Terror und Krieg auszublenden. Aber es ist ein Unterschied, ob schlechte Nachrichten sachlich übermittelt oder möglichst sensationsgierig breitgetreten werden, ob gesicherte Fakten berichtet oder diffuse Ängste genährt werden.
Die Menschen brauchen „Orientierung im digitalen Dschungel“! „Fake News“ bieten das Gegenteil – sie gefährden und zerstören das Vertrauen unter den Menschen. Ausdrücklich setze ich den „Fake News“ das biblische Gebot entgegen: „Du sollst nicht lügen!“

Die Welt kann nicht mit 140 Twitter-Zeichen erklärt und gedeutet werden! Schnelle, oberflächliche, sensationsgierige Botschaften helfen uns nicht leben und fördern nicht das Zusammenleben der Menschen. Dazu brauchen wir neben vielen anderen verantwortlichen Stimmen auch Journalisten, die ihr Handwerk mit Professionalität und Herzblut ausüben.

Ich weiß, Sie stehen vor einer immer schwierigeren Herausforderung: Durch die schnelle Informationsweitergabe, vor allem in den Social Media, sehen sich viele von Ihnen zu einer geradezu dramatischen Beschleunigung genötigt. Der Wettbewerb unter den Medien verleitet dazu, dass der Wert einer Nachricht darin gesehen wird, möglichst rasch veröffentlicht zu werden. Es geht aber nicht nur darum, zeitgerecht zu sein, sondern journalistische Arbeit muss in erster Linie sachgerecht sein. Das ist der Qualitätsanspruch des Journalismus. Sie gewinnen nicht durch Geschwindigkeit, sondern durch Qualität! Ich denke, hier wäre eine bewusste Entschleunigung notwendig – um der Qualität willen, um der echten Tatsachen willen, um des Menschen willen!


Journalismus für den Frieden
Angesichts von Fake News und Hassbotschaften, die sich im Internet ungehemmt verbreiten, wird es mehr als bisher die Aufgabe traditioneller Redaktionen sein, den Wahrheitsgehalt von Nachrichten zu prüfen, um damit der digitalen Verrohung im Netz entgegenzuwirken und sich für den Frieden stark zu machen.

Die Würde des Menschen hat auch mit der Würde des Wortes zu tun. Was teilweise in Online-Medien an Kommentaren zu finden ist, ist besorgniserregend.
Im Kampf gegen diese digitale Verrohung sind aber nicht nur Sie als Journalisten gefragt, sondern auch jeder Einzelne, der im Netz unterwegs ist und den Ton dort mitbestimmen kann. Persönlich bin ich auch davon überzeugt, dass hier der Gesetzgeber gefragt ist – nicht um Meinungsfreiheit zu unterbinden, sondern um Meinungsfreiheit zu fördern und zu schützen. Nur jene Meinung dient der Wahrheitsfindung und dem Frieden, die mit Gesicht, Namen und Unterschrift das Eigene sagt und auch dazu steht.


Wahljahr
Ein mediales Schwerpunktthema in diesem Jahr 2018 werden die Wahlen zum römischen Parlament und zum Südtiroler Landtag sein. In welchem Klima diese wichtigen gesellschaftspolitischen Entscheidungen stehen, dafür sind auch die Medien verantwortlich. Das Ringen um Lösungen von Problemen gehört zum Wesen einer funktionierenden Demokratie.

Wenn Wahlen ins Haus stehen, dann kommt in Italien die „par conditio“ ins Spiel. Es ist gut und richtig, dass Regeln aufgestellt werden, damit in der Berichterstattung ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen den wahlwerbenden Gruppen besteht. Gleichzeitig möchte ich aber darauf hinweisen, dass es Bereiche im gesellschaftlichen Zusammenleben gibt, wo es keine „par conditio“ braucht, wo Medien geradezu verpflichtet sind, Partei zu ergreifen. Ich denke da an Themen wie die gerechte Verteilung der Ressourcen, an soziale Ungerechtigkeiten, an Umweltproblematiken. Wenn die Würde des Menschen, wenn das Zusammenleben der Menschen, wenn die Schöpfung in Gefahr ist, dann haben gerade die Medien die große Aufgabe, „Partei zu ergreifen“ – für die Benachteiligten, für jene, die keine Lobby hinter sich haben, für jene, die keine Stimme haben, für jene, die scheinbar nichts zählen und nichts bringen.

Medien sollten gerade auch in Wahlzeiten mithelfen, echte gesellschaftliche Probleme von Scheinproblemen zu unterscheiden: Weniger Emotionalität und mehr Sachlichkeit, weniger Deformation und mehr Information, weniger Populismus und Angstmacherei und mehr gemeinsame Lösungssuche.

Ausdrücklich danken möchte ich heute dafür, dass – meiner Einschätzung nach - die Medien in Südtirol ausgewogen, sachlich und auch perspektivenorientiert über jene Herausforderung berichten, die die Welt, Europa und damit auch uns noch sehr lange beschäftigen und herausfordern wird: Flüchtlinge und die Ursachen, die oft hinter Flucht und Auswanderung stehen.



Ich wünsche Ihnen einen sorgfältigen und gewissenhaften Umgang mit der Sprache und genauso mit Bildern, die Wirklichkeit schaffen. Ich danke Ihnen für Ihren unverzichtbaren Dienst in unserer Gesellschaft und bitte Sie um Ihre Verantwortung. Sie haben heute sehr viele Möglichkeiten, aufzubauen oder nieder zu reißen, aufzuklären oder an den Pranger zu stellen, Meinungen zu bilden oder zu verbilden, das Gute zu fördern oder dem Bösen in die Hand zu spielen. Ich wünsche Ihnen und uns allen hohe Professionalität und eine große Ehrfurcht vor jedem Menschen.